Kirchenordnung 1566
natürlichem und keiserlichen96 rechten ohn hinder-
nus mit guten gewissen und ehren ehelich beiein-
anderwonen können, auf daß nicht etwa aus unwis-
senheit und fahrlessigkeit zusamen kommen, die
man hernach mit schanden und ergernus wider von-
einander scheiden müsse. Derhalben soll auch der
pfarherr oder kaplan den breutigam und braut erst-
lich fleißig befragen, wenn sie sich anzeigen, wie sie
die ehe einander versprochen, obs auch geschehen
sei mit wissen und willen deren, in und under wel-
cher gewalt sie billich sein sollen, auch ob es sonst
aller ding ordentlich und christlich verhandelt sei.
Und wo hindernus96a der ehe oder sonst große un-
ordenung oder ergernus befunden, auch daß sie ohn
ergernus der gemein Gottes nicht zusamenkommen
möchten, sollen sie die diener der kirchen nicht ein-
segnen, noch in der kirchen zusamengeben, bis sol-
cher mangel und fehl durch die gebessert werde,
welchen solches von ampts wegen gebüret. So es
aber solche leut, die man kann zum einsegnen zu-
lassen, soll man sie auf einen oder mehr sontag nach
gelegenheit jeder kirchen und nach dem die person
bekant oder nicht sein nach der predig vor allem
volk von der kanzel ausruffen und offentlich der
kirchen verkündigen also:
Es wollen97 nach göttlicher ordenung greifen zum
stand der heiligen ehe N. und N., begeren zu solchem
ein gemein gebet, auf daß sie diesen christlichen
stand in Gottes namen anfahen und zur ehr Gottes
volenden mögen. Derhalben, weiß jemands darin zu
reden, der tue es beizeit oder schweige hernach still
und enthalt sich, zu verhinderung etwas darwider
vorzunehmen. Unser Herr Gott gebe seinen segen
dazu, Amen.
96 Vgl. Corpus iuris civilis, Institutiones 1, 10, 1-9; ed.
P. Krueger, l,15 1928, S. 4; vgl. auch Hannover-
sche KO 1536, Sehling VI, 2, 1012 Anm. 29.
96a Der Abschn. folgt der Kasseler KO 1539, S. 126,
und der Kölnischen Reformation 1543, Bl. 118v.
97 Der Abschn. folgt Luthers Traubüchlein 1529 (Bek.
Schrr. 530 ff.) und der Kölnischen Reformation 1543,
Bl. 118 v; vgl. auch W. Diehl, Gottesdienst 316 und
H. Jahr 100 Anm. 1.
98 Da der Abschn. sich nicht auf vorgegebenes Gut he-
zieht, ist im Drängen auf das Katechismusexamen
der Eheleute wahrscheinlich eigenes Gut der hessi-
schen Tradition zu finden.
Es soll aber der pfarherr oder kaplan die neuen
eheleut, so zur ehe greifen, ehe denn er sie einseg-
net, für sich fordern und von ihnen rechenschaft
ihres glaubens und der lehr des catechismi begeren98.
Denn weil sie haushalten sollen, kinder und gesinde
bekommen, ist von nöten und nütz, daß sie sich und
dieselbigen wissen in bekantnus christlicher lehr und
religion recht zu underrichten und aufzuziehen, wie
denn das erfordert der apostel Paulus von den eltern,
Ephes. 6 [4]: Ihr eltern, ziehet euer kinder auf in
der zucht und vermanung zu dem Herrn.
Wenn99 nun der bestimpte tag der hochzeit ver-
handen, soll man alle, die zur ehe greifen, es seien
jungfrauen oder witwen, zuvor in der kirchen ihre
ehe bestetigen und heiligen lassen, dahin sie sich
auch mit christlicher zucht und meßigkeit, als die
sich im Herren Christo und mit ehren vereheliget,
verfügen sollen, wie denn dieses der brauch je und
alwege der kirchen Christi gewesen von der apostel
zeit her.
Denn daß die diener der kirchen die neuen ehe-
leut zusamengegeben und ihre ehe bestetiget haben,
aueh ihnen von Gott alles guts gebeten und ge-
wiinscht im namen Christi in versamlung der gan-
zen kirchen, bezeugt Tertull., lib. 2 ad uxorem1,
Nicephorus, lib. 14 cap. 55 2, Ambros., in institut.
virginis cap. 17 3, item Ub. 9 epistola 70 4.
Daß sie auch hochzeit gehalten und darauf christ-
liche und ehrliche menner und weiber, auch jung-
frauen gebeten, darzu sich auch ehrlich bekleidt und
geschmückt, auch zimlich seitenspiel gebraucht
haben, bezeugt Chrysostomus in cap. 4 ad Colos.5,
item hom. 42 in Acta Apostolorum6, wie auch dar-
gegen Chrysostomus, vornemlich in 1. Cor. 47, mit
99 Der Abschn. folgt der Kasseler KO 1539, S. 126, und
der Kölnischen Reformation 1543, Bl. 118v.
1 Tertullian, Ad uxorem 2, 8, 6; MPL 1, 1302; CSEL
70, 123; CCL, 1, 393.
2 Nicephorus, Eccl. Hist. 14, 55; MPL 146, 1262.
3 Ambrosius, De institutione virginis 17; MPL 16,
345 f.
4 Ambrosius, ep. 19, 7; MPL 16, 984f.
5 Chrysostomus, In ep. ad Col. 4 hom. 10, 5; MPG
62, 372f.
6 Chrysostomus, In Acta Apost. hom. 42, 3; MPG 60,
300 f.
7 Chrysostomus, In ep. 1 ad Cor. 4, 3f.; hom. 11, 4;
MPG 61, 92.
