Kirchenordnnng 1566
heilig marterer Ignatius an die Philadelpker79, Iusti-
nus, uber die offenbarung Ioannis80 und Clemens, in
libris Stromatum81, Origenes, hom. 11 in Exodum82,
lib. 683 und 884 in Romanos, Ambrosius, lib. 1 de
virginibus85, Martialis, ad Tolesanos86, und viel an-
dere heilige vetter, die ohn not alhie alle zu erzelen.
Denn die lieben heiligen vetter wol verstanden,
daß keinem menschen seiner natur zu entgegen die
ewige gelübde der keuschheit aufzulegen, sonder
haben jederman frei gelassen, zur ehe zu greifen oder
nicht. Daher sie denn auch nicht improbiert haben
bei den christen die ander, dritte und mehr ehe, wie
das zu sehen in Origene, lib. 6 ad Rom. 87, in Am-
bros., epist. 1 ad Timoth.88, in Epiphanio, lib. 2
tom. I89.
Die ehe aber bei den christen ist ein rechtmeßige,
von Gott verordente zusamenfügung eines manns
und weibs, welche zusamen gegeben werden von Gott
nach seinem wort und befehl, mit beiderseits freund-
schaft, gutem gewissen, auch ihrer beider verwilli-
gung, daß sie bis an ihr ende für und für in aller
gottseligkeit, zucht und gerechtigkeit beieinander-
wohnen und ihr leben in der allerhöchsten gemein-
schaft aller ding, in lieb und leid beschließen sollen,
kinder zu zeugen und dieselbigen Gott, seiner kir-
chen und gemeinem nutz recht aufzuziehen, unzucht
zu vermeiden und daß ihre eins sich dem andern als
ein gehülf, ihme von Gott gegeben, nicht allein zu
diesem, sonder auch zum ewigen leben erzeige und
beweise.
79 Ignatius, ep. ad Polycarpum 5; MPG 5, 724.
80 Justinus Martyr, Apol. 2, 2; MPG 6, 444.
81 Clemens Alex., Strom. 3, 8ff.; MPG 9, 1164ff.
82 Origenes, In Exodum hom. 11, 5; MPG 12, 378;
GCS 29, 257.
83 Origenes, Comm. in ep. ad Rom. 6, 7; MPL 14,
1069 f.
84 Origenes, Comm. in ep. ad Rom. 8, 10; MPL 14,
1189f.
85 Ambrosius, De virginibus 1, 6; MPL 16, 206f.
86 Martial ?
87 Origenes, Comm. in ep. ad Rom. 6, 7; MPL 14,
1069 f.
88 Ambrosius, Comm. in ep. 1 ad Tim. 3, 12f.; MPL
17, 470.
89 Epiphanius, Panarion, haeres. 48, 9, 6; MPG 41,
869; GCS 31,231.
90 Da der vierte Teil, der diese Abschnitte bringen
sollte, in der Ordnung fehlt (vgl. oben S. 179 Anm. 7),
sind die betr. Stücke erst in die Reformationsord-
Was aber für leut und personen, soviel die blut-
freundschaft und schwagerschaft betrifft, mit gu-
tem gewissen vor Gott und mit ehren der welt zur
ehe greifen und sich nemen mögen, darvon wird her-
nach meldung beschehen90.
Aber heimliche eheverbindung, so ohn wissen
und willen vornemlich der eltern, in welcher gewalt
die kinder noch seind, oder deren, so an der eltern
stadt sein, geschicht, können wir weder loben noch
billichen, weil es Gottes wort nicht gemeß, auch
solche ehe die keiserliche rechte nicht vor ehe er-
kennen91. Und weil sie mit bösen, unordentlichen
mitteln angefangen werden, sollen die practicirer
nach gelegenheit der missetat billich gestraft
werden von der obrigkeit und kirchen, wie auch
die, so vor dem kirchgang sich heimlich beschlaf-
fen92.
