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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0301
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Kirchenordnung 1566

Daher spricht der apostel: Wir seind in einem
Geist alle zu einem leib getauft (1. Cor. 12, 13).
Wieviel euer getauft seind, haben Christum an-
gezogen (Gal. 3, 27) und seid alzumal einer in Chri-
sto Jesu (Gal. 3, 28). Was kann aber vor ein höher
woltat den menschen in diesem leben von Gott mit-
geteilet werden, denn daß er ist ein wares glied der
waren kirchen Christi, außer welcher niemand kann
selig werden, gleich wie zur zeit der sintflut nie-
mand kont erhalten werden außer der archen
Noae.
(2) Ist die taufe ein gewiß zeichen des gnaden-
reichen willens und bestendigen bunds Gottes in
Christo zwischen Gott und dem getauften. Denn
gleich wie vor zeiten, als von Gott eingesetzt ward
das sacrament der beschneidung, der liebe Gott be-
zeuget, er wölle aller derjenigen, so die beschnei-
dung entpfingen, gnediger Gott sein, ihn wol tun,
ja, auch sie der gnaden und woltaten Christi und
also der seligkeit genießen lassen, dargegen aber
bezeugten die beschnittenen, sie wolten ihren glau-
ben uf den lieben Gott in Jesu Christo setzen, sich
ihm ganz vertrauen und ergeben, gleicher gestalt
ist itzunder der gnadenbund ein zeichen zwischen
Gott und den getauften, dieweil der h. tauf, wie
der apostel Paulus zun Colossern 2 [11] zeugt, an-
statt der beschneidung kommen ist.
(3) Ist die hei. taufe nicht allein ein zeichen des
gnadenreichen willens unsers Herrn Gottes gegen
den getauften, sonder auch, so viel getauft werden,
entpfahen in der warheit vergebung aller ihrer sünde
umb Christi willen, das ist nit allein der erbsünde,
welche alle menschen von natur von dem ersten
vatter Adam her ererben, wie hievon geredt wird
Rom. 5 [12ff] und Psalm. 51 [7], sonder auch von
den wirklichen sünden, nemlich die ein ider aus
eignem willen und schuld begangen hat13. Also
spricht der apostel Petrus (Act. 2, 38): Tut buß
und laß sich ein iglicher teufen uf den namen Jesu
Christi zu vergebung der sünden, so werdet ihr ent-
pfahen die gabe des h. Geistes. Item (1. Cor. 6, 11):
Ihr seid auch etwa gewesen hüerer, abgöttisch,
ehebrecher, aber ihr seid abgewaschen, geheiliget,

13 Vgl. Confessio Augustana 3; Bek. Schrr. 53.

gerecht worden durch den namen des Herrn Jesu
und Geist Gottes. Item (Ephes. 5, 26)14: Christus
hat seine kirche gereiniget durch das wasserbad im
wort etc. Daher hat auch unser Herr Christus zu
diesem seinem h. sacrament rein wasser erfordert,
uns anzuleiten zur innerlichen reinigkeit. Denn
gleich wie sonst mit wasser abgewaschen wird die
unreinigkeit des leibs, also werden durch die h.
taufe des Herrn Christi gereiniget und von sünden
gewaschen die herzen der getauften durch das blut
Christi.
(4) Es erinnert uns auch die heilige tauf, sie wird
uns auch darumb mitgeteilet, daß, nachdem wir in
Christo vergebung der sünden bekommen haben in
der heiligen taufe, furthin der sünclen teglich sollen
absterben und in einem neuen leben der gerechtig-
keit wandeln, das ist andere und neue menschen
werden, die andere gedanken, willen und geberde,
wort und werk haben und füren sollen, den hiebevor
mit allem fleiß die sünde sampt derselbigen ursachen
vermeiden, den guten werken als früchten des glau-
bens aus rechtem vertrauen den Herrn Christi ob-
liegen. Denn wir in der tauf tragen das bildnus des
tods und uferstehung Christi, wie hievon redt der
apostel Paulus Rom. 6 [3f]: Wisset ihr nicht, daß
alle, die wir in Christum Jesum getauft seind, die
seind in seinen tod getauft, so seind wir je mit ihm
begraben durch die taufe in den tod, uf daß, gleich
wie Christus ist auferweckt von den toten, also söl-
len wir auch in einem neuen leben wandeln, etc.
Item (Coloss. 2, 11 f): Durch Christum seid ihr be-
schnitten mit der beschneidung ohne hende durch
ablegung des sündlichen leibs im fleisch, nemlich
mit der beschneidung Christi, in dem daß ihr mit
ihm begraben seid durch die taufe, in welchem ihr
auch seid uferstanden durch den glauben.
(5) Zu solchem vermögen wird in der h. taufe dem
neu gebornen menschen der h. Geist gegeben, da-
mit er innerlich die gemüter und herzen zum glau-
ben und also auch zun früchten des glaubens und
besserung des lebens bewegt und mit lust treibet.
Darzu hilft, daß wir beide, was recht und gut ist
in Gottes wort, wollen und tun mögen nach der
14 Vgl. Schwenckfeldt, Von dem Kindertauf; CS 3, 814.
816.

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