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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0332
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Kirchenordnung 1566

Herrn solten zugelassen werden, endlichen bescheid
bekommen hetten, dieselbigen heißen sie auch stehen
bleiben und raten ihnen, sie sollen die nießung des
leibs und bluts des Herrn Christi so lang verzihen,
bis die eltesten allesampt zusammenkommen und
etwas gewisses beratschlagen und beschließen möch-
ten.
6. Es begibt sich underweilen, daß etliche also
leben, daß ihre sünde für der welt nicht so grob und
schwer scheinen, auch nicht bald von einem jeden
vor sünde geachtet werden, so sie doch an sich selbst
viel gröber und schwerer seind denn man meint. Da-
her es nicht gleublich ist, daß sie künten also zum
tisch des Herren gehen, daß sie ihnen nicht das ge-
richt essen und drinken und sich schuldig machen
des leibs und bluts des Herrn. Als denn seind,
welche für sich selbst wol nicht böse seind oder böses
tun, aber daß sie verwilligen in anderer leut sünde,
hilf und rat darzu geben, und auf andere ungebür-
liche weise machen sie sich schuldig, welche mit ver-
botten, ungebürlichen contracten und handeln umb-
gehen, geschenk ausgeben oder nemen und damit
das recht verfelschen, unehrliche künst und hantie-
rung treiben, verdechtige personen in ihre heuser
nemen, halten auf und dulden die schlemmer, spie-
ler und die das ihre ubel zubringen, die da weib und
kindern nicht wol vorstehen. Diese alle und ihres
gleichen kennen die seniores zum teil und haben so
viel von ihnen gehort, daß sie das vor gut angesehen
haben, sie in ihrer versamlung zu gelegener zeit zu
vermanen. Wenn nun solche kommen, heißt man sie
billich warten und wird ihnen darnach undersagt,
daß sie sich des tisch des Herrn enthalten, bis so lang
sie von den eltesten gnugsam underrichtet und ihre
buße und besserung gespüret werde.
7. Zuletzt, wenn einer beneben den andern her-
fürtrit, welcher umb eines offentlichen und jederman
bekanten lasters willen billich solte excommunicirt
werden und man vielleicht albereits angefangen het,
in der versamlung der eltesten von seiner sachen zu
handeln, denselbigen fordert man auch auf ein ort
und undersagt ihm mit ernst, daß er den folgenden
tag sich zur communion mit andern christen nicht
eindringe.

Summa: die eltesten lassen etliche frei hingehen
und undersagen ihnen nichts, etliche aber lassen sie
warten und verzihen, bis die andern alle hinweg-
gangen sein, alsdenn so underreden sie sich aller not-
turft mit ihnen.
(5) Wenn sie nun alle, wie itzt vermeldet, für den
eltesten und den pfarherrn ubergangen seind, blei-
ben sie alle stehen. Der diener des evangelii aber ruft
Gott mit lauter stim an und betet vornemlich für
diejenigen, so den folgenden tag das sacrament des
leibs und bluts Christi genießen sollen, auf diese maß:
Gebet:
Almechtiger Gott59, himlischer Vatter, sintemal
wir dir nicht denn allein in deinem geliebten Sohn,
unsern Herrn, wol gefallen mögen, so heilige unsere
leibe und seelen und gib uns seinen waren leib und
blut in seinem heiligen abendmal mit rechtgleubiger
begirde und dankbarkeit zu entpfahen, daß wir dei-
ner ewigen güte und liebe gegen uns abermal versi-
chert, getröstet und im neuen leben gesterket, dir
zum preis deines göttlichen namens und besserung
deines volks mit großerm fleiß und furcht leben und
dienen mögen, durch denselbigen unsern Herrn
Jesum Christum. Amen.
(6) Spricht der diener der kirchen den gewonlichen
segen und leßt sie hingehen.
(7) Wenn nun die andern hinweggehen, bleiben
diejenigen da, so es geheißen worden seind oder auch
welche zu warten selbs vorgenommen haben. Die
eltesten aber sampt den predigern setzen sich an
einen gewissen ort beieinander, und treten zu ihnen,
so da seind geheißen zu warten, einer nach dem
andern, daß mit einem jeden nach gelegenheit
der sachen gehandelt werde, denn von etlichen for-
dern sie bekantnus ihres glaubens, etliche underrich-
ten sie besser, etlichen widerraten sie, zum nacht-
mal des Herrn zu gehen und zeigen ihnen ursach an,
warumb es ihnen nicht zu tun sein wolt, vermanen,
daß sie sich noch ein zeitlang wolten underweisen
lassen, daß sie sich befleißen, gnugsam anzeigung
und beweise einer warhaftigen buß und besserung
ihres lebens an tag zu tun, dieweil nicht ein geringe
gefahr darbei ist, daß jemand ohn gnugsam bericht
der artikel des christlichen glaubens und der lehr

59 Kölnische Reformation 1543, Bl. 104.

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