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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0232
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Kirchenordnung 1566

manet haben, als nemlich daß mir sie in keinen weg
der heiligen schrift furziehen. Und was bei ihnen
dunkels oder zweifelhaftiges furleuft, pruffen mir
nach der richtschnur des göttlichen worts und ne-
men das allein an, was demselbigen gemeß ist und
damit ubereinstimmet, das ander allesampt ver-
werfen wir ohn scheuens; davon wir dann einen be-
felch haben des apostels, welches wir auch uns gern
gehalten, 1. Thess. 5 [19-21]: Den geist dempfet
nicht, die weissagung verachtet nicht, prufet aber
alles, und das gute behaltet. Darumb sagt Augu-
stinus von seinen schriften ad Vincentium Victo-
rem lib. 2 39 also: Ich kann und soll nicht leugnen,
daß in meinen so vielen büchern gleich wie bei
unsern forfaren viele ding seind, die da mögen bil-
lich und on frevel gestraft werden. Und in gemein
schreibt dieser von aller anderer lehrer büchern
ep. 19 ad Hieronymum40: Ich will deiner lieb recht
bekennen, allein die bücher der schrift, die man
itzunder canonicos nennet, habe ich gelernet, in
solcher ehr und forcht zu halten, daß ich gleube,
die sie geschrieben haben, deren hab keiner ge-
irret. Der andern schriften lese ich also: sie seien
so heilig oder gelert als sie immer wolten, halt ichs
darumb nicht fur war, dieweil sie der meinung ge-
wesen sind, sondern dieweil sie nichts entweder
durch die schrift, die man canonicas nennet, oder
durch glaubwirdigen beweise uberreden künden.
Und bald hernach41: Ich halt auch nicht (mein
bruder),daß du einer andern meinung seiest. Ich
sage, ich achts genzlich darfur, daß du nicht be-
gerest, daß man deine bücher lese wie der prophe-
ten und aposteln schrift, von welchen, so einer
zweifelen wolte, daß sie ohn allen irtumb seien, das
wer schrecklich und ubel getan. Item ep. 48 ad
Vincentium Donatistam42: Du solt nicht, bruder,
wider so viele götliche helle, ungezweifelte zeug-

39 Augustinus, De anima et eius origine 4, 1; MPL 44,
523. Zur Tradition: Gratian, Dist. 9 can. 4; Fried-
berg 17; Kölnische Reformation 1543, Bl. 2r.
40 Augustinus, ep. 82, 3; MPL 33, 277; OSEL 34, II,
354. Zur Tradition: Gratian, Dist. 9 can. 5; Fried-
berg 17; Kölnische Reformation 1543, Bl. 2r; Hy-
perius, Methodus 22.
41 Augustinus, ep. 82, 3; MPL 33, 277; CSEL 34, II,
354.

nus felscherei suchen aus der bischoffer schriften,
es seien gleich unsere oder des Hilarii schriften.
Erstlich, dieweil man muß einen unterscheid ma-
chen zwischen diesen büchern und denen, die man
canonicos nennet, dann man lieset diese nicht also,
daß man daraus wolt zeugnus ufbringen, wider
welche kein andere meinung gelten solt, da sie viel-
leicht anderst gesint gewesen weren dann die war-
heit erfordert. Endlich schreibt er auch ep. 3 ad
Fortunatianum 43 also: Wir sollen nicht eines iden
disputationes, obs gleich catholische berumpte men-
ner seind, der canonischen schrift gleich achten,
daß uns nicht solt vergünnet werden (welches ich
doch ohn verletzung der ehren, die solchen leuten
gebüret, will geredt haben), etwas in ihren büchern
zu strafen oder zu verwerfen, dann man vielleicht
befinden würde, daß sie weren einer andern mei-
nung gewesen dann man in der warheit findet, wie
die durch götliche hulf von uns oder andern ver-
standen wird: Ich halt mich nicht anders jegen
anderer schriften, dan ich gern wolt, daß mein
eigene schriften verstanden wurden. Zuletzt, da
Hieronymus in der vorrede seiner auslegung des
Propheten Hosea44 redet von den schriften Orige-
nis, Apollinarii, Laodiceni, Pierii, Eusebii Caesa-
riensis, Didymi Alexandrini, spricht er: Diese hab
ich im felde dieses propheten zu furleufern gehabt,
welchen ich doch (das ich einfeltig und ohn rum
deiner weisheit recht bekenne) nicht in allen dingen
gefolgt hab, daß ich mehr ein urteil gebe uber ihr
werk, dan dasselbige auslege und sage bei einem
jeden, was mich bedunke. Und in der schlußrede
der auslegung des propheten Abdiae45 seind dieses
seine letzte wort: In diesem propheten hab ich als
ein junger gekurzweilet und als ein alter etwas
freventlich understanden. Da einer warhaftigers
und bessers sagen wird, desselbigen meinung soltu
42 Augustinus, ep. 93, 10, 35; MPL 33, 338f.; CSEL
34, II, 480. Zur Tradition: Gratian, Dist. 9 can. 9;
Friedberg 18.
43 Augustinus, ep. 148, 4, 15; MPL 33, 628f.; CSEL
44, 344. Zur Tradition: Gratian, Dist. 9 can. 10;
Friedberg 18.
44 Hieronymus, Comm. in Proph. Os. prol.; MPL 25,
859 f.
45 Hieronymus, Comm. in Proph. Abd. 1, 21; MPL 25,
1170.

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