Welche personen auch in der ehe sich beieinander
nicht vertragen können oder wollen, sollen sich nicht
scheiden, noch gescheiden bleiben, es werde ihnen
denn erkent von ordentlichen richtern am hofgericht
und das andern zum exempel, damit man sehen
möge, ob sie zu ihrem vornemen rechtmeßige und
billiche ursachen haben oder nicht93.
Wenn nun94 zwei sich im Herrn Christo mit ehren
verehelichen und sich ehelich zusamen verpflichtet
haben, sollen sie beide mit ihren eltern oder sonst
guten freunden sich dem pfarherr oder kaplan anzei-
gen und ihre namen da zu erkennen geben, damit man
sich erkundigen möge, ob solche nach göttlichem95,
nung 1572 eingegangen.
91 Vgl. Corpus iuris civilis, Inst. 1, 10 prol.; ed. P.
Krueger l,15 1928, S. 4. Vgl. auch KO Calenberg-
Göttingen 1542, Sehling VI, 2, 805 Amn. 10.
92 Vgl. Reformationsordnung 1526 Abschn. 12 S. 40;
Kirchenzuchtordnung 1543 Abschn. 3, S. 151.
93 Seit dem Vertrag von Hitzkirchen (vgl. oben S. 8)
lag die Ehegerichtsbarkeit bei dem Hofgericht zu
Marburg. - Über die zulässigen Scheidungsgründe
vgl. KO Calenberg-Göttingen 1542; Sehling VI,
2, S. 806 Anm. 13.
94 Im folg. Abschn. liegen folg. Ordnungen zugrunde
(bzw. weisen parallele Traditionen auf): Branden-
burg-Nürnberger KO 1533 (vgl. Richter 1, 209f.);
Württemberger KO 1536 (vgl. Richter 1,270 f.);
Kasseler KO 1539 (vgl. oben S. 126); Kölnische Re-
formation 1543 (Bl. 118vff.). Zur Aufschlüsselung
im einzelnen vgl. H. Jahr 98ff.
95 Lev 18.
321
21 Sehling, Bd. VIII, Hessen I
heilig marterer Ignatius an die Philadelpker79, Iusti-
nus, uber die offenbarung Ioannis80 und Clemens, in
libris Stromatum81, Origenes, hom. 11 in Exodum82,
lib. 683 und 884 in Romanos, Ambrosius, lib. 1 de
virginibus85, Martialis, ad Tolesanos86, und viel an-
dere heilige vetter, die ohn not alhie alle zu erzelen.
Denn die lieben heiligen vetter wol verstanden,
daß keinem menschen seiner natur zu entgegen die
ewige gelübde der keuschheit aufzulegen, sonder
haben jederman frei gelassen, zur ehe zu greifen oder
nicht. Daher sie denn auch nicht improbiert haben
bei den christen die ander, dritte und mehr ehe, wie
das zu sehen in Origene, lib. 6 ad Rom. 87, in Am-
bros., epist. 1 ad Timoth.88, in Epiphanio, lib. 2
tom. I89.
Die ehe aber bei den christen ist ein rechtmeßige,
von Gott verordente zusamenfügung eines manns
und weibs, welche zusamen gegeben werden von Gott
nach seinem wort und befehl, mit beiderseits freund-
schaft, gutem gewissen, auch ihrer beider verwilli-
gung, daß sie bis an ihr ende für und für in aller
gottseligkeit, zucht und gerechtigkeit beieinander-
wohnen und ihr leben in der allerhöchsten gemein-
schaft aller ding, in lieb und leid beschließen sollen,
kinder zu zeugen und dieselbigen Gott, seiner kir-
chen und gemeinem nutz recht aufzuziehen, unzucht
zu vermeiden und daß ihre eins sich dem andern als
ein gehülf, ihme von Gott gegeben, nicht allein zu
diesem, sonder auch zum ewigen leben erzeige und
beweise.
