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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0235
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Kirchenordnung 1566

det unverdunkelt ausgelegt. Dann wir haltens da-
fur, die schrift lege sich selber ganz artig und weis-
lich aus51. Derhalben will der apostel von seinem
jünger Timotheo haben, 2. Timot. 1 [13], er solle
sich halten nach dem vorbilde der heilsamen wort,
die er von ihm gehört hab. Und in derselbigen
epistel am 3. ca. [10. 14f.]: Du aber hast erfaren
meine lehr, meine weise, meine meinung, meinen
glauben, mein langmut, meine liebe, meine gedult
etc. Bleib in dem, das du gelernet hast und dir ver-
trauet ist, sintemal du weißt, von wem du gelernet
hast, und weil du von kind auf die heilige schrift
weißt, kann dich dieselbige underweisen zur selig-
keit. Und die heiligen vätter bezeugen oftmals ein-
helliglich, daß in der kirchen und gemeine Gottes
nichts gelten solt, was man in auslegung der schrift
anderstwoher dann aus der schrift nimpt oder ja
nicht mit klarer und gnugsamer beweisung aus göt-
licher schrift bestetiget. Origenes in Ieremiam ho-
milia prima52 spricht: Wir müssen die heilige schrift
zu zeugen nemen, dann unserm verstendnus und
auslegung ist ohn diese zeugen nicht zu gleuben.
Irenae. libro 2 capite 56 53: Uf die heilige schrift
grunden, welche ist die gewisse, ungezweifelte war-
heit, ist nichts anders, dann sein haus uf einen har-
ten felsen bauen; die schrift aber verlassen und uf
andere lehr grunden, ist eben als wann einer uf einen
haufen sands, da leichtlich umbgestoßen werden
möcht, ein gefelle setzen wolt. Hiero. in epist. ad
Titum54: Vil geschwetzes ohn beweisung der schrift
soll nicht gegleubt werden. Idem55: Wir sollen
nicht falsche wagen bringen, da wir weigen, was
wir wollen nach .unserm gutdunken und sagen, das
ist schwer, das ist leicht, sondern wir sollen die gött-
liche wagen bringen aus der heiligen schrift als aus
den schetzen des Herrn. Und in commentario in
Matth., der ihm auch zugeben wird, ad cap. 23 56:
Was aus der schrift seine beweis nicht hat, mag
eben so leichtlich verachtet als angenommen wer-
51 Vgl. Luther, Assertio omnium articulorum M. Lu-
theri per bullam Leonis X. novissimam damnatorum
1520 ;WA 7, 98f.; K. Holl, Luthers Bedeutung für
den Fortschritt der Auslegungskunst, Ges. Aufs. zur
Kirchengeschichte 1, 1928, S. 559 und vgl. O.We-
ber, Grundlagen 1, 310.
52 Origenes, In Jerem. hom. 1, 7; MPG 13, 262. Zur
Tradition: Hyperius, Methodus 52.

den. In gleicher meinung sagt Ambrosius de offi-
ciis lib. I 57: Was wir in der heiligen schrift nicht
finden, das konnen wir gebrauchen, wie wir wol-
len. Aber was tut es vonnöten, mehr sprüch in einer
so klaren sach anziehen.
(3) Daß aber alles, was wir aus den heiligen bü-
chern anziehen zur rechten erklerung der schrift,
die mir offentlich dem volk haben furgelesen, artig
und wol möge accommodirt und gezogen werden,
richten wir uns in diesem teil ganz eigentlich nach
den propheten, unsern Herrn J. C. und seinen aus-
erwelten aposteln. Dann wir wissen, daß nachdem
Gott ihm hat lassen gefallen, seinen willen und den
ganzen rat von der seligmachung des menschlichen
geschlechts in schriften zu verfassen, ist zum ersten
der kirchen Gottes gegeben das gesetz, in den fünf
büchern Mose begriffen, darin die ganze lehr der
kirchen, so die erzvätter von anfang her bekant
haben, verfasset ist. Doher es dan auch soll fur den
anfang und grundfest aller heilsamen lehr gehalten
werden. Nach dem Mose seind erfolget die prophe-
ten, welche, ob sie gleich vile ding, so ihnen Gott
insonderheit offenbaret hat, furbracht haben, als-
dann furnemlich seind die umbstende und gewisse
versicherung der verheißung von der zukunft Chri-
sti, haben sie doch allezeit in ihren predigen uf das
gesetz als uf den grund gesehen und haben daraus
die bekreftigung alles des, so sie lereten, genom-
men. Derhalben mochten sie nicht unbillich ver-
dolmetscher oder ausleger des gesetzes genennet
werden. Darnach bestetiget Christus sein lehr mit
den zeugnussen des gesetzes und propheten. Und
daß er der ware Messias sei, welcher vorlangst ver-
sprochen war, beweiset er klerlich aus ihren schrif-
ten, wiewol er selber ein anfenger und Herr ist des
gesetzes und aller prophetischen weissagungen.
Dieweil aber Christus der fornembste meister
ist, die schrift auszulegen, haben die aposteln
seinen fußstappen gefolget und haben in allen
53 Irenaeus, Adv. haereses 2, 27; MPGf 7, 802ff.
54 Hieronymus, Comm. in ep. ad Titum 1, 10 f. 12ff.;
MPL 26, 605. 610; vgl. Hyperius, Methodus 52.
55 Vgl. Hieronymus, Comm. in ep. ad Titum 2, 9; MPL
26, 630 f.
56 Hieronymus, Comm. in Evgl. Matth. 4, 23, 35 f.;
MPL 26, 180.
57 Ambrosius, De officiis ministr. 1, 14; MPL 16, 43 f.

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