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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0085
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4a. Visitationsbericht des Superintendenten Christian Zindel 1600

dente angenommen werden. Dieweil aber daß stifft
unserm g. f. unnd h. allein unnd ohne mittell zu-
stehet unnd da selbe die schulmeister allein besol-
det, der raht aber unnd statt nichts zu ihrer unter-
haltung gebt, ich auch keine documenta deßwegen
finde unnd uber daß etzliche inconvenientia darauß
erfolgenn, so hab ichs ihnen also simpliciter et ab-
solute ohne special gnedigen bevelch nicht einwilli-
gen wöllenn.
5. Der pfarher zu Kömel, ehr Martinus Denta-
tus63, ein man von 80 jahren unnd gar ein rigidus
Brentianus64, hat unter allen dienern in dieser gant-
zen graffschafft in gehaltener visitation sich eintzig
unnd allein mir offentlich in der kirchen zu Kömell
wiedersetzet, unnd daß zwar wieder seiner pfarkin-
der willenn, alß welche mit meiner predigt, catechi-
sation unnd gantzer visitation woll seind zufriede
gewesenn unnd diesen ihres pastoris verlauff65 un-
gern gesehenn. Wand dan dieser | 11r | man jederzeit,
ut ex actis liquet, viel einstrauwung66 gethan hat
unnd noch, auch nicht mehr cum fructu der kirchen
vorstehen kan, wolbegutert ist unnd seine 2 kinder
zimlich hat versorget unnd uber daß sich hören lest,
wan ihm alß einem emerito ad vitam etwas zu sei-
nem unterhalt wurde verordnet, er auff solchen fall
willigk von seinem dienst abtretten wölte, so deuch-
te mich in meiner einfalt nicht unratsam sein, daß
ihm auß den pfargefellenn, die zimlich seind, vor
den abstand etwas wurde geordnet unnd ein andere
qualificirte ortodoxische person dahin gesetzet, de-
ren man auß der ubrigen pfarr (wie auch der schul
gefellen, so sich in die 150 fl erstrecken) ihren un-
terhalt machen könte; verhofft ich, eß solt durch
solch mittell den spaltungen deromaleins, wo nicht
gäntzlich abgeholffen, jedoch remediirt werdenn.

63 Martin Dentatus (geb. 1520) war Pfarrer in Kemel im
Amt Hohenstein, vgl. Ritter, Konfession, S. 156
Anm. 72.
64 Anhänger des württembergischen Theologen Johannes
Brenz (1499-1570) und insbesondere seiner Ubiquitäts-
lehre. Zu Brenz’ Auffassung der Omnipräsenz Christi
siehe Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte,
S.427-429.
65 Wandel, Grimm, DWb 25, Sp. 738f.
66 Verdächtigungen, Grimm, DWb 3, Sp. 315f.

Im Zweiherrischen:
6. Daß kirchspiel Kettenbach im ampt Hoch-
stein, so unser g. f. unnd h. mit graffen Philips67 zu
Nassaw-Sarbrucken gemein hat, ist noch nicht vi-
sitirt auß ursachen, daß, ob mans wol freundlich
durch schreiben bei den Sarbruckischenn gesucht
unnd umb die ihrigen zu solcher visitation auch ab-
zuordnen gepettenn, sie doch nicht allein biß anheut
niemandt geschicket, sondern auch die visitation
von jahren zu jahren ufschieben; bitte unterthenig
umb gnedige resolution, wessen ich mich ferner zu
verhaltenn.
7. Der pfarher zu Merenfelß68 im Vierherrischenn,
| 11v| dominus Petrus Mengosius, hat vor unß, den
semptlichen visitatoribus, eine schendliche, weit
aus[g]ehende visitationpredigt gethan, welche dero-
massen vol calumnien unnd stiche gewesen, das die
Nassauw-Sarbruckische unnd Itzsteinische visita-
tores selbst diß zum hefftigsten improbiret habenn,
ich, auch der hessische superintendens, dieselbige
alsobalt nach verrichteter predigt offentlich in tem-
plo abgelehnet unnd die vom pastore zur ungebuhr
gelesterte lehr von der calumnia einer neuerung und
falscheit verteidiget, ist auch dieser calumniant vor
die semptliche politicos et ecclesiasticos consiliarios
et visitatores darauff gen Milen69 citiret worden, da
ihm durch den h. oberamptman diese seine frevent-
liche that mit ernst verwiesen unnd decretiret wor-
denn, daß er von Merenfels nach Weier70 umb Pe-
tri71 solle transferiret werden. Do er nun von sol-
chem lestern nicht abstehen wurde, begere ich g. be-
richt, wessen man sich in eventum gegen ihm zu ver-
haltenn.
Tantum quoque de gravaminibus.

67 Graf Philipp IV. von Nassau-Weilburg (1542-1602) am-
tierte seit 1574 auch als Philipp III. von Nassau-Saar-
brücken.
68 Marienfels im Vierherrischen, Kleinfeldt/Wei-
rich, Kirchenorganisation, S. 187; Heldmann,
Diözese, S. 118.
69 Miehlen, siehe oben, Anm. 27.
70 Weyer im Vierherrischen.
71 29. Juni.

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