79 Ignatius, ep. ad Polycarpum 5; MPG 5, 724.
80 Justinus Martyr, Apol. 2, 2; MPG 6, 444.
81 Clemens Alex., Strom. 3, 8ff.; MPG 9, 1164ff.
82 Origenes, In Exodum hom. 11, 5; MPG 12, 378;
GCS 29, 257.
83 Origenes, Comm. in ep. ad Rom. 6, 7; MPL 14,
1069 f.
84 Origenes, Comm. in ep. ad Rom. 8, 10; MPL 14,
1189f.
85 Ambrosius, De virginibus 1, 6; MPL 16, 206f.
86 Martial ?
87 Origenes, Comm. in ep. ad Rom. 6, 7; MPL 14,
1069 f.
88 Ambrosius, Comm. in ep. 1 ad Tim. 3, 12f.; MPL
17, 470.
89 Epiphanius, Panarion, haeres. 48, 9, 6; MPG 41,
869; GCS 31,231.
90 Da der vierte Teil, der diese Abschnitte bringen
sollte, in der Ordnung fehlt (vgl. oben S. 179 Anm. 7),
sind die betr. Stücke erst in die Reformationsord-
Was aber für leut und personen, soviel die blut-
freundschaft und schwagerschaft betrifft, mit gu-
tem gewissen vor Gott und mit ehren der welt zur
ehe greifen und sich nemen mögen, darvon wird her-
nach meldung beschehen90.
Aber heimliche eheverbindung, so ohn wissen
und willen vornemlich der eltern, in welcher gewalt
die kinder noch seind, oder deren, so an der eltern
stadt sein, geschicht, können wir weder loben noch
billichen, weil es Gottes wort nicht gemeß, auch
solche ehe die keiserliche rechte nicht vor ehe er-
kennen91. Und weil sie mit bösen, unordentlichen
mitteln angefangen werden, sollen die practicirer
nach gelegenheit der missetat billich gestraft
werden von der obrigkeit und kirchen, wie auch
die, so vor dem kirchgang sich heimlich beschlaf-
fen92.
Welche personen auch in der ehe sich beieinander
nicht vertragen können oder wollen, sollen sich nicht
scheiden, noch gescheiden bleiben, es werde ihnen
denn erkent von ordentlichen richtern am hofgericht
und das andern zum exempel, damit man sehen
möge, ob sie zu ihrem vornemen rechtmeßige und
billiche ursachen haben oder nicht93.
Wenn nun94 zwei sich im Herrn Christo mit ehren
verehelichen und sich ehelich zusamen verpflichtet
haben, sollen sie beide mit ihren eltern oder sonst
guten freunden sich dem pfarherr oder kaplan anzei-
gen und ihre namen da zu erkennen geben, damit man
sich erkundigen möge, ob solche nach göttlichem95,
nung 1572 eingegangen.
91 Vgl. Corpus iuris civilis, Inst. 1, 10 prol.; ed. P.
Krueger l,15 1928, S. 4. Vgl. auch KO Calenberg-
Göttingen 1542, Sehling VI, 2, 805 Amn. 10.
92 Vgl. Reformationsordnung 1526 Abschn. 12 S. 40;
Kirchenzuchtordnung 1543 Abschn. 3, S. 151.
93 Seit dem Vertrag von Hitzkirchen (vgl. oben S. 8)
lag die Ehegerichtsbarkeit bei dem Hofgericht zu
Marburg. - Über die zulässigen Scheidungsgründe
vgl. KO Calenberg-Göttingen 1542; Sehling VI,
2, S. 806 Anm. 13.
94 Im folg. Abschn. liegen folg. Ordnungen zugrunde
(bzw. weisen parallele Traditionen auf): Branden-
burg-Nürnberger KO 1533 (vgl. Richter 1, 209f.);
Württemberger KO 1536 (vgl. Richter 1,270 f.);
Kasseler KO 1539 (vgl. oben S. 126); Kölnische Re-
formation 1543 (Bl. 118vff.). Zur Aufschlüsselung
im einzelnen vgl. H. Jahr 98ff.
95 Lev 18.
321
21 Sehling, Bd. VIII, Hessen I