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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0302
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Kirchenordnung 1566

gabe und maß, uns vom h. Geist gegeben. Darvon
redt der apostel Paulus, do er spricht [Tit 3, 4-6]15:
Do aber erschein die freundlichkeit und leutselig-
keit unsers heilands, nit umb der werk willen der
gerechtigkeit, die wir getan haben, sonder nach
seiner barmherzigkeit macht er uns selig durch das
bad der widergeburt und erneuerung des heiligen
Geists, welchen er ausgossen hat uber uns reich-
lich durch Jesum Christum etc. Denn also wird der
mensch widergeboren, erneuert und erleuchtet,
daß er anders gesinnet ist, redet und tut denn
zuvor.
(6) Versichert der taufe den getauften die ewige
seligkeit, nach diesem leben zu entpfahen. Denn
also lauten die wort Christi (Marci 16,16): Wer gleu-
bet und getauft wird, der wird selig werden. Wie
denn auch abzunemen aus den itzt erzelten worten
des apostels Pauli ad Titum 3 [4-6].
Solcher großen frucht der h. taufe werden wir
vertröst und versichert, nit allein aus den worten
des Herrn Christi und der apostel, sonder auch weil
dieses heilig sacrament von Gott und Christo selbst
eingesetzt, welches stiftung nit kann ohne große
kraft und frucht abgehen. Auch gefelt Gott herz-
lich wol der glaub und gehorsam derjenigen, so sich
seiner h. sacrament nach Christi einsetzung gebrau-
chen. So ist nit ein geringe kraft des glaubens und
des gleubigen gebets, so kans auch nicht felen, es
müssen herliche kraft und frücht folgen, wo die h.
unzertrennte Dreifaltigkeit nit allem selbst gegen-
wertig, sonder auch ernstlich angeruffen wird und
die verheißung des Sohns Gottes, der heil. taufe
angehengt, offentlich lautet, durch welche er denn
auch kreftig ist im herzen der gleubigen. Derhalben
billich, daß jederman solche herliche frucht und
woltaten der hei. taufe, in demselbigen dem ge-
tauften angebotten und ubergeben, wol bedenken,
damit sie nit allein mit herzlichem verlangen den
ihren die heilige tauf begeren, sondern auch die, so
getauft seind, dero nimmermehr vergessen, darzu
sich mit dankbarkeit gegen den lieben Gott in Chri-
sto desto williger erzeigen und in allem guten furt-
fahren, zunemen und wachsen, ja, auch bis ans

15 Vgl. Schwenckfeldt, Von dem Kindertauf; CS 3, 816;
Melanchthon, Loci 1521, De baptismo; MW 2, 1,

ende darin beharren und selig werden möge.
Amen.
Dargegen seind auch zu bedenken die schaden
und unfelle der ungetauften, vornemlich derjeni-
gen, so die ordnung des kirchendienst, von Christo
seiner kirchen eingesetzt und gegeben, aus ver-
achtung oder hinlessigkeit underlassen. Denn die, so
nit durch die taufe dem Herrn Christo und seiner
kirchen eingepflanzt werden, seind fremde und
außer der bürgerschaft Israelis, der waren kirchen
Christi, und so viel an ihn gelegen, noch under dem
reich und gewalt des teufels, des fürsten der fin-
sternus und herrn dieser welt, seind nicht im gna-
denbund Gottes der verheißung, leben ganz ohn
Gott in dieser welt, mögen von dem rechten waren
Gott und den er gesandt hat, Jesum Christ, nichts
rechts wissen oder halten, seind in ihren sünden
verstrickt, beide, der erbsünde und so von ihnen
selbst begangen, und also im ewigen tod, von natur
kinder des zorns und ewiger verdamnus, mögen
nichts tun, das Gott gefalle; denn uber sie herschet
der fürst, der in der luft regieret, der sein werk hat
in den kindern des unglaubens, seind beraubt des
heiligen Geistes und also nit des Herrn Christi. In
summa: Man kann den großen jamer und unselig-
keit des menschen, der ihm selbst und seiner natur
gelassen und durch die heilige taufe noch nicht in
die gemeinschaft Christi und seiner kirchen an-
genommen, mit worten nicht erlangen. So dieses
recht bedacht wird, bringt es nicht allein zuwegen,
daß man siehet, wie notwendig sei, daß wir durch
die hei. taufe dem Herrn Christo und seiner kir-
chen eingeleibt werden, sonder auch die große gnade
Gottes in Christo gegen uns und unsere seligkeit
desto besser erkennen und aus rechtem glauben in
all unserm leben uns gegen Gott mit großer dank-
barkeit beweisen.
Von dem offentlichen bekantnus des glau-
bens und uflegung der hende
Vor zeiten ward den kindern gleich wie den alten,
so bald sie getauft, auch das sacrament des leibs
145f. und Herrlinger 115f.

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