Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0148
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hessen-Kassel

gatten austritt und eine lange zeitt, zum wenigsten
biß ins siebendt, acht, neunte oder mehr jahr, mit
vleiß außenpleibtt und doch gewiß oder je vermutt-
lich noch im leben ist, aber dar sie der nicht mit
zuschickung einiges nothpfenniges vertröstung sei-
ner widerkunfft oder entschuldigung seines außen-
pleibens und dergleichen zuendtbieten, sich des ver-
laßenen theils angenommen, dardurch die schuldige
ehepflichtt seinem verlaßenen ehegatten gefehrli-
chen zuentziehen, sondern das auch darneben der
verlaßene theil an seinem orth darthun soll, das er
das seinige geleistet und an sich keinen mangel hab
erscheinen laßen. Ohne anziehung und ausfurung
solcher oder dergleichen umbstende und beschaffen-
heitt, daraus die boß- und ungefarlichkeitt des auß-
tritts, verpleibens und beharlicher desertion und
verlaßung von rechts wegen nothwendig und schlies-
lichen erfolgert wirdt, soll die ehescheidung ex ca-
pite desertionis nichtt, sonstet aber, da das boßlich
außtretten und verlassen also qualificirt, wie vor-
stehet, außgefurt wirdt, die ehescheidung auch der
verlustigen ehegifft oder gegengutts halben, da sol-
ches darneben gesucht werde, alß das bei vorigem
fall gedacht ist. |
Nachdem dan je bißweilen durch trieb des bösen
feindts zwischen eheleutten etwan widerwillen, auch
endtlich todtliche feindtschafft erregt und erhalten
wirdt, daheren je bißweilen eines dem andern gefer-
lich nach dem leben zustehen oder je mitt unleidt-
licher hertigkeitt unnachleßlich zuzusetzen sich ver-
furen laßet, auch wol darzu dienende unzimliche
verbottene mittel an die handt nimpt und zu werk
richtett, und die gemeine rechte, dem zuvorkom-
men, aus solchen ursachen die ehescheidung verstat-
ten, jedoch, weil ein solches bei uns vast19 bedenck-
lich, so wollen wir, das in solchen fellen, da solcher
ursachen halber eines von dem andern zu seiner ret-
tung abtritt und doch kegen die schuldige person
soviel beweis noch anzeige nichtt vorhanden, das
sie, zu peinlicher lebensstraff zubringen, unsere con-
sistoriales mit allem vleis deren guttliche aussunung
an die handt nehmen, versuchen und treiben, auch
nach gelegenheitt und wo nötig, uf furgangene
19 Sehr.

thurnstraff oder andere zuchtigung, den schuldigen
theil, sicherheit zuthuen, anhalten, im fall aber,
auch darwider von ime gehandelt wirdt, alsdan sie
biß etwan zu kunfftiger irer beßerung dergestaltt
von einander laßen, das der schuldige theil, bevorab,
da ihme zu seiner hertigkeitt kein ursach geben wor-
den, auf ein anzahl jahre des amptes, darin er gese-
ßen, oder auch nach verwirkung also oder ewig un-
sers gantzen furstenthumbs und darzu gehörender
graff- und herschafften durch unser peinlich hals-
gerichtt verwiesen werden, hierzwischen aber doch
gleichwohl keinem theil sich anderwerts zuverheu-
raten zugelaßen sein soll. j
Von der iurisdiction, macht und gewaldt des
consistorii und wie daßelbig in den sachen bis
zur execution procediren und verfahren soll
Diesem unserm consistorio als einem kirchen- oder
geistlichen gerichtt sollen alle undt jede unsere
landtsaßen, diener, unterthanen und verwanten in
unserm furstenthumb und darzu gehörigen graff-,
herrschafften und landen und darinne begriffenen
und uns ohne oder durch mittel zugethanen gerich-
ten, stetten, flecken und dorffen und andern orten
geseßen oder sich enthaltendt, niemandts, wes
standts der auch seie, ausgenommen, insonderheitt
aber alle und jede unser superintendenten, pfarhern,
diacon und andere kirchen- und schuldiener, glock-
ner, vorsteher undt pfleger der baw- und almosen-
casten, hospitalien, siechen- und anderer gottsheu-
ser, pfrundner und dergleichen und sonst alle und
jede, so deren sachen oder gutter halb, alß oben der
lengde nach bißanhero gemeldt, und vor dieß unser
consistorium gehörig oder demselben zuverrichten
anbevolen seindt und dergleichen zu thuen haben
oder derhalb von jemandts zu besprechen sindtt
oder inskunfftig sein werden oder auch deren einer
seines selbst ubelhaltens oder berüchtigung an-
bracht wirdt, unterworfen und schuldig sein sollen,
vor demselben auff vorgehenden vorbescheidt oder
auch ausgangene ladung zuerscheinen, darumb sie
erfordert anzuhören, clägers oder beclagtens statt zu
halten, daselbst christlichen, rechtmeßigen und bil-

128
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften