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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0470
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Agende 1574

5. Er soll auch selbs, wie er andere lehret und an-
weiset, sich christlich, ehrlich und aufrichtig gegen
jcdennan erzeigen und verhalten (1. Tim 3, 2ff.), sein
weib, kinder und hausgesinde wol regieren, kein
weinseufer, balger oder geiziger sein, sich in allen
clingen aller billicheit und messigkeit befleißigen.
Er soll sich afler frembden und in seinem beruf nicht
gehöriger gescheft eußern und enthalten, seinem su-
perintendenten gebürflchen gehorsam leisten, kiirz-
lich, er soll ein vorbild sein den gleubigen im wanclel,
in der liebe, im geist, im glauben, im wort, in der
keuscliheit, soll anhalten im lesen, mit ermanen, mit
lehren, nicht aus der acht lassen die gaben, die ihm
gegeben sein, dessen soll er warten, damit umbge-
licn, auf daß sein zunehmen in allen dingen offen-
bar sei; soll acht haben auf sich selbst und die ganze
herde, beharren in diesen stücken, mit aller stand-
haftigkeit, die nachrede aber böser leut und verech-
ter göttlichs worts, darzu ihre flst, erdichte lesterung
und gespött soll er nicht achten noch sich in seinem
ampt hindern lassen und an Gottes hülf nimmer
zweifeln. Denn wo er solchs tut, wird er sich selbs
selig machen und die ihn hören.
Dieses seind nun, geliebter bruder im Herrn
Christo, die vornembste stück, die ein pfarherr oder
cflener der kirchen des Herrn Jhesu Christi in seinem
ampt tun und verrichten muß. Da beger ich nun vor
dem angesicht Gottes und unsers Herrn Jhesu
Christi und seiner heiligen engel, auch dieser gan-
zen christlichen versamblung von euch zu wissen,
ob ilir auch bedacht seid und alhie verheißen wöflet,
diesem allem also fleißig und treulich nachzukom-
men.
Darauf antwortet der ordinandus53:
Ich erkenne wol, daß es ein schwer ampt ist, darin
ich mich begeben will. Dieweil ich aber doch ordent-
lich hierzu berufen bin und mich auf die gnedige
göttliche hülf, die er allen seinen berufenen dienern
zusagt, und auf das gebet der gemeinen christlichen
kirchen genzlich verlasse, so gelobe und verheiße ich
allhier vor dem angesicht Gottes und dieser christfl-
chen gemein, alles was mein ampt erfordert nach

53 Vgl. Kirchenordnung 1566, S. 205.
64 Vgl. Kirchenordnung 1566, S. 197f.
55 Die Worte zur Handauflegung sind gegenüber der

allem meinem vermögen mit Gottes hülf treuflch zu
leisten und zu verrichten.
Der superintendens vermahnet die gemeine zum
gebet und spricht ihnen dieses gebet für:
O allmechtiger, gütiger Gott54, himmeflscher va-
ter, da dein lieber sohne, unser Herr Jhesus Christus
zu deiner gerechten in das himmeflsch wesen erhö-
het worden ist, hat er uns allhie auf erden geben
aposteln, evangelisten, propheten, hirten und lehrer,
seine auserwehleten damit ihme zu versamblen und
zu erbauwen, und den seinen durch seine liebe apo-
steln befohlen, bei allen seinen gemeinen eltesten zu
wehlen und zu setzen, die sein heiflg evangelium rein
und unverfelschet predigen, diehochwürdigen sacra-
menten treulich dispensieren und alle seelsorg und
hirtendienst fleißig versehen und verrichten. Wir
bitten sich durch denselben unsern erzhirten und
bischof unserer seelen, deinen lieben Sohne, unsern
Herrn Jhesum Christum, du wöllest diesem deinem
zum kirchenampt erwehleten und berufenen diener
deinen heiligen Geist reichflch mitteilen, der ihnen
erleuchte, regiere und sterke, damit er diesen deinen
so hohen und heiligen dienst mit rechtem verstand
und eifer allzeit fruchtbarlich verrichte, suche, finde
und bringe zu deinem lieben Sohne alle, die noch von
ihme entpfrembdet oder von ihme widerumb abge-
füret seind, erbauwe und bessere alle, die sich an ihn
ergeben und in seiner gemeine noch bestendigflch
verharren. Behüte ihn auch für sünden und erger-
nussen, vor allen falschen nachreden und verleumb-
dungen und für aller gewaltsamer hindernus seines
dienstes, auf daß er dir und deiner lieben kirchen in
allem treulich und wolgefelligfleh diene, damit dein
name also stetigs geheiligt und dein reich allent-
halben erweitert und gemehret werde, durch den-
selbigen deinen lieben Sohne unsern Herrn Jhesum
Christum. Amen.
6. Nach diesem gebet söllen dem ordinando, wel-
cher für dem altar kniend bleibt, die hende auf-
gelegt werden, und sofl der superintendens oder sein
substitut also sagen55:
So ordene und bestetige ich nun von wegen der
hessischen Tradition neu; vgl. Kasseler Kirchenord-
nung 1539, S. 127 Amn. n und Kirchenordnung
1566, S. 198. 206.

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