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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0456
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Agende 1574

für dem angesicht Gottes und seiner heiligen engel,
darumb gereicht solch ihr verechtlich verhaltens, daß
sie unerwartet des endes und segens hinweggehen,
zur verachtung und verkleinerung nicht des dieners
als eines menschen, sondern Gottes im himmel selbs
und des Herrn Jesu Christi unsers heilands und
seligmachers, welcher mit verachtung seines hoch-
würdigen sacraments und ordentlichen predigampts
greulich verunehret, verachtet und geschmehet
wird. Es werde der heilige Geist in vieler frommer
christen herzen betrübt, welche diese unordnung mit
bekümmertem gemüt ansehen und sie von deswegen
mit ihrem seufzen für Gott beschuldigen und be-
klagen müssen, und endlich werde Gott hierdurch
zum billichen zorn und straf gereizt und verursacht,
und sei diese sünd viel größer und schwerer dann sie
von unbedachtsamen sicheren leuten geachtet und
gehalten werde. Derhalben solt sich billich ein jeder,
so ein christ sein und seinem Gott zu gefallen leben
und handelen will, für solcher schweren und greu-
lichen stinde vorsehen und hüten.
6. Zuletzt5 soll der kirchendiener ein ernste ver-
manung tun, daß ein jeder nach seinem vermögen
den armen auch etwas steuren und mitteilen wolt,
in betrachtung, daß unser Herr Jesus Christus solchs
nicht allein allenthalben in seinem göttlichen wort
uns auferlegt und befohlen, sondern auch reichlich
zu belohnen und anders nicht dann ob es ihm selbst
in eigner person widerfahren were, zu vergelten,
gnediglich verheißen und zugesagt hat [Mt 10, 42;
19, 21; 25, 40; Mk 10, 21; Lk 14, 13f.; 18, 22].
7. Wann6 dieses alles also verrichtet und die vor-
bereitung zum brauch des abendmahls des Herrn
Jesu Christi gemacht worden ist, gehet der pfarherr
vom predigstuhl heraber und wird underdes gesun-
gen ein kurzer lobgesang als: Lobet den Herren, alle
heiden7, oder Gott der vater wohn uns bei8, oder
Erhalt uns, Herr, bei deinem wort9, oder dergleichen
einer, wie auch droben vermeldet worden ist10.

6 Vgl. Kirchenordnung 1566, S. 319, Nr. (5), letzter
Teil.
6 Vgl. Kirchenordnung 1566, S. 319, Nr. (5), Schluß-
satz.
7 Vgl. Gesangbuchanhang, S. 467.
8 Martin Luther, Gott der Vater wohn uns bei; vgl.
Wackernagel III Nr. 24 S. 16; Evgl. Kgb. 109.
9 Martin Luther, Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort;

8. Zu ende11 dieses lobgesangs soll der pfarherr, so
mittlerweil für den altar oder tisch des abendmahls
getreten ist, mit lauter stimm also sprechen:
Erhebt euere herzen zu Gott unserm Herrn, dann
es ist billich und recht, auch heilsam, daß wir an
allen orten und zu aller zeit dich, Herr, himmlischer
vater, heiliger Gott anrufen, durch Jesum Christum
unsern Herrn.
Betet derhalben mit mir das gebet, welchs uns
Christus Jesus unser Herr gelehrt hat.
Unser Vater im himmel, dein nam sei heilig, dein
reich komme, dein will geschehe wie im himmel also
auch auf erden, unser täglich brod gib uns heut und
vergib uns unser schuld, wie wir unsern schuldigern
vergeben, und führe uns nicht in versuchung, son-
dern erlöse uns von dem bösen; denn dein ist das
reich, die kraft und die herligkeit in ewigkeit. Amen.
So hört nun mit andechtigem herzen und rechtem
glauben die wort des nachtmahls unsers Herrn Jesu
Christi. Also schreiben die heiligen evangelisten und
aposteln Mattheus [Mt 26, 26-28], Marcus [Mk 14,
22-24], Lucas [Lk 22, 19f.] und Sanct Paulus [1. K
11, 23-25]: Unser Herr Jesus Christus, in der nacht,
da er verraten ward, nam er das brod, dankt und
brachs und gabs seinen jüngern und sprach: Neh-
met hin, esset, das ist mein leib, der für euch gege-
ben wird, solchs tut zu meinem gedechtnus. Des-
selbigengleichen nam er auch den kelch nach dem
abendmahl, dankt und gab ihnen den und sprach:
Nehmet hin und trinket alle daraus, dieser kelch ist
das neuwe testament in meinem blut, das vor euch
und vor viel vergossen wird zur vergebung der sün-
den, solchs tut, so oft ihrs trinket zu meinem ge-
dechtnus.
9. Nachdem nun die wort der einsatzung des hei-
ligen abendmahls verlesen seind, soll der diener wei-
ter zur gemeine sprechen:
Die sich nun gestern haben angezeigt, die gehen
herzu mit rechtem glauben und christlicher zucht.
vgl. Wackernagel III Nr. 44ff. S. 26ff.; Evgl.
Kgb. 142.
10 Vgl. S. 418.
11 Vgl. bis zum Ende des Abendmahlsformulars die
Kirchenordnung 1566, S. 319, Nr. (7) bis S. 320, der
sich die Agende weithin wörtlich anschließt. Zu den
Einzelnachweisen vgl. dort.

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