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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0063
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Einleitung

4d. Hessen-Darmstadt

Georg I.(1567-1596)
Georg I.136 war 1547 als jüngster Sohn Philipps I. geboren worden. Bei der Landesteilung 1567 erhielt er die
Obergrafschaft Katzenelnbogen mit Darmstadt, ein Territorium, das rund einem Achtel des gesamten
hessischen Besitzes entsprach und das zwischen Rhein und Main gelegen war - abseits vom großen hessi-
schen Besitz um Marburg und Kassel, umgeben von Territorien der Erzstifte Mainz und Trier und des
Hochstifts Worms.137
Das Land, das zu Georgs I. Zeiten als Obergrafschaft Katzenelnbogen und noch nicht als Hessen-
Darmstadt bezeichnet wurde, war nur rund 1300 km2 groß und mit etwa 22000 Menschen dünn besiedelt.
Darmstadt mit seinen 2000 Einwohnern baute Georg I. zu seiner Residenz aus und organisierte von hier aus
die Zentralverwaltung seines Landes. Dieses umfasste die fünf Ämter Darmstadt, Zwingenberg, Dornberg,
Lichtenberg und Rüsselsheim. Parallel zu diesen Verwaltungsbezirken, in denen Polizei und Rechtspre-
chung geübt wurden, bestanden fünf gleichnamige Kellereien als landesherrliche Wirtschaftsbezirke. Amt-
männer und Keller residierten in den fünf Amtsstädten. Durch mehrere Erbschaften konnte Georg I. im
Laufe seiner rund 20-jährigen Regentschaft sein Land von zunächst 78 Orten auf mehr als 100 Orte ver-
größern. Entsprechend dem territorialen Zugewinn vermehrte sich auch die Zahl der Pfarreien in Hessen-
Darmstadt von 33 im Jahre 1567 auf 50 im Jahre 1605.138
Philipp I. hatte den abgelegenen Landesteil der Obergrafschaft stark vernachlässigt und als sein Sohn
das Land 1567 erbte, lag dort vieles im Argen. Der verwaltungskundige neue Landesherr brachte sein
Territorium jedoch zu neuer Blüte. Die Konsolidierung der Landesverwaltung gelang Georg I. mit Hilfe des
Juristen und Kanzlers Dr. Johannes Kleinschmidt, des Rats Dr. Joachim Struppius und des Darmstädter
Oberamtmanns Philipp von Buseck gen. Münch.139 Hinzu kam Johannes Angelus,140 der von 1578 bis 1608
Superintendent in Hessen-Darmstadt und die rechte Hand der Landgrafen in Religionsfragen war.141
Georg I. nahm eine Neustrukturierung von Kanzlei und Konsistorium vor. Bereits 1567 hatten sich die
Brüder dahin geeinigt, dass in jedem der vier Landesteile das Konsistorium mit der jeweiligen Kanzlei
verbunden werden sollte.142 Die Darmstädter Kanzlei bestand zunächst nur aus dem Kanzler Johannes
Kleinschmidt143 und dem Superintendenten Peter Voltzius.144 1573 trat der Rat Johannes Pistorius als
zweites weltliches Mitglied in die Kanzlei. Zwei Jahre später wurde auch dem Superintendenten eine zweite
Stelle beigeordnet in Person des nach Errichtung der Hofprädikatur 1575 neu ernannten Hofpredigers
Johannes Crispinus. Fortan waren die Kanzlei und das geistliche Gericht in Hessen-Darmstadt mit zwei
weltlichen und zwei geistlichen Personen besetzt.145 Das Konsistorium war vorrangig für Ehesachen zustän-
dig, daneben auch für die geistliche Disziplin, Fornifikations- und Unzuchtssachen sowie für Verstöße gegen
die Kirchenordnung.

136 Zu Georg I. von Hessen-Darmstadt siehe Noack, Georg
I.; Battenberg, Residenz; Wenck, Georg; Hammer-
stein, Prinzenerziehung, S. 202-204; Press, Hessen,
S. 286f.; Rommel, Geschichte VI, S. 84ff.; Steiner,
Georg I.; Nick, Georg; ADB 8, S. 673f.; NDB 6, S. 216.
137 Steiner, Georg I., S. 8-12; Soldan, Geschichte,
S. 126.
138 Noack, Georg I., S. 110f., 135f.; Steiner, Georg I.,
S. 8f., 22; Walbrach, Ludwig V., S. 170. Nach dem
Anfall der Hessen-Marburger Lande 1604 vermehrte
sich die Zahl der Pfarreien in Hessen-Darmstadt bis
1624 auf insgesamt 133, Diehl, Kirchenbehörden, S. 9-
12.
139 Noack, Georg I., S. 123-130.

140 Johannes Angelus hatte u. a. in Tübingen studiert und
besaß seit 1571 eine Pfarrstelle in Großgerau, Ruders-
dorf, Universitätsgründung, S. 68 Anm. 90; Noack,
Georg I., S. 127-129 und Anm. 113.
141 Noack, Georg I., S. 120.
142 Diehl, Kirchenbehörden, S. 179; Zentgraf, Zustän-
digkeitswesen, S. 291 Anm. 10.
143 Johannes Kleinschmidt war von 1573 bis zu seinem Tod
1587 Kanzler Georgs I., Gundlach, Zentralbehörden
III, S. 130; Noack, Georg I., S. 124f. und Anm. 97.
144 Peter Voltzius war bis bis 1578 Superintendent, Diehl,
Kirchenbehörden, S. 179; Noack, Georg I., S. 139.
145 Noack, Georg I., S. 138f.

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