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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0348
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Kirchenordnung 1566

ist Gott solchs noch nicht gnugsam, daß er damit
seine güte gegen dir beweise, sondern, weil du deine
sünde erkennest und itz ein böses gewissen hast, will
dir Gott aus demselben auch helfen, daß dir doch
endlich gar geholfen werde, und hat mich, seinen
kirchendiener, zu dir verordnet, daß du durch mich
underrichtet werdest, wie du wider die sünde und
dein böses gewissen dich aufhalten und weren solt.
So denke nun, daß du diesen underricht mit dank-
sagung gegen Gott in rechtem glauben annemest,
auf daß du wissest, worauf dein trost und seligkeit
beruhen soll.
Du bekennest ja, daß du ein sünder bist, so höre
itz und lerne, was Gott mit den sündern tun wölle.
Du denkst und alle menschen, Gott sei eben des sin-
nes wie die menschen. Wer ihnen guts tut, der ge-
neust es; wer ihnen leids tut, der entgilt es, wie denn
du umb deiner mißhandlung willen itz daligst und
den tod leiden mußt. Hettest du nicht gemordet,
würde dir der kopf nicht abgehauen, hettest du nicht
gestolen, so würdestu nicht gehenkt werden. Das ist
der welt urteil, will und meinung; aber Gott solt
du anders lernen erkennen. War ists, wer christlich
und nach Gottes willen und befehl lebt, der soll es
genießen, wer aber solchs nicht getan hat, soll dar-
umb dennoch nicht verzagen. Denn Gott hat nicht
lust an der sünder tod, er will sünde vergeben und
ewig selig machen. Darumb hat er seinen einigen
Sohn Jesum Christum mensch werden und sterben
lassen, auf daß er für uns leide und wir durch sein
leiden und sterben vergebung der sünde und ewiges
leben hetten.
So dich nun dein mißhandelung anfichtet und dein
gewissen bekümmert ist, sihe hieher, was Christus
für dich getan hat. Denn also heißt der spruch [Joh
1, 29]: Christus ist das lemlein Gottes, welchs der
welt sünde tregt. Bistu ein mensch, so bistu ja auch
ein stück der welt, bistu denn ein stück der welt,
wo hat Gott deine sünde hingelegt ? Für der welt
ligen sie auf dir, darurnb mußtu sterben, das ist
der welt urteil. Was ist aber Gottes urteil ? Nemlich
daß Jesus Christus deine sünde von dir genommen
und auf sich geladen, dieselbigen getragen und da-
für bezalet hab, auf daß du für Gottes urteil, so du
dich solchs leidens Christi annimst, von sünden frei
und ein kind Gottes in ewigkeit bleiben mögst.

Denn also spricht Christus selbst Joan. am 3. [16]:
Gott hat die welt also gehebt, daß er seinen einigen
Sohn hat hingeben, auf daß alle, die an ihn glau-
ben, nicht verloren werden, sonder das ewig leben
haben. Hie hörstu, wo Christus nicht were gestor-
ben, müßten wir alle der sünden halben verloren
sein. Nun aber Christus gestorben ist, sollen wir alle,
ich als wol als du, du als wol als ich, an Christum
glauben, das ist, sein leiden dermaßen annemen, daß
es umb unsertwillen und uns zugut geschehen und
wir dadurch von sünd und tod erlöset sein, so sol-
len wir nicht verloren werden, sonder das ewig leben
haben.
Hie lerne wiederumb, daß du solcher woltat Chri-
sti dir wol einildest. Der welt wirst du durch dei-
nen tod gnug tun, darumb daß du wider die oberg-
keit und deinen nechsten gesündiget hast, Gott aber
wirst du durch deinen tod nicht genug tun. Christus
aber hat dafür genug getan, desselbigen solt du dich
annemen, dein gewissen damit trösten und frölich
auf solchen trost sterben, weil Christus für dich ge-
storben ist, auf daß du also ganz gerecht werdest.
Für der welt bistu gerecht, denn was du verdienet
hast, das widerferet dir und du leidest darumb; für
Gott bistu auch gerecht, denn Christus ist für dich
und umb deiner sünde willen gestorben und hat für
dich gelitten. An solchen tod Christi soltu mehr denn
an deinen eigen tod gedenken; denn der tod Christi
hilft dir zum ewigen leben, dein eigner tod beraubet
dich nur dieses zeitlichen lebens.
Was kann dich denn weiter bekümmern, weil du
hörest, Gott will umb Christus willen dir gnedig sein,
weil Christus deine sünde auf sich genommen, die-
selbige getragen und dafür seinem vatter hat genug
getan.
Man mag hie noch einen spruch oder zwen nemen,
dem armen zu trost, als das Christus spricht: Wer
an mich glaubt, ob er schon stirbt, soll er doch leben
[Joh 11, 25]; item: Christus ist nicht gestorben allein
für unsere sünde, sondern für der ganzen welt sünde,
I. Joan. 2 [2]; item: Kompt zu mir alle, die ihr müh-
selig und beladen seid, ich will euch erquicken.
Nemet auf euch mein joch und lernet von mir, denn
ich bin sanftmütig und von herzen demütig, so wer-
det ihr ruhe finden für euer seelen, etc. Matth. am
II. [28ff]. Bei solchen und dergleichen wenig sprü-

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