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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0325
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Kirchenordnung 1566

nachlessig oder verechtlich gegen dem brauch dieses
hochwirdigen sacraments erzeigen wolt. Der heilige
Chrysostomus in epistola 1. ad Timoth. homil. 5 22
und Ephes. ser. 3 23 straft diejenigen hart, so da
langsam und etlich im jar nur einmal das nachtmal
des Herrn entpfingen. Und Ambrosius lib. 5 de
sacramentis cap. 4 24, Augustinus, De verbis domini
in Evangel. Lucae serm. 28 25 schelten etliche kir-
chen in orient, daß sie nur einmal im jar das heilig
abendmal gebrauchten. Und es müssen fürwar keine
rechten christen sein und uf ihren Herrn Christum
gar wenig achten, welche zur gemeinschaft des leibs
und bluts ihres Herrn Jesu Christi, darinnen allein
aller trost stehet, langsam und selten kommen. Da-
her auch im Concilio Elibertino, wie Gratianus dist. 2
de consecratione referirt26, item im Concilio Aga-
thensi27 beschlossen worden ist, man solte vor keine
catholicos und rechtgleubige christen halten, welche
nit zum wenigsten dreimal im jar, uf den geburtstag
des Herrn Christi, Ostertag und Pfingstag, das nacht-
mal des Herrn gebrauchten. Derhalben richten wirs
mit allem fleiß dahin, daß in unsern gemeinen kein
mensch sei, er sei gleich jung oder alt (doch so fern
die jungen zuvor offentlich bekantnus ihres glau-
bens vor der gemeine getan und ordentlich confirmirt
worden), welcher nit oftmals oder ja zum wenigsten
einmal oder zwei im jar das sacrament des leibs und
bluts unsers Herrn Jesu Christ genieße. Und da einer
sich selbs des nachtmals des Herrn eußert und ob
er gleich von den eltesten nicht abgewiesen were,
dennoch ein ganzes jar oder lenger den brauch die-
ses sacraments ufzöge, denselben fordern die eltesten
für sich, forschen die ursach von ihm, straffen ihn
seiner nachlessigkeit halber und vermanen ihn ernst-

22 Chrysostomus, In ep. 1 ad Tim. 1 hom. 5, 3; MPG
62, 529f. Zur Tradition: Kölnische Reformation
1543, Bl. 100 v.
23 Chrysostomus, In ep. ad Ephes. 1 hom. 3, 4; MPG
62, 28f. Zur Tradition: Bucer, De Regno Christi
1, 7; OL 15, 68; Calvin IV, 17, 45. 46; Niesel 5,
411. 413.
21 Ambrosius, De sacramentis 5, 4, 23; MPL 16, 471;
CSEL73, 68.
25 Augustinus, Sermo 112, 4 (?); MPL 38, 645.
26 Conc. Elib.; Gratian, Dist. 2 can. 21 de cons.; Fried-
berg 1320f. Gemeint ist wohl Syn. Agath. can. 18;
Mansi 8, 327.
27 Conc. Agath. can. 18; Mansi 8,327; Hefele 2,

lich, daß er hinfürter sich christlicher erzeige und
mit andern gleubigen das nachtmal des Herrn Jesu
gebrauche. So viel sei gesagt von den tagen, an wel-
chen man das nachtmal des Herrn pflegt zu halten.
Von der stunde aber des tags, ob die vor mittag
des morgens, oder nach mittag des abends zu dieser
action zu welen sei, ist zuvor gesagt, was dieses punc-
ten halber aus der apostel bücher könt vernommen
und geschlossen werden28. Wiewol nun nach der
apostel zeiten bei vielen kirchen der brauch blieben
ist, daß sie des abends das sacrament des leibs und
bluts des H. Christi ausgeteilet und genossen haben,
wie das Socrates, Ecclesiastic. hist. lib. 5 cap. 22 29
et Tripart. hist. lib. 9 cap. 38 30 bezeuget, so haben
doch nichts desto weniger auch etliche in den ver-
samlungen, so des morgens vor mittag gehalten wor-
den, solchs zu verrichten gepflegt, wie man sehen
mag bei dem Tertulliano im buch de corona militis31
und lib. 2 ad uxorem32. Prosper, De promissioni-
bus et praedictionibus dimidii temporis33 schreibet,
zu Carthago haben sie auf den sontag des morgens,
wann der tag anbrach, das nachtmal des H. gehal-
ten. Augustinus, ad Ianuarium, epist. 118 34: Es ist
offenbar, da die jünger zum ersten haben den leib
und blut des Herrn entpfangen, daß sie es nicht nüch-
tern genommen haben. Soll man aber derhalben die
ganze kirche und gemeine ]estern, die sie allwege
nüchtern nimpt ? Denn also hat es dem heiligen Geist
gefallen, daß diesem hochwürdigen sacrament zu
ehren der leib des Herrn, ehe denn die andern speise,
in den mund des christen einginge. Und wird der-
halben dieser brauch durch die ganze welt gehalten.
Denn darumb hats der Herr nach dem essen nicht
gegeben, daß derwegen die brüder eben nach dem
649 f. Zur Tradition: Gratian, Dist. 2 can. 19 de
cons.; Friedberg 1320.
28 Vgl. S. 307.
29 Socrates, Hist. eccl. 5, 22; MPL 67, 628.
30 Cassiodor, Hist. trip. 9, 38; MPL 69, 1154.
31 Tertullian, De corona militis 3, 3 ; MPL 2, 79 ; CSEL
70, 158; CCL 2, 1043.
32 Tertullian, Ad uxorem 2, 8, 8; MPL 1, 1300f.; CSEL
70, 124; CCL 1, 393f.
33 Prosper, De promiss. et praedict. Dei 4 (dim. temp.),
6, 9f.; MPL 51, 842.
34 Augustinus, ep. 54, 5, 7-6, 8; MPL 33, 203; CSEL
34, II, 166 f. Zur Tradition: Konkordienformel, Sol.
Decl. 7; Bek. Schrr. 995 App.

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