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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0289
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Kirchenordnung 1566

(2) Kompt darzu ein offentliche form der verbin-
dung in dem, daß die gevattern denjenigen, so sie
zur tauf bringen, gememglich ihren und keinen an-
dern namen geben bei der heiligen taufe, domit sie
gleich ein neue handschrift von sich geben mit
underschreibung ihrer namen, sie wöllen, was sie
versprechen, treulich halten, wie es denn ohn zwei-
fel sein sonderlich mysterium hat, daß bei dem volk
Gottes und in der kirchen Christi die Kinder kei-
nen namen bekommen, bis sie durch die beschnei-
dung oder die heilige taufe dem Herrn Christo zu-
bracht und der kirchen eingeleibt worden, wie von
der beschneidung Luc. 1 [59f] im exempel Joannis
zu sehen ist.
(3) Was die gevattern geloben, versprechen sie
nit einem oder zweien menschen, sonder der ganzen
kirchen, in welcher gegenwertigkeit dem kind die
tauf gegeben, von welcher wegen auch der diener
das kind zur gnaden Christi ufnimpt und Christo
einleibt, ja, sie geloben nit allein in gegenwertig-
keit der kirchen, welche als zeugen umbherstehet,
sonder auch in gegenwertigkeit Gottes des Vatters,
des Sohns und h. Geistes, welcher angeruffen und
gebeten wird, auch gegenwertig alles, so in der
taufe geredt und gehandelt, zu bekreftigen und be-
stetigen, endlich auch in beisein der heiligen engel,
welche under unser gemein sein und sich freuen, so
oft einer der kirchen zugetan wird, auch sonderlich
den kindern zugegeben werden, wie hievon Chri-
stus redet, Matth. 18 [10].
(4) Ist zu bedenken, daß die gevattern bürg wer-
den in geistlichen sachen, an welchen mehr gelegen,
dann an allen zeitlichen. Daher vonnöten, daß sie
sich der christlichen lehr und religion verstehen
und des handels der h. taufe nit unverstendig seien.
(5) Was wird aber bei der heiligen taufe von ihnen
gehandelt ?
Erstlich sagen sie offentlich vor der kirchen

62 Vgl. Hyperius, De catechesi 3, Var. op. 1, 465f.
63 Augustinus, Contra duas ep. Pelagianorum 2, 4, 7;
MPL 44, 576; Augustinus, Contra Julianum Pelagia-
num 1, 4, 13; MPL 44, 648. Die Tradition ist in der
Peformationszeit sehr verbreitet. Neben einer zwei-
ten Stelle innerhalb der Ordnung (S. 287) vgl. auch
den Bericht aus der heiligen geschrift 1543, Bl. o r;
Calvin, Inst. 1539-1554 cap. 17; CR 29, 988f.; Köl-
nische Reformation 1543, Bl. 79r; Zwingli, Aus-

ab dem teufel und allem seinem anhang etc. Wie
können sie aber das tun, wenn sie in der christ-
lichen lehr unverstendig oder clermaßen leben, daß
sie mehr vor kinder des teufels denn Gottes erkant
und angesehen werden mögen, bei welchen kein an-
zeigung ernstlicher buß kann vennerkt werden ?
Darnach wird von ihnen erfordert, daß sie ihren
glauben an Gott vor der kirchen bekennen62. Den
glauben aber recht bekennen, stehet keinem an-
dern zu dann denen, so der christlichen lehr wol
bericht und des glaubens gute frucht bringen. Wie
nun der, so unwirdig zum tisch des Herrn gehet,
ihm das gericht isset und drinket und schuldig wird
an dem leib und blut des Herrn [1. K 11, 27. 29],
also stehet auch nit in geringer fahr derjenige, so
sich ungeschickt zur heiligen tauf darstellt. Denn
an beiden orten wird verhandelt die gedechtnus des
tods Christi und durch das blut Christi die ver-
gebung der sünden angebotten und mitgeteilet.
Doher ist kommen, daß nach dem ersten brauch
der kirchen die h. taufe und abendmal des Herrn
zu einer zeit und an einem ort gehalten worden sein,
und die getauften sobald allesampt gingen zum hei.
nachtmal, also auch daß zu den zeiten des heiligen
Augustini63 den kindern solchs mitgeteilet ward,
welches wir doch in seinen würden beruhen lassen.
(6) So ist nit zu verneinen, der glaub und das
gebet derjenigen, so die kinder zur kirchen und zur
heiligen tauf bringen, sei den getauften nütz und
gut, wie zuvor vermelt, vornemlich, so der glaub
lebendig und tetig ist, wie Augustinus auch hier-
von recht und wol lehret mehr als an einem
ort64.
(7) Verheißen auch die gevattern ernstlich, sie
wöllen verschaffen, daß die getaufte kinder, wenn
sie zu ihren jaren kommen, in der lehr und glau-
ben christlicher religion wol underricht werden, und
ihres heils halber nit weniger sorgfellig sein denn
legen und Gründe der Schlußreden, 18. Art.; CR
89, 133 (vgl. F. Schmidt-Clausing, Zwingli als
Liturgiker, 1952, S. 36); Schwenckfeldt an Philipp
von Hessen, CS 5, 398; Schwenckfeldt, Ein kurzer
auszug 1530; CS 3, 756ff. vgl. CS 3,795 (Gratian,
Dist. 4 can. 131 de cons.; ed. Friedberg 1404); Hy-
perius, De catechesi 3, Var. op. 1, 472.
64 Augustinus, Enarr. in Ps. 67, 41; MPL 36,838;
Augustinus, Serm. 90, 3; MPL 38, 564.
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18 Sehling, Bd. VIII, Hessen I
 
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