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natürlichem und keiserlichen96 rechten ohn hinder-
nus mit guten gewissen und ehren ehelich beiein-
anderwonen können, auf daß nicht etwa aus unwis-
senheit und fahrlessigkeit zusamen kommen, die
man hernach mit schanden und ergernus wider von-
einander scheiden müsse. Derhalben soll auch der
pfarherr oder kaplan den breutigam und braut erst-
lich fleißig befragen, wenn sie sich anzeigen, wie sie
die ehe einander versprochen, obs auch geschehen
sei mit wissen und willen deren, in und under wel-
cher gewalt sie billich sein sollen, auch ob es sonst
aller ding ordentlich und christlich verhandelt sei.
Und wo hindernus96a der ehe oder sonst große un-
ordenung oder ergernus befunden, auch daß sie ohn
ergernus der gemein Gottes nicht zusamenkommen
möchten, sollen sie die diener der kirchen nicht ein-
segnen, noch in der kirchen zusamengeben, bis sol-
cher mangel und fehl durch die gebessert werde,
welchen solches von ampts wegen gebüret. So es
aber solche leut, die man kann zum einsegnen zu-
lassen, soll man sie auf einen oder mehr sontag nach
gelegenheit jeder kirchen und nach dem die person
bekant oder nicht sein nach der predig vor allem
volk von der kanzel ausruffen und offentlich der
kirchen verkündigen also:
Es wollen97 nach göttlicher ordenung greifen zum
stand der heiligen ehe N. und N., begeren zu solchem
ein gemein gebet, auf daß sie diesen christlichen
stand in Gottes namen anfahen und zur ehr Gottes
volenden mögen. Derhalben, weiß jemands darin zu
reden, der tue es beizeit oder schweige hernach still
und enthalt sich, zu verhinderung etwas darwider
vorzunehmen. Unser Herr Gott gebe seinen segen
dazu, Amen.
96 Vgl. Corpus iuris civilis, Institutiones 1, 10, 1-9; ed.
P. Krueger, l,15 1928, S. 4; vgl. auch Hannover-
sche KO 1536, Sehling VI, 2, 1012 Anm. 29.
96a Der Abschn. folgt der Kasseler KO 1539, S. 126,
und der Kölnischen Reformation 1543, Bl. 118v.
97 Der Abschn. folgt Luthers Traubüchlein 1529 (Bek.
Schrr. 530 ff.) und der Kölnischen Reformation 1543,
Bl. 118 v; vgl. auch W. Diehl, Gottesdienst 316 und
H. Jahr 100 Anm. 1.
98 Da der Abschn. sich nicht auf vorgegebenes Gut he-
zieht, ist im Drängen auf das Katechismusexamen
der Eheleute wahrscheinlich eigenes Gut der hessi-
schen Tradition zu finden.
Es soll aber der pfarherr oder kaplan die neuen
eheleut, so zur ehe greifen, ehe denn er sie einseg-
net, für sich fordern und von ihnen rechenschaft
ihres glaubens und der lehr des catechismi begeren98.
Denn weil sie haushalten sollen, kinder und gesinde
bekommen, ist von nöten und nütz, daß sie sich und
dieselbigen wissen in bekantnus christlicher lehr und
religion recht zu underrichten und aufzuziehen, wie
denn das erfordert der apostel Paulus von den eltern,
Ephes. 6 [4]: Ihr eltern, ziehet euer kinder auf in
der zucht und vermanung zu dem Herrn.
Wenn99 nun der bestimpte tag der hochzeit ver-
handen, soll man alle, die zur ehe greifen, es seien
jungfrauen oder witwen, zuvor in der kirchen ihre
ehe bestetigen und heiligen lassen, dahin sie sich
auch mit christlicher zucht und meßigkeit, als die
sich im Herren Christo und mit ehren vereheliget,
verfügen sollen, wie denn dieses der brauch je und
alwege der kirchen Christi gewesen von der apostel
zeit her.
Denn daß die diener der kirchen die neuen ehe-
leut zusamengegeben und ihre ehe bestetiget haben,
aueh ihnen von Gott alles guts gebeten und ge-
wiinscht im namen Christi in versamlung der gan-
zen kirchen, bezeugt Tertull., lib. 2 ad uxorem1,
Nicephorus, lib. 14 cap. 55 2, Ambros., in institut.
virginis cap. 17 3, item Ub. 9 epistola 70 4.
Daß sie auch hochzeit gehalten und darauf christ-
liche und ehrliche menner und weiber, auch jung-
frauen gebeten, darzu sich auch ehrlich bekleidt und
geschmückt, auch zimlich seitenspiel gebraucht
haben, bezeugt Chrysostomus in cap. 4 ad Colos.5,
item hom. 42 in Acta Apostolorum6, wie auch dar-
gegen Chrysostomus, vornemlich in 1. Cor. 47, mit
99 Der Abschn. folgt der Kasseler KO 1539, S. 126, und
der Kölnischen Reformation 1543, Bl. 118v.
1 Tertullian, Ad uxorem 2, 8, 6; MPL 1, 1302; CSEL
70, 123; CCL, 1, 393.
2 Nicephorus, Eccl. Hist. 14, 55; MPL 146, 1262.
3 Ambrosius, De institutione virginis 17; MPL 16,
345 f.
4 Ambrosius, ep. 19, 7; MPL 16, 984f.
5 Chrysostomus, In ep. ad Col. 4 hom. 10, 5; MPG
62, 372f.
6 Chrysostomus, In Acta Apost. hom. 42, 3; MPG 60,
300 f.
7 Chrysostomus, In ep. 1 ad Cor. 4, 3f.; hom. 11, 4;
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