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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0354
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[19.] Fürstliche ordnunge
von [ ] | der kyrchenn dieners vnd | Gotts kastenn
o. J.1

[1] Die visitatores sollen mit pharherren, kasten,
schülern, stipendien und andern stücken ihres be-
fels gepern in den verphenten steden und flecken wie
die andern, so [sei]2 nimand verphant sein. Ob-
gemelte stücke halber, so es die not fordert, sal man
bi dem stathalter hülfe süchen.
[2] Wilche armen nach frunde haben, sollen von
ihren frunden erhalten werden und die kirchen un-
beschwert lassen.
[3] Wilche nach dem tode der armen ihr nachlaß,
es sei ein bettlein etc., erben wollen, sollen auch die
armen am leben versorgen zimlicher weise und maß;
off wie sie sülches nicht gesinnet, so sal die kaste
die armen versorgen und den erbfall zhin, damit die
gemeine unbeschwert bhve.
[4] Das gelt, das die stede edder dorfer us dem
kasten genomen haben widder furstlichen befelh,
sollen sie widdergeben odder verzinsen.
[5] Es ist nutzer, daß man die armen zusamen in
den spital verschaffe und ihnen daselbs wochenlich
gebe, dan daß man es sust widder spital gewonheit
jungen, gesunden, die wol arbeiten kiinden, mitteile
und faule betler mache.
[6] Das wachs, das die zunfte vor kerzen geben,
sollen sie nu forter in kasten folgen lassen und den
armen ihr hantwerk helfen anfangen nht den al-
mosen.
[7] So sich die predicanten nicht al stille halten
wolten mit dem sacrament und irrunge, sollen sie
dem stadhalter und reten angezeuget werden, die
sollen weiter mit ihn handelen.
[8] So sich etzhche selbs würden indringen mit
mort, off mit bosen taten beruchtiget, sol man nicht
hden, doch wither rechter erfarunge.
[9] So etzliche pastores erlich besoldet und andere
uffstellen, die den solt verdienen, und sie früelich

1 Abschrift: StAMarburg, 115 Waldecker Ältere Kanz-
leien 7 Nr. 1.
Druckvorlage: Abschrift.
Bibliographie: Maurer, Kastenordnungen 1 ff. Zu
Fragen der Einleitung vgl. S. 17 f.

ermanet sein und nicht abverschaffet wirt, sol man
dem stadhalter und reten an[zeugen und sie] sollen
behulfig sein.
[10] Wer etwas, den pharhern zustendich, zu sich
gerissen hait, sal das alles widdergeben.
[11] Pharguter off kastenguter sollen nach altem
gebrauch verlenth werden, auf daß sie nicht die
bauren zu sich reißen und die pharhern umb das
eigentumb brengen.
[12] Deweil den pharherren die accidentalia ab-
gehen, sollen sie macht haben, ihre guter uffs nutz-
licheste fur sich selbst gebrauchen und genißen, zu
sich nemen und arbeiten lassen, damit sie bleiben
mugen und weiter keine beschwerunge vornemen,
doch daß die besserunge abgeleget werde nach ge-
nochsamer bewisunge.
[13] Man sal kein gelt aus dem kasten nemen und
in den gemeinen nutz wenden als zuvor steüre,
schatzunge, herzogen.
[14] Man sal auch umb keine guter off zinse rech-
ten, die man von alters her den pharheren off kasten
gegeben hait und in alten registern sint off siegeln
off brieven.
[15] Die kastenmeistere sollen nicht abgesatzt wer-
den, sie haben zuvorn alle schült ingemant und be-
zalt, und wo sie seumich in der inmanunge weren
und verstorben, so sal mans von ihren gutern nemen
und den kasten bezalen.
[16] Die pharherrn und predicanten sollen ein
fleißige vermanunge tun zum volke, den armen
zu steure in den kasten zu geben und nach
ihrem tode ihr testament in den kasten zu ma-
chen nach inhalt der heiligen schrift bei verlust
der phar.
[17] Wen man an der kirchen, pharheusern zu
bauen hat, sollen die gemein die fohr tun, auch die
Die Ordnung ist gering beschädigt; die meisten der
beschädigten Stellen (in [ ] wiedergegeben) lassen
sich rekonstruieren.
2 delendum ? oder zu lesen: sie ?

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