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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0109
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7b. Bekenntnis der Kasseler Generalsynode 1607

unseren zeenen zerkeuen, mit unsern zungen
schmecken und in unsern magen lassen sollen, denn
das heist recht mundlich essenl, so jederman be-
kantm. Demnach aber diß brodt heist und ist ein
sacrament des leibs Christi, und diesem h. gebrauch
und ordnung nach nit schlecht11, gemein brod ist, so
heist und ist dieses essen nicht ein gemein, sondern
ein sacramentlich essen. Weil endlich der herr von
dem brod sagt: Das ist mein leib, der fur euch ge-
geben wird, und ferners: Solches thut zu meinem ge-
dechtnüß12, mit welchen worten er den glauben er-
fordert und wil, das wir nicht allein das irrdische
brod mit dem leiblichen munde essen, sondern auch,
das wir die himlische speise, das ist, seinen wahren
leib, so für uns gegeben, und sein wares blut, so vor
uns am stamm des creutzes aus seiner seiten und
wunden vergossen13 zu vergebung unserer sünden,
mit dem munde des glaubigenn hertzen essen und
trincken solleno, damit unsere hungerige, dürstige
seelen gespeiset, getrencket und erquicket werden
zum ewigen lebenp, so glauben wir, daß wir im
h. abendmal neben und bey der leiblichen niessung
des sacraments des leibs Christi, zugleich auch des
wahren leibs unnd bluts Jesu Christi selbsten, nicht
imaginarie oder nach blossen gedancken, sondern
wahrhaftig theilhaftig werden und das durch solche
niessung Christus in unsern hertzen wohne, derwe-
gen dann der herr Jesus Christus nicht abwesend,
sondern gegenwertig uns in seinem heiligen abend-
mal warhaftig mit seinem heiligen fleische speiset
unnd mit seinem blute trencket.
Und diese niessung des leibs und bluts Christi
bringet und giebt kräftigenq trost, leben und ewige
seligkeit allen blöden14, betrübten und gläubigen
hertzen nach dem wort und verheissung des herren,
Johan. 6 [54-56]: Warlich, warlich, sag ich euch, wer

l In B gestrichen: So das durch das wortlein ,esset‘ ge-
meinen einfeltigen brauch nach.
m B: bekant, verstanden hat.
n Fehlt B.
o Fehlt B.
p In B gestrichen: und Christum durch den glauben in un-
sern hertzen wohnend, haben sollen.
q In B gestrichen: rechten.
r-r In B übergeschrieben.
s In B gestrichen: An seiner artt.

mein fleisch isset und trincket mein blut, der bleibet
in mir und ich in ihm; der hat das ewige leben, und
ich werde ihn am jungsten tage aufferwecken. Wehe
aber allen, die dieses essen nicht haben und nach
anderm gaffen, dann, spricht der herr, Werdet ihr
nicht essen das fleisch des menschsohns und trinck-
en sein blut, so habt ihr kein leben in euch. Wann
dann dem also, so beten wir billich nach unser kir-
chenordnung: O allmächtiger Gott, gib uns den leib
und blut deines lieben sons in dem heiligen sacra-
ment mit warem glauben zu geniessen, daß er in uns
und wir in im leben. Item: Gib uns seinen leib und
blut in seinem heilgen abendtmahl mit rechtglaubi-
ger begierde und danckbarkeit zuempfangen15.
Item: Gib uns uber das alles auch seinen leib und
blut im heiligen sacrament zur speiß und tranck in
das ewige leben, auff das wir immer in ihm und er in
uns lebe.
Diese beyderley essen, nemmlich das mundliche
essen des sacraments und dann das geistliche essen
des leibs Christi, hat die schrift in klaren, hellen
buchstaben. Das aber über dieses noch ein drittes
essen sey, da der leib Christi mit dem leiblichen
munde auch der gotteslästerer, zauberer unnd an-
derer ungläubiger auff unerforschliche, unempfind-
liche weise, doch ohn einigen nutz und frucht gessen
werde, das stehet nicht in der stifftung des nacht-
mals noch irgend in der h. schrift. Derowegen so
bleiben wir bey den obgesagten beyderley rin Gottes
wort außdrücklich gesetzten essenr und lassen das
drittes, als welches in der schrift weder einigen be-
fehl noch verheissung hat, an seinen ohrt gestellet
seyn, wöllen aber doch mit keiner kirchen, so das-
selbe etwa glaubet oder heltt, deßwegenu streiten
noch sie verdammen.

t In B gestrichen: und wollen daruber mit keiner kirchen.
u Fehlt B.
11 Schlichtes, einfaches.
12 1Kor 11,23-25.
13 Joh 19,34.
14 Schwachen, Verzagten.
15 Kirchenordnung von 1566, Sehling, EKO VIII,
S. 316; Agende von 1574, ebd., S. 436.

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