Reformationsordnung 1572
stehn noch zur besserung sich begeben würde, daß
er zum heiligen nachtmal des Herrn, auch gevatter-
schaften und andern christlichen caeremonien und
werken nicht gelassen, darzu, so er übereilet und in
solchem sündlichen und ergerlichen wesen aus die-
sem zeitlichen leben abgefordert würde, nicht
christlich noch wie andere bußfertige fromme chri-
sten zur erden bestattet werden solte.
Und ob diese zum ersten, andern und dritten mal
geschene verwarnung ohne frucht abgienge, sollen
die praedicanten, senioren und kirchenvorsteher un-
sern beampten, denen wir auch, vor sich selbst hier-
auf fleißige achtung zu geben, hiermit auferlegen
und befehlen, ein solche verderbte und ergerliche
person anzeigen, die erstmals ein zimbliche geld-
straf nach gelegenheit von derselben einfordern, zum
andern mal sie mit dem turn, auch wasser und brot
ein zeitlang strafen, endlich aber, da solchs alles
nicht helfen will, der statt, ampts, oder lands, nach
gelegenheit der überfahrung auf ein gewisse zeit ver-
weisen sollen.
[9] Von heimlichen verlöbnussen und
fleischlichen vermischungen
Nachdem auch die heimliche verlöbnusse und
fleischliche vermischungen weit inreißen und über-
hand nemen, daß es schier vom jungen volk darfür
geachtet werden will, wann nur eins von dem andern
ein heimliche zusag und verwehnung der ehe halber
erlangt, oder sich miteinander fleischlich vermi-
schen, daß daraus ein eheliche verbindung ervolgen
müsse, solchs aber nicht allein dem von Gott, dem
ahmechtigen, eingesatzten und gesegneten ehestand
zu sondern unehren, darzu den eltern zu abbruch
ihres väterlichen und gebührenden gehorsams, dem
vierten gebot Gottes zuwider gereicht, sondern auch
durch solche vielfaltige schande und üppigkeiten
der zorn Gottes gehauft und gemehrt wird, damit
dann dieser leichtfertigkeit mit ernst begegnet, auch
das gemein volk obermelts ihres hierunter gefaßten
wahns und unverstands offentlichen berichtet
werde, und so viel mehr ursach haben mög, sich vor
solchen Gott dem Herrn mißfelligen und zum höch-
sten strafbaren hendeln zu hüten:
22 Vgl. auch Kirchenordnung 1566, S. 321.
So setzen, ordnen und wöllen wir22, daß hinfüro in
unsern fürstentumben, graveschaften, landen und
gebiet menniglichen, was stands ein jeder sei, der
heimlichen eheverlobnussen und vielmehr der un-
ördentlichen Gott dem Herrn zum höchsten miß-
felligen fleischlichen vermischungen sich genzlichen
bei ungnediger ernster straf, die nit allein den per-
sonen, so sich heimlich verloben und zur ungebühr
vermischen, sondern auch allen denen, die darbei
sein oder sonstet in einichen wege darzu hülf, rat
und fürschub geben, unnachleßlich widerfahren soll,
eüßer und enthalte und die ehe anders nicht dann
nach Gottes ordnung in seinem namen mit wolbe-
dachtem mut, herzen und sinn und seiner elteren
oder, in mangel derselben, derjenigen, so an stadt
der eltern sein, als vormünder und anderer nechst-
gesiebter und angewandter freünde, rat und vor-
wissen christlich und erbarlich anfahe23. Deshalben
dann nicht allein die predicanten jederzeit und vor-
nemblich auf die sontäg das junge volk treülich er-
innern und vermahnen, sondern auch die eltern und
hausherrn selbst ihre kinder und gesinde insonder-
heit hierinnen underrichten und verwarnen, auch
fleißig mit zusehen und die ihren in acht nehmen
sollen, daß sie in solche und dergleichen schand und
laster nicht geraten, noch auf ein solche unchristliche
unartige und verbotene weis, die ehe anzufangen,
sich undernehmen.
Und im fall gleich die personen, so diesem unserm
ernsten verbot zuwider mit heimlichen verlübden
oder in andere verbotene unzimbliche wege angefan-
gen hetten, dieselbige vor sich selbst oder auch mit
bewilligung ihrer eltern und freünde zu volnziehen
geneigt weren, so sollen doch die praedicanten solche
personen vor sich selbst nicht aufkündigen, viel
weniger vor der christlichen gemein insegnen, son-
dern die sachen zuvorderst, wie sich die angefangen,
verlaufen und zugetragen haben, in schriften umb-
stendlich in unsere canzlei gelangen lassen, daselbst-
her so wol den praedicanten des aufkündigens und
insegnens, als sonstet der straf halber jegen solchen
personen gebührlicher bescheid ervolgen soll.
