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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0333
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Kirchenordnung 1566

vom nachtmal des Herrn und mit einem unbußfer-
tigem, ergerlichem leben und wandel das sacrament
des leibs und bluts des Herrn entpfahen wolt. Es
tregt sich auch wol zu, daß die eltesten etlichen
vorhalten die ergernus, welche sie mit falscher lehr
oder gottlosem leben unter den christen angericht
haben, straffen sie derhalben ernstlich und verbieten
ihnen ausdrücklich, zum tisch des Herrn zu gehen.
Den andern, so von sich selbs bleiben und warten,
stehet frei, der ganzen versamlung der eltesten vor-
zulegen, was sie im sinn haben, oder einen aus ihnen
zu erwelen, welchem sie ihr beschwerung klagen und
seines rats pflegen.
Wenn etliche, so in feindschaft und widerwillen
stehn, sich durch einander versünen wollen oder
sonst andere wichtige hendel bringen, die muß man
bescheiden, auf ein ander mal, wenn die eltesten bei-
einander seind, widerzukommen, denn die zeit ist
diesmal zu kurz und vermags nicht leiden, daß man
schwere sachen, so da gutes rats und bedenkens be-
dörfen, fürnemen solt.
Wo das nachtmal des Herrn langsam gehalten
wird, welches denn geschicht in denen kirchen, da
die menge der zuhörer nicht groß ist, da kommen
die eltesten auf einen bestimpten tag zuvor zusam-
men und beschließen miteinander, welche man, wie
zuvor gesagt, verhören und fleißiger underrichten,
ernsthaftiger vermanen oder vom nachtmal des
Herrn genzlich abweisen solt. Darumb darfs an sol-
chen ortern des aufsehens der eltesten, wo man das
nachtmal halten will, desto weniger mühe, denn
wenn sie vorkommen, welche man hat heißen war-
ten, wird ihnen bald angezeigt, was der eltesten mei-
nung von ihnen sei. Wo man aber allen sontag von
wegen der großen menige des volks das nachtmal
helt, dieweil man da nicht weiß, wer zum tisch des
Herrn gehen wird, kann man nicht vor der zeit, wes
man sich gegen einen jedern gehalten muß, berat-
schlagen, sondern muß eben den tag, wenn sie sich
anzeigen, aus verhörung der sachen und vorgehen-
den zeichen, was sich will füglich tun lassen, be-
trachten. Dieses seind die vornemsten stück, so den
tag zuvor, ehe die communion und nießung des leibs
und bluts unsers Herren Jesu Christi geschicht, zur

80 Vgl. Höfling 104ff.

christlichen vorbereitung zu diesem sacrament ver-
handlet werden.
Wie die action auf den tag, so zu des Herrn
nachtmal bestimpt ist, angestelt und ver-
richtet werde
Wir müssen nun auch weiter, wie man den folgen-
den tag das nachtmal des Herrn uberreicht und aus-
teilet60, erkleren.
(1) Wenn die predigt, so man der zeit zu halten
pflegt, ein ende hat, keret der diener göttlichs worts
seine rede zu den communicanten, repetiret etwa
kürzlich die heuptstück der vermanung, so den vori-
gen tag geschehen ist, zeigt an, welcher der rechte
würdige brauch und welches der mißbrauch dieses
hochwürdigen sacraments sei, warnet mit allem ernst
und fleiß, daß sich ein jeder recht prüfe und zum
fleißigsten vorsehen und verhüten wölle, daß er
nicht esse das gericht und schuldig werde an dem
leib und blut des Herrn, und vermanet dargegen
ganz treulich zur rechtschaffenen bußfertigkeit und
warhaftigem glauben mit kurzer vermeldung der
vielfaltigen geistlichen fruchtbarkeiten, so man aus
der gleubigen nießung des leibs und bluts des Herrn
Jesu zu gewarten habe.
(2) Darnach spricht er die beicht und bekantnus
der sünden61 mit ernstliche erinnerung und ver-
manung, es wolt ein jeder christgleubiger ihm sol-
ches also von herzen nachsagen.
(3) Folget die absolution62, in welcher heftig ur-
giert wird der trost, den alle betrübte und der sün-
den halben angefochtene herzen und gewissen haben
in dem heiligen evangelio und sacrament des leibs
und bluts unsers Herrn Jesu Christi, und werden die
communicanten vermanet, sie wolten gute achtung
geben auf die wort der einsatzung dieses sacraments,
insonderheit, daß der Herr spricht: Das ist mein
leib, der für euch gegeben wird. Das ist der kelch
des neuen testaments in meinem blut, das für euch
vergossen wird etc., daß sie dieselbigen mit warem
glauben fassen wolten und nicht zweifeln, sonder
festiglich gleuben, so gewiß der Sohn Gottes uns,
laut seiner eigenen verheißung, im abendmal spei-
62 Vgl. oben S. 238.

61 Vgl. oben S. 237.

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