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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0242
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Kirchenordnung 1566

Das dritte teil
Von der austeilung der heiligen sacrament

Wir haben von der lehr der kirchen Christi bis-
her gesagt, so vil wir fur gnug achten. Nun ist noch
uberig, daß wir von der austeilung der heiligen
sacrament reden. Wöllen aber zugleich anzeigen,
wann und mit waserlei ordnung diese beide, das
ist die lehr und die heiligen sacrament in der christ-
lichen versamlung verhandelt werden sollen, dar-
zu auch vom gebet und andern stücken, welche der
lehr und dem brauch der heiligen sacramenten ge-
wonlich zugetan, handlen. Denn wir sehen in der
apostel schriften, wann der versamlung der gleu-
bigen gedacht wird, daß vil stück zugleich darin
sind verrichtet worden, als Act. 2 [42]: Sie blie-
ben bestendig in der aposteln lehr und in der ge-
meinschaft und im brotbrechen und im gebet. Und
daselbst bald hernach [Act 2, 46 f]: Und sie waren
täglich und stets beieinander einmütig im tempel
und brachen das brot hin und her in heusern, na-
men die speis und lobten Gott mit freuden und ein-
feltigem herzen und hatten gnade bei dem ganzen
volk. Act. am 16. [12f]: Wir hatten in der stadt
Philippis unser wesen etliche tage. Des tags der
sabbather giengen wir hinaus vor die stadt an das
wasser, da man pflegt zu beten, und satzten uns
und redeten zu den weibern, die zusamenkommen
waren. Act. 20 [7]: Uf einen sabbath, da die junger
zusamenkamen, das brot zu brechen, predigt ihnen
Paulus.
In diesen und andern vilen sprüchen werden zu-
samengesetzt und zugleich erzelt (wie ein iglicher
wol sehen mag) die lehr oder predigt, das brot-
brechen, das ist die austeilung des sacraments, das
gebet, das lob oder danksagung Gottes. Es hat auch
der heilig apostel Paulus uber das befolhen, daß
beide, in den predigten und ansbreitung der lehr,
darzu auch in der austeilung der sacramenten alle
ding mit großer andacht und reverenz fein ordent-
lich sollen verrichtet werden, 1. Cor. 11. [17ff] und
14 [40. 26]; an welchem ort der apostel ein gemein
gebott gibt von ordnung und zucht zu halten im
kirchenampt, da er spricht ingemein: Lasset es
alles züchtig und ordentlich zugehn. Item, lasset
es alles geschehen zur besserung.

Und zwar dieweil Gott in der christlichen ver-
samlung selbst laut seiner verheißungen uf ein son-
derliche weise gegenwertig ist, welcher auch alda
von den gleubigen angeruffen, welchs wort und
himlische lehr vorgetragen und ausgelegt, welchem
auch mit einmütigem herzen und stim aller deren,
so daselbst in seinem namen versamlet, lob und
dank gesagt, zu welches ehre und dienst alles, was
da geschicht, gerichtet wird; dieweil auch alda zu-
gegen sind die heiligen engel Gottes als zuseher,
ufmerker und hüter, wie der apostel 1. Cor. 11 [10]
anzeigt; dieweil desgleichen auch gewißlich under
denen, so da im namen Christi versamlet, etliche
recht gottselige und auserwelte seind und endlich
einem iglichen sein eigen gewissen sagt, es werde
alda von seinem heil und ewiger seligkeit gehandelt,
so halten wir demnach, es könne nit leichtlich ge-
schehen, daß imand zu solcher christlichen ver-
samlung kommen möge one gottesforcht und ehr-
erbietung des almechtigen, unsichtbaren Gottes,
des Vatters unsers heilands Jesu Christi, dadurch
er zu christlicher andacht bewegt werde.
Damit aber ein jeglicher desto besser verstehn
möge, wie ehrlich die versamlung der gleubigen solle
gehalten werden, auch sich desto lieber und flei-
ßiger zu derselbigen finde und halte, wöllen wir, so
viel Gott gnade gibt, jederman zur besserung er-
kleren, wie es damit ein gestalt hab, auch was darin
nach unsers Herrn Christi und der heiligen aposteln
befelch aufs allerordenlichst und züchtigst ge-
schehen solle. Dann wir bedacht sein, in allen din-
gen, so in der kirchen zu verrichten, der heiligen
schrift und dem exempel der ersten kirchen zu fol-
gen, so vil uns möglich ist.
Auf welchen tag die christliche
versamlungen sollen gehalten werden
Es ist zwar ganz billich, dieweil Gott ein schöpfer
ist der zeit, daß man auch alle zeit mit Gott und
seinem heiligen wort umbgehe.
Dieweil aber die not der menschen und Gottes
ordnung erfordert, daß der Mensch durch tägliche
arbeit, was ihme und den seinen zu underhaltung

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