Wiewol auch alle felle, die sich in ehesachen zu-
tragen können, diesmals zu decidiren fast unmüg-
23 Zur Einwilligung der Eltern vgl. auch Corpus iuris
civilis, Inst. 1, 10 und Pandect. 23, 1 f.
stehn noch zur besserung sich begeben würde, daß
er zum heiligen nachtmal des Herrn, auch gevatter-
schaften und andern christlichen caeremonien und
werken nicht gelassen, darzu, so er übereilet und in
solchem sündlichen und ergerlichen wesen aus die-
sem zeitlichen leben abgefordert würde, nicht
christlich noch wie andere bußfertige fromme chri-
sten zur erden bestattet werden solte.
Und ob diese zum ersten, andern und dritten mal
geschene verwarnung ohne frucht abgienge, sollen
die praedicanten, senioren und kirchenvorsteher un-
sern beampten, denen wir auch, vor sich selbst hier-
auf fleißige achtung zu geben, hiermit auferlegen
und befehlen, ein solche verderbte und ergerliche
person anzeigen, die erstmals ein zimbliche geld-
straf nach gelegenheit von derselben einfordern, zum
andern mal sie mit dem turn, auch wasser und brot
ein zeitlang strafen, endlich aber, da solchs alles
nicht helfen will, der statt, ampts, oder lands, nach
gelegenheit der überfahrung auf ein gewisse zeit ver-
weisen sollen.
[9] Von heimlichen verlöbnussen und
fleischlichen vermischungen
Nachdem auch die heimliche verlöbnusse und
fleischliche vermischungen weit inreißen und über-
hand nemen, daß es schier vom jungen volk darfür
geachtet werden will, wann nur eins von dem andern
ein heimliche zusag und verwehnung der ehe halber
erlangt, oder sich miteinander fleischlich vermi-
schen, daß daraus ein eheliche verbindung ervolgen
müsse, solchs aber nicht allein dem von Gott, dem
ahmechtigen, eingesatzten und gesegneten ehestand
zu sondern unehren, darzu den eltern zu abbruch
ihres väterlichen und gebührenden gehorsams, dem
vierten gebot Gottes zuwider gereicht, sondern auch
durch solche vielfaltige schande und üppigkeiten
der zorn Gottes gehauft und gemehrt wird, damit
dann dieser leichtfertigkeit mit ernst begegnet, auch
das gemein volk obermelts ihres hierunter gefaßten
wahns und unverstands offentlichen berichtet
werde, und so viel mehr ursach haben mög, sich vor
solchen Gott dem Herrn mißfelligen und zum höch-
sten strafbaren hendeln zu hüten:
22 Vgl. auch Kirchenordnung 1566, S. 321.
So setzen, ordnen und wöllen wir22, daß hinfüro in
unsern fürstentumben, graveschaften, landen und
gebiet menniglichen, was stands ein jeder sei, der
heimlichen eheverlobnussen und vielmehr der un-
ördentlichen Gott dem Herrn zum höchsten miß-
felligen fleischlichen vermischungen sich genzlichen
bei ungnediger ernster straf, die nit allein den per-
sonen, so sich heimlich verloben und zur ungebühr
vermischen, sondern auch allen denen, die darbei
sein oder sonstet in einichen wege darzu hülf, rat
und fürschub geben, unnachleßlich widerfahren soll,
eüßer und enthalte und die ehe anders nicht dann
nach Gottes ordnung in seinem namen mit wolbe-
dachtem mut, herzen und sinn und seiner elteren
oder, in mangel derselben, derjenigen, so an stadt
der eltern sein, als vormünder und anderer nechst-
gesiebter und angewandter freünde, rat und vor-
wissen christlich und erbarlich anfahe23. Deshalben
dann nicht allein die predicanten jederzeit und vor-
nemblich auf die sontäg das junge volk treülich er-
innern und vermahnen, sondern auch die eltern und
hausherrn selbst ihre kinder und gesinde insonder-
heit hierinnen underrichten und verwarnen, auch
fleißig mit zusehen und die ihren in acht nehmen
sollen, daß sie in solche und dergleichen schand und
laster nicht geraten, noch auf ein solche unchristliche
unartige und verbotene weis, die ehe anzufangen,
sich undernehmen.
Und im fall gleich die personen, so diesem unserm
ernsten verbot zuwider mit heimlichen verlübden
oder in andere verbotene unzimbliche wege angefan-
gen hetten, dieselbige vor sich selbst oder auch mit
bewilligung ihrer eltern und freünde zu volnziehen
geneigt weren, so sollen doch die praedicanten solche
personen vor sich selbst nicht aufkündigen, viel
weniger vor der christlichen gemein insegnen, son-
dern die sachen zuvorderst, wie sich die angefangen,
verlaufen und zugetragen haben, in schriften umb-
stendlich in unsere canzlei gelangen lassen, daselbst-
her so wol den praedicanten des aufkündigens und
insegnens, als sonstet der straf halber jegen solchen
personen gebührlicher bescheid ervolgen soll.
Wiewol auch alle felle, die sich in ehesachen zu-
tragen können, diesmals zu decidiren fast unmüg-
23 Zur Einwilligung der Eltern vgl. auch Corpus iuris
civilis, Inst. 1, 10 und Pandect. 23, 1 f.