Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0370
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0, 5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abschied, 1571

[22.] Abschied
der dritten Generalsynode zu Marburg
15711

Nachdem die durchleuchtige hochgeborne fürsten
und herrn, Herr Willielm, Herr Ludwig, Herr Philips
und Herr Georg, gebruder Landgraven zu Hessen,
Graven zu Catzenelnbogen, Dietz, Zigenhain und
Nidda etc., unsere gnedige fursten und herren, itz-
und anhero gen Marpurgk ihre furstlichen gnaden
superintendenten, pfarherrn und theologen gnedig
beschrieben und erfordert2, weiland des auch durch-
leuchtigen hochgepornen fursten und herrn, Herrn
Philipsen, Landgraven zu Hessen, Graven zu
Catzenelnbogen etc., ihrer furstlichen gnaden ge-
liebten Herrn Vatters hochloblicher gedechtnus,
auch ihrer f.g. selbst gnediger christlicher ganz wol
gemeinter verordnung nach den jarhchen allgemei-
nen synodum zu halten3, auch denselben ihrer
furstl. g. stadthalter und rete beigeordnet4, so haben
sie allerseits im namen Gottes des allmechtigen an-
gefangen von denen sachen, so zuvorderst Gott dem
allmechtigen zu lob und ehren, ausbraitung und
pflanzung seines allein seligmachenden worts, auch
uferbauung und erhaltung christlicher zucht und er-
barkeit gereichen und immer dienstlich und erspriß-
lich sein mögen, darnechst aber von den mengeln
und geprechen, welche sowohl insgemein als under

1 Handschriftliche Originale: StA Darmstadt, V A 1
Konv. 3 Fasc. 3; StA Marburg, 22 a 8 Nr. 15.
Druckvorlage: Original Darmstadt.
Bibliographie: Heppe, Generalsynoden I, 65ff.;
Heppe, Kirchengeschichte I, 357f.
Weitere Akten zur Synode: StA Marburg, 22 a 1, 13;
StA Darmstadt, V A 1 Konv. 3 Fasc. 3 und Konv. 4
Fasc. 1.
Zu Fragen der Einleitung und der Bedeutung der
Synode vgl. S. 343f. und S. 408 Anm. 1.
2 Die Synode sollte zunächst, entsprechend dem Erb-
vertrag, der eine jährliche Synode vorsieht, bereits
1570 stattfinden. Da jedoch die heiden Landgrafen
Wilhelm und Ludwig keinen gemeinsamen Termin
finden konnten, wurde schließlich die Synode von
Landgraf Wilhelm am 14. Juni 1571 für den 9. Juli
nach Marburg ausgeschrieben; vgl. die Aktenstücke:
StA Darrnstadt, V a 1 Konv. 3 Fasc. 3; hier auch
die Schreiben Ludwigs an Landgraf Pliilipp den
Jüngeren und Landgraf Georg, vom 17. Juni 1571
und an seine beiden Superintendenten Johannes

eines iden superintendentis inspection insonderheit
sich seit dem nechsten zu Cassel gehaltenem synodo
zugetragen und ereugt haben, miteinander freund-
hchen und christlichen zu conversiren und zu dehbe-
riren, darnechst darunter sich miteinander vergli-
chen, tractiret und verhandelt, wie underschied-
hchen hernach volget.
[1] Erstlichen, als hochgedachte unsere gnedige
fursten und herren sie die superintendenten ganz
gnedig und mit ernst erinnern und vermanen las-
sen5, daß sie in ihrem ampt und beruff vornembli-
chen dahin sehen und trachten solten, daß man
allerseits bei der reinen lehr des heiligen evangelii,
den prophetischen und apostolischen schriften und
der Augspurgischen Confession, auch dero eintracht,
so bis anhero in ihrer f. g. furstentumben, grave- und
herschaften under den praedicanten gewesen, ver-
harren, auch mit vleiß daruf sehen solten, daß sich
niemands in das itzige streiten, disputiren und ge-
zenk, so bei etzlichen streitigen theologen mehr zu
verwüstung als erbauung der kirchen erregt worden,
menge, sondern das volk von denselbigen und allen
articuln unserer wahren christlichen religion mit
hindansetzung aller unnotigen, undiensthchen spitz-
Pistorius und Caspar Tholde vom 18. Juni 1571. Die
Synode war am 17. Juli beendet.
3 Vgl. die Bestimmungen des Testaments Philipps
und der Erbeinigung der vier Brüder S. 343.
4 Die anwesenden Superintendenten und fürstlichen
Räte vgl. S. 362 f. Unter den Darmstädter Akten
zur Synode 1571 befinden sich die Instruktion Lud-
wigs für seine Räte und die gemeinsame Instruktion
Wilhelms und Ludwigs für ihre Räte und Superin-
tendenten Burkhardt von Cramm, Ludwig Feige, Jo-
hann Heinzenberger, Theophilus Lonicerus und
Bartholomaeus Meier. Diese gemeinsame Instruktion
der beiden Landgrafen ist die hauptsächlichste
Quelle des Abschiedes, vgl. u. a. Amn. 5. 8. 13. 18. 22.
25. 27.
5 Der erste Abschnitt dieses ersten Verhandlungspunk-
tes ist fast wörtlich der gemeinsamen landgräflichen
Instruktion entnommen (vgl. Anm. 4). Mit geringen
Änderungen ist dieser Beschluß dann in die Refor-
mationsordnung 1572 eingegangen; vgl. S. 395.

354
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften