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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0373
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Abschied 1571

worden sein, dan sie sich je selbst so wohl zu der-
selbigen Confession als auch zuvorderst den prophe-
tischen, evangelischen und apostolischen schriften
und den dreien symbolis bekenten und nicht allein
von jugent auf also gelernet, sondern auch alhier in
dieser schuel leren, profitiren, ausbraiten und er-
halten helfen, weren auch hinfurter nicht weniger
darbei zu verharren und zu pleiben entlichen be-
dacht und entschlossen, da sie auch von einem oder
dem andern aus ihrem mittel oder den studiosis, so
demselben zujegen was furnehmen möchten, glaub-
lichen berichtet, wolten sie sich jegen dieselbigen
also und dermaßen mit ernst erweisen, daß ihre
f. g. und die herrn superintendentes im werk spuren
und befinden solten, daß ihnen darin gar kein ge-
fallen geschehe.
Was die lectiones publicas und exercitia publica
et privata anlangt, wurden dieselbigen mit vleiß ge-
halten, wußten sich auch nicht zu entsinnen, daß die
furstliche ordnung in einem oder dem andern solte
uberschritten und darjegen etwas gehandlet oder
vorgenommen werden, wolten auch allen vleiß vor-
wenden, daß derselben, hinfurter nicht weniger als
von anfangs beschehen, treulichen nachgesetzt und,
da je bei einem oder dem andern einiger fehl er-
scheinen, daß derselbig ganz treulichen solte gebes-
sert, auch demjenigen, so ihnen von hochgedachter
unserer g.f. und herrn wegen diesmals vorgehalten,
gehorsamblichen volge beschehen.
Darnechst seind auch insonderhait M. Henricus
Orthius und Justus Vulteius der disputation halber,
so sich onlengst zwuschen ihnen beiden der Augs-
purgischen Confession halber zugetragen haben
soll, jegeneinander notturftig gehoret und letzlich
nach hin und wider gepflogener handlung auch ge-
dachts Vulteii beschehener erklerung guetlich ver-
glichen, wie ein ider superintendens darvon und sein
des Vulteii getaner bekantnus und erklerung, unsere
g. f. und herren aus gehaltenem protocol17 wird umb-
stendiglichen zu berichten wissen.
[5] Was nun zum funften die disciplinam ecclesia-
17 Vgl. das Protokoll der Synode: StA Darmstadt, V
A 1 Konv. 4 Fasc. 1.
18 Der ganze fünfte Verhandlungspunkt stammt fast
wörtlich aus der gemeinsamen Instruktion der beiden
Landgrafen. Die Formulierungen gehen zum Teil auch
in die Reformationsordnung 1572 über, vgl. S. 395 f.

sticam18 anlangt, sollen und wollen vermög unserer
gnedigen fursten und herren, auch ihrer f.g. herrn
vatters hochloblicher christlicher gedechtnus be-
schehener gnedigen verordnung und erklerung, die
superintendenten ein ider auf die praedicanten seines
bezirks mit vleiß sehen, daß dieselbige in reiner, ge-
sunder, christlicher lehre verharren, auch einen
christlichen, erbarn und aufrichtigen wandel fuhren
und ihr leben der lehr gemeß sei, darmit sie nicht mit
bosem leben dasjenige wider zerstoren, was sie mit
gueter lehr erbauet haben. Darumb auch hinkunftig
von einem iden superintendenten in seinem bezirk
die speciales synodi vleißig gehalten und nicht
mehr, wie ein zeitlang an etzlichen orten besche-
hen19, underlassen werden. Darzu so wohl der vom
adel als auch alle und idere andere praedicanten in
eines idern bezirk gesessen, keinen ausgescheiden,
gefordert werden sollen.
Da dann vor oder in solchen synodis einer oder
der ander vermanet und solche vermanung bei dem-
oder denselben nicht frucht schaffen noch helfen
wolte, so soll ein ider superintendens denselben an
ihren jahrbesoldungen etwas, es sei an frucht oder
gelt, nach gelegenheit der uberfahrung abziehen und
es armen leuten austeilen lassen, auch entlichen, wo-
fern dieselbige straff nit helfen wolte, einen solchen
incorrigibilem entweder ad tempus suspendiren oder
aber auch nach gelegenheit ab officio ganz remo-
viren.
Was aber graviora delicta betrifft, die sollen alweg
mit wissen unserer gnedigen f. und herrn ides orts
gestraft werden und sonderlich, da ein praedicant
ein sollich laster begangen, daß ein leibstraff uf ihme
hette, also daß einer uf wahrer tat eines mords, tot-
schlags oder ehebruchs und dergleichen begriffen
wurde, so sollen die beampten eines idern orts nach
einem solchen kundlichen und wissentlichen miß-
teter zu greifen macht haben, ihnen in seines lands-
fursten verwarung zu pringen, die sachen an ihre
f.g. gelangen zu lassen und daruber bevelchs und
bescheids zu gewarten30.
19 Vgl. dazu etwa den Bericht des Pistorius auf der
zweiten Generalsynode 1569, bei Heppe, General-
synoden I, 59.
20 Vgl. dazu auch die Bestimmung der Kirchenordnung
1537, Abschn. 6, S. 96, und der Kirchenordnung
1566, S. 212.

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