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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0084
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Hessen-Kassel

mocht eingestellet werdenn, aldieweil auch daß hos-
pital Grunaw50, deme es auch widerfahren, sein theil
bei unserm g. f. und h. hatt erlanget.
16. Der eine mitpfarher zu St. Goar, ehr Johan
Gryphius51, beclagt sich, daß er alß ein 64-järiger
man unnd darzu mit dem calculo renum unnd andern
zufellen52 beladen, hinfurder nicht mehr wie zuvor
könne die last mit predigen in der stadt unnd auffm
schloß Reinfels53 ertragen, bevorab, weil der superin-
tendens in amptsgeschefften offtmals verreise, da er
dan seine vices mit hinzu adimpliren musse; bittet
gantz unterthenig unnd demutig, daß ein diaconus,
wie auch hiebevor | 10r | biß auff unsers g. fursten und
herrn l. Wilhelms54 p[iae] m[emoriae] anderweit gne-
dige verordnung im brauch gewesen, möcht wider
angeordnet unnd ihm ein theil der last mit predigen
benommen werdenn, welches dan ohn einigen nacht-
heil dero ränten unsers g. fursten und h., auff weiß
unnd weg, wie ich hierbei vorgeschlagenn, wol könt
geschehen unnd auch zum höchsten nötig were.
III. Gravamina
1. Die pfar Holtzhaussen auff der Ahr55, so unserm
g. f. unnd h. allein pleno iure zustendig, eine feine
gemeine und zimliches einkommens ist, versicht ein
ubiquitistischer Itzsteinischer56 pfarrer zu Breit-
hardt, ehr Melchior Christan; könt zuletzt unserm
g. f. und h. praeiudicirlich sein unnd allerhand in-
convenientia auff den fall dahero entstehenn.
50 Das Kloster Gronau im Taunus, in der heutigen hessi-
schen Großgemeinde Heidenrod gelegen, wurde um 1130
als Hauskloster des Grafen von Katzenelnbogen gegrün-
det. 1537 löste Landgraf Philipp I. von Hessen den Be-
nediktiner-Konvent auf und 1542 richtete er in den Ge-
bäuden ein Hospital ein, Sante, Hessen, S. 183.
51 Magister Johannes Greiff (Gryphius) immatrikulierte
sich 1553 in Marburg. Von 1557 bis 1569 war er Diakon
in St. Goar, anschließend Hofprediger in Rheinfels und
Inhaber der Schlosspfarrei, seit 1587 auch der Stadtpfar-
rei St. Goar. 1604 wurde er entlassen, da er sich weigerte,
Landgraf Moritz’ Verbesserungspunkte anzunehmen,
Ritter, Konfession, S. 517.
52 Krankheiten.
53 Das Schloss Rheinfels war seit 1567 Residenz der Land-
grafen von Hessen-Rheinfels, Demandt, Philipp, S. 57,
72ff.
54 Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel (1532-1592),
siehe oben, S. 34.

2. Die casten57 in der niddergraveschafft seind
sehr arm unnd vermugen die costen dero visitation
allein nicht zu ertragenn. So will die gemein meh-
rertheils nichts darzu contribuiren, es wird auch auß
den ämptern die atzung vor deß superintendenten
pferd, wie im nidderfurstenthumb geschicht, nicht
gereichet unnd ist dem superintendenti beschwer-
lich, auff die casten zehrung zu machen; were dero-
halben hoch nötig, daß vermöge deß abschiedts zu
Cassell in anno etc. [15]7458 auch etwas an visitir-
gelde in diese graveschafft wurde geordnet oder vom
stifft ein canonicat darzu destiniret, damit die jär-
liche visitationes, welche sehr grossen nutzen auff
sich haben, deßwegen nicht, wie hiebevor besche-
hen, unterlassen werdenn. | 10v|
3. Im hospital Grunauw59 werden ohn vorwissen
deß ordinarii superintendentis schulmeister, vor die
knaben im kirchspiel Altenbergk60 unnd den armen
im hospital morgens unnd abens vorzulesen unnd
das gebet zu thun, angenommen, wie dan auch der
superintendens begeret, berichtet zu werdenn, ob er
so wol alß hiebevor bei lebzeiten l. Philipsen iunio-
ris61 p. m. sein antecessor, ehr Melchior62 seliger ge-
than, im hospital visitiren sölle unnd vernehmen,
wie beits, pfarher unnd schulmeister, daselbst bei
den armen ihr ampt verrichtenn unnd ob auch sie,
die armen leute, konnen betten.
4. Der raht zu St. Goar wil haben, daß jederzeit
die praeceptores daselbst von ihnen auffm rahthauß
unnd mit allerseits bewilligung von dem superinten-
55 Siehe oben, Anm. 15.
56 Idsteiner, aus der Grafschaft Idstein.
57 Gemeine Kästen.
58 Abschied der Kasseler Generalsynode von 1574, Ab-
druck in Sehling, EKO VIII, S. 371f.
59 Siehe oben, Anm. 50.
60 Die Pfarrei Altenberg gehörte zum Kloster Gronau,
Sante, Hessen, S. 183.
61 Landgraf Philipp II. von Hessen-Rheinfels (1541-1583),
siehe oben, Anm. 31.
62 Magister Melchior Schott (1518-1597) immatrikulierte
sich 1535 in Marburg, er war zwischen 1542 und 1545
Schulmeister in St. Goar und anschließend bis 1549 Pfar-
rer in Ems, wo er bei Einführung des Interims abgesetzt
wurde. Von 1550 bis 1555 war er Prediger in St. Goar,
anschließend bis 1597 Stiftsdekan und Superintendent,
Heldmann, Diözese, S. 133; Ritter, Konfession,
S. 512.

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