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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0231
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Kirchenordnung 1566

genzlich ubereinstimmet sampt den symbolis, be-
kennen wir uns auch in allen punkten zu dersel-
bigen.
(4) Und auf daß wir der schrift wort und mei-
nung ganz einfeltiglich und eigentlich begreifen und
bei der warheit, so darinnen gezeigt wird, besten-
diglich bleiben und beharren, so uben wir nach
allem vermögen fleißig und gebrauchen treulich
nicht allein die sprachen, in welchen der heilige
Geist die heilige bücher crstlich zu schreiben ge-
heißen hat, sondern auch die stetige durchlesung,
betrachtung und ernstliche erforschung der hei-
ligen schrift und alle andere behelf und beforde-
rung, so zum waren verstand der geistlichen ding
nötig und von Gott verordnet und der waren christ-
lichen kirchen gegeben und befohlen seind. Es ist
nicht vergebens und on ursach geredt, daß der hei-
lige Augustinus sagt im buch von der waren reli-
gion cap. 49 29: Die rede der göttlichen schriften
muß man nach einer iden sprach eigenschaft ver-
stehen, dann ein igliche sprach hat ihre eigene art
zu reden, welchs ungereimpt lautet, wans in ein
andere verdolmetschet wird. Und ep. 8. ad Hiero-
nymum30: Wie man die bücher des alten testaments
in hebreischer sprach besehen muß, daß man ihnen
kunt glauben geben, also soll man, was im neuen
testament warhaftigs gelert werde, aus der grie-
chischen sprach erkündigen. Und dergleichen mehr
auf diese meinung schreibt Augustinus epist. 59. ad
Paulinam31, in explicatione quaestionis 9.32; epist.
89. ad Hilarium33, de doctrina christiana lib. 1.
cap. 5.34; lib. 2. cap. 15.35; contra Faustum Mani-
chaeum lib. 11.36; Retractationum lib. 1. cap. 7 37.
und an vielen andern ortern, und hat Hieronymus

29 Augustinus, De vera religione 49; MPL 34, 166. Zur
Tradition: Gratian, Dist. 38 can. 14; Friedberg
144; Hyperius, Methodus 69 f.
30 Das Zitat stammt nicht von Augustinus, der viel-
mehr gegen Hieronymus die Meinung vertritt, es
genüge, das AT in der Fassung der LXX zu gebrau-
chen (vgl. den Wortlaut der folgg. Augustin-Zitate).
Dagegen findet sich das Zitat bei Hieronymus: ep.
71, 4; MPL 22, 671f.; CSEL 55, 6. Fehlerquelle ist
das Decretum: Gratian, Dist. 9 can. 6; Friedberg
17 und Nota Correctorum.
31 Augustinus, ep. 149, 1, 3; MPL 33, 631; CSEL 44,
350.

fur ihm dergleichen geschrieben auch an vielen
ortern.
Was bedörfen wir aber der vätter zeugnis, sinte-
mal davon der apostel ganz klar und eigentlich
redet 1. Cor. 14 [5]: Ich wolt (spricht er), daß ihr
alle mit zungen reden könnet, aber viel mehr, daß
ihr weissaget. Und bald hernach [1. K 14, 11]: So
ich nicht weiß der stimme deutunge, werde ich un-
deutsch sein dem, der da redet, und der da redet,
wird mir undeutsch sein. Item [1. K 14, 39]: Dar-
umb, liebe brüder, fleißiget euch des weissagens
und weret nit, mit zungen zu reden. Derhalben ist
denen, so sich im weissagen oder auslegung der
schrift wollen brauchen lassen, hoch vonnöten, daß
sie die sprachen wissen: Und von der gnaden Got-
tes sihet man die gabe der sprachen, die gabe der
weissagung, oder das vermögen, die schrift auszu-
legen (wie es Ambrosius ad 1. ep. Cor. cap. 12 recht
erkleret38) und andere dergleichen diesen verwandte
gaben, so schone und klar leuchten, daß wirs alle
darfurhalten sollen, itzund sei die zeit vorhanden,
zu welcher Gott fur dem ende der welt die warheit
seines worts vil reichlicher dan in vielen jaren zu-
vor allen menschen offenbaren will, uf daß, wann
Christus unser Herr das urteil sprechen wird, kei-
ner seine unwissenheit oder etwas anders billich
furwenden könne.
(5) Zudem lesen wir fleißig die bücher der hei-
ligen vätter und aller derjenigen, welche, mit gaben
des heiligen Geistes fur andern begnadiget, treulich
in der kirchen Gottes gearbeitet haben, so von
ihnen zur auslegung und erklerung der heiligen
schrift gestelt und hinderlassen seind, aber doch
dergestalt, wie sie selbst uns dieselbige zu lesen ver-
32 Augustinus, Quaestiones in Heptateuchum 1, 9;
MPL 34, 550.
33 Augustinus, ep. 157, 3, 19; MPL 33, 683 f.; OSEL
44, 468.
34 Augustinus, De doctrina christiana 1, prooemium 5;
MPL 34, 17.
35 Augustinus, De doctrina christiana 2, 15; MPL 34,
46. Zur Tradition: Bullinger, Hausbuch 1558, Bl. 3 v.
36 Augustinus, Contra Faustum Manichaeum 11,2;
MPL 42, 246. Zur Tradition: Bullinger, Hausbuch
1558, Bl. 3 v.
37 Augustinus, Retractationes 1, 7; MPL 32, 592.
38 Ambrosius, Comm. in ep. 1 ad Cor. 12, 9f.; MPL
17, 246.

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