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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0300
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Kirchenordnung 1566

Antwort man denn: Mit wasser, so fragt er: Mit
was worten habt ihr getauft ?
So man denn sagt: Ich teufe dich im namen des
Vatters und des Sohns und des heiligen Geistes,
so fragt er endlich: Wisset ihr, daß ihr die wort
nach dem befelch Christi gebraucht habt ?
Und wo sie darauf antworten: Ja, wir wissens,
so sage er: Nun, meine lieben freund, weil ihr
denn im namen und uf den befelch unsers lieben
Herrn und Gottes solches alles getan, so sage ich,
daß ihr recht und wol getan habt, sintemal die
armen kindlein der gnaden bedürfen und unser
Herr Jesus Christus ihnen dieselbige nicht absaget,
sondern sie aufs allerfreundlichst dazu fordert, wie
solches der nachvolgende text des heiligen evangelii
tröstlich zeuget, welchen der evangelist Mar. also
beschrieben hat, cap. 10 [13-16]:
Und sie brachten kindlein zu Jesu, daß er sie an-
rürete. Die jünger aber furen die an, die sie trugen.
Da es aber Jesus sahe, ward er unwillig und sprach
zu ihnen: Lasset die kindlein zu mir kommen und
wehret ihnen nicht, dann solcher ist das reich Got-
tes. Warlich, ich sage euch, wer das reich Gottes
nit entpfehet als ein kindlein, der wird nicht hin-
einkommen. Und er herzet sie und legt die hende
auf sie und segnet sie.
Und weil wir aus itzt gehorten worten unsers
Herrn Christi des gewiß und sicher sein, daß dies
kindlein zum reich der gnaden auch angenommen,
wollen wir bitten, daß es darinnen möge zur ewigen
seligkeit bestendig erhalten werden.
Laßt uns beten:
Der almechtige Gott und Vatter unsers Herrn
Jesu Christi, der dich durchs wasser und heiligen
Geist anderst geboren und dir alle deine sünde ver-
geben hat, der sterke dich mit seiner gnad zum
ewigen leben. Amen.
Friede sei mit dir.
Würden aber die leute, so das kindlein zu der
taufe bringen, auf des pfarherrs frage ungewiß ant-
wort geben und sagen, sie wüßten nicht, was sie
gedacht, viel weniger, was sie geredt oder getan in
solcher großer not (als denn zu zeiten zu geschehen

pflegt), so mache man nicht viel disputirens, son-
dern neme das kind als ungetauft und forder es zur
taufe, also wie man alle ungetaufte zur taufe zu
fordern und zu teufen pflegt.
Und wenn man die gebete sampt den exorcis-
mis12 gesprochen und die kinder durch die paten
dem teufel entsagen und des glaubens bekantnus
hat tun lassen, alsdenn teuft der pfarherr die kin-
der on alle condition im namen des Vatters und des
Sohns und des heiligen Geistes. Amen.
Von der heiligen taufe und seiner frucht
Wenn man von der heiligen taufe redet, soll vor
allen dingen wol angesehen werden das gebott ünd
einsatzung der h. taufe, wie wir solches von unserm
Herrn Christo entpfangen haben, daß die heilige
taufe von allen soll entpfangen werden, so begeren,
ins reich Gottes zu kommen, seind die wort Christi
klar Joan. 3. [5]: Warlich, warlich ich sage dir, es
sei dann, daß imand geboren werde aus dem was-
ser und geist, kann er nicht ins reich Gottes kom-
men. Vom gebott, einsatzung und form der h. taufe
haben wir auch Matth. 28 [18-20], do Christus
spricht: Mir ist alle gewalt gegeben im himmel und
erden. Darumb gehet hin und lehret alle völker und
teufet sie im namen des Vatters, des Sohns und des
heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich
euch befohlen habe.
Damit man aber ersehen möge, was vor ein her-
lich sacrament die taufe sei, auch wie notwendig
und nütz sie sei allen menschen, so begehren, zur
gemeinschaft Christi und seiner kirchen ufgenom-
men zu werden, ist wol warzunemen, was in den
apostolischen schriften von der heiligen tauf und
derselbigen frucht geredt wird.
(1) Erstlich zeugen die aposteln, daß alle, die
nach der einsatzung Christi getauft werden, kom-
men aus des satans reich ins gnadenreich Christi
und seiner kirchen, werden gliedmaßen seines leibs,
welcher ist die kirche, weil sie von allen sünden ge-
waschen, neu geboren, Christo eingeleibt und mit
ihm bekleidet werden.

12 In den beiden vorausgehenden Taufformularen fehlte
der Exorzismus (vgl. S. 277. 278). Er wird hier im

284

Vollzug der Anlehnung an die Sächs. KO aufgenom-
men; vgl. Sehling I, 268.
 
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