Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0128
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hessen-Kassel

Mann soll auch in acht nehmen, daß nicht den nech-
sten junge und ad curam et gubernationem Eccle-
siarum noch untüchtige Gesellen, ob gleich der eru-
dition halber kein mangel bey ihnen, zu Pfarrdien-
sten, sondern dieselbe zu forderst zu Schueldiensten
und Diaconaten und, wann sie dieselbe ein zeitlang
nutzlich verwaltet und des- | 23 | sen wie auch ihres
erbarn Leben und wandels halber ein gut Zeugnus
haben, Alsdann zu Pfarrdiensten und also per gra-
dus nach eines jeden befundener qualification befür-
dert werden. Und sollen sonstet die translationes der
Pfarrherrn umb verhütung willen allerhand unko-
sten und ungelegenheit nicht leichtlich, es erfordere
es dann eine besondere nohtturfft, vorgenommen
und gebraucht werden.
Darmit auch des abgestorbenen Pfarrherrs hinder-
lassene Wittwe und kinder nicht so bald und den
nechsten zu ihrer grossen ungelegenheit außgewie-
sen werden, so sollen sie im Pfarrhauß und Güttern
noch ein viertel Jahr nach ihres Haußwirts und
-Vatters Todt geduldet und ihnen ein quartal Besol-
dung gegönnet und gefolget werden, Inmittelst aber
und ehe der newe angenommene Pfarrherr auff-
zeucht, die nechst benachbarte Praedicanten die
Pfarr und Gottesdienst zuversehen und zuverwalten

Fehlt 1608.
r-r 1608: Die stehet in dreyen puncten, 1. in exploratione
vitae, 2. doctrinae, 3. donorum concionandi, welche alle
drey beysammen zu einem tuglichen kirchendiener undt
pfarrhern gehorig seind lautt der apostolischen instruc-
tion in der epistel ad Timotheum und Titum [1Tim 3,
1-13; Tit 1,6-9]. Derowegen soll unser consistorium vlei-
ßig acht haben, daß personen, mit diesen dreyen requi-
sitis begabet, zu kirchendiensten verordnet und ange-
setzt werden.
Und erstlich sollen sie keinen kirchendiener annemen
noch ad examen kommen laßen, der nicht seine gutte,
warhaffte und gerechte zeugnis seines erbaren lebens und
wandels aufflegen und furzeigen möge.
Furs ander, da man lebens und wandels halben gesichert,
sollen sie ihn von den furnehmen capitibus christlicher
religion, besonders von der christlichen verbeßerungs-
puncten [vgl. Nr. 5] aus der heiligen bibel, welche ist die
einige und unfelbahre regel und richtschnur unsers
christlichen glaubens und lebens, vleißig examiniren
und, damit hirin alle connivents und verdacht verhutet,
auch andere studiosis theologiae dadurch zugleich unter-

schüldig sein und gedencken, daß der Dienst, den sie
itzo ihres abgestorbenen Mitbruders Wittwen und
Waysen zu gutem leisten, hiernechst und auff ihren
Todtsfall auch ihren Weib und kindern von andern
Pastoribus wieder vergolten und erstattet werden
muß.
Was aber andere der armen Prädicanten Wittwen zu
gutem gestifftete Fürstliche Beneficia und Wittwen-
stewer belangt, da eine oder die andere Wittwe bey
| 24 | uns deßwegen demütige nachsuchung thun und
sie desen vehig befunden wird, soll sie deßwegen
auch in gnaden und der gebühr bedacht werdenp.
Von der Examination qder Prädicantenq
rDie Examinatio soll von den Consistorialibus in pu-
blico Auditorio Theologico, auff daß auch andere
Studiosi zuhören mögen, vorgenommen und gehal-
ten werden. Und gleich wie dieselbe in dreyen
Heuptpuncten, nemblich in Exploratione Vitae,
Doctrinae et Donorum concionandi bestehet, also
sollen die Consistoriales achtung darauff geben, ob
diese drey Requisita coniunctim und beysammen in
diesem Examinando nach anleitung Apostolischer
Lehr und Instruction vorhanden seyen, und sollen

richtet und zu mehrem vleiß auffgemunttert werden,
wollen und ordnen wir, daß solche examina nicht priva-
tim, sondern in publico auditorio theologico, da andere
studiosi zuhören mögen, gehaltten werden.
Furs dritte, da er in orthodoxa doctrina richtig und
mechtig befunden wird, sollen sie ihn auch in einer pre-
digt hören und vernehmen, ob er auch die gaben habe,
dasjenige, so er verstehet und zu erbawung der kirchen
gehöret, methodice, populariter, verstendlich und deut-
lich proponiren, daß gemeine volk lehren und also den
zweck seines beruffs, das ist erbawung der kirchen, zu-
erlangen tüglich sein mochte. Wo sie dise gaben an einem
und dem andern nicht befinden, sollen sie denselben
nicht zum kirchen-, sondern etwa zum schuldienst, doch
daß er dem mit nutz vorsein könne, befordern.
Wenn nun einer im examine also qualificirt befunden, so
soll ihn das consistorium an dieselbe gemeine, die eines
pfarrers bedurfftig, verschicken und inn schrifften be-
gehren, daß sie ihn hören und darauff, ob und wie sie mit
seiner person und gaben zufrieden, wieder berichten sol-
len, darmit das consistorium wegen der ordination und
confirmation sich darnach ferner zu richten.

108
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften