Die Grafschaft Waldeck
Die Agende beginnt mit Ausführungen zum Glaubensbekenntnis, an die sich Formulare zur Eheeinseg-
nung, Taufe, zum Krankenbesuch und Krankenabendmahl, zur Aussegnung der Wöchnerinnen und zum
Begräbnis anschließen. Den Schluss des Buchs bilden ein Bekenntnis für die Stadt Waldeck und eine Kate-
chismusordnung für Niederwildungen. Einige Abschnitte sind mit verschiedenen Jahreszahlen versehen, die
belegen, in welchen Jahren Hefentreger die Formulare verfasste oder verwendete.43
Johannes Hefentreger hat die in der Agende niedergeschriebene Kasualienverwaltung zunächst an sei-
nen Dienstorten Waldeck und Niederwildungen eingeführt, schließlich wurde seine Praxis jedoch landesweit
in Gebrauch genommen. Als man 1556 die Ausarbeitung der Waldecker Kirchenordnung in Angriff nahm,
mahnte Graf Wolrad II., dass man Gottesdienste und Kasualien in der gesamten Grafschaft bislang nach
Hefentregers Vorgaben praktiziert habe und nun keine Neuerungen einführen dürfe, die zu stark von diesen
abwichen.44 Das Gros der Texte in Hefentregers Agende wurde schließlich wörtlich in die Waldecker Kir-
chenordnung von 1556 aufgenommen, die Anordnung der einzelnen Vermahnungen und Gebete innerhalb
der Kapitel wurde jedoch vielfach verändert, daneben wurden 1556 weitere Passagen ergänzt. Die Kir-
chenordnung stellt schließlich also eine erweiterte Fassung von Hefentregers Agende dar. Die einzelnen
Abschnitte, die auf Hefentreger zurückgehen, sind im Variantenapparat der Kirchenordnung (Nr. 15) nach-
gewiesen.
Drei Teile von Hefentregers Agende - das Glaubensbekenntnis und die Bekenntnisordnung für die Stadt
Waldeck von 1529 bzw. 1534 und die Wildunger Katechismusordnung von 1533 - wurden nicht in die
Kirchenordnung von 1556 übertragen. Beide werden hier abgedruckt.45
Die Bekenntnisordnung für die Stadt Waldeck (Nr. 5g) zählt zu einem der ältesten Texte der Agende.
Hefentreger hatte die Gläubigen seiner Gemeinde katechetisch unterwiesen und an Pfingsten 1529
(16. Mai) damit begonnen, ihnen das Glaubensbekenntnis abzunehmen. Neben den Katechismushaupt-
stücken aus Luthers Kleinem Katechismus musste die Gemeinde eine Reihe weiterer Glaubensartikel, die
Hefentreger detailliert ausführte, auswendig lernen und anschließend wörtlich wiedergeben.46
Dieser als conjessio bezeichnete Text wurde bereits im Jahr 1900 von Victor Schultze als „Konfirmati-
onsbekenntnis“ veröffentlicht.47 Dass der Text jedoch zunächst nicht im Zusammenhang mit der Konfir-
mation stand, wurde bereits nachgewiesen. Ernst Christian Achelis machte unter anderem darauf aufmerk-
sam, dass die Bekenntnissätze nicht von Kindern oder Jugendlichen gesprochen werden sollten, sondern nur
Sinn ergäben, wenn sie aus dem Munde von Christen kämen, „die sich vom Irrtum zur Wahrheit und vom
fleischlichen Wandel zur Erneuerung des Lebens kehren“.48 Folglich handelt es sich um ein Bekenntnis für
diejenigen, die Glieder der evangelischen Kirche in Waldeck werden wollten.49 Zu dieser Waldecker
Bekenntnisordnung gehört ein weiterer, auf 1534 datierter Text, den Hefentreger an den Beginn seiner
Agende stellte (Nr. 5a). Hierin formulierte er mehrere Glaubensartikel sowie ein Gebet. Wir drucken diesen
Text im Anschluss an das Bekenntnis von 1529 ab. Das Gebet wurde 1556 in die Kirchenordnung (Nr. 15)
übernommen, dort findet es sich am Schluss des Kapitels „Von der Firmung der jungen Knaben und
Meydlein, wie dieselbigen in die Christliche Gemeyn sollen angenommen werden“. Obwohl Hefentregers
43 Fol. 3v: 1534; fol. 38r: 1535; fol. 41v: 1524, 1534, 1539;
fol. 53r: 1529; fol. 58v: 1533.
44 Siehe unten, Einleitung zu Nr. 15.
45 Johannes Hefentreger verwendete in seinen Texten eine
eigenwillige Orthographie, die in unserem Abdruck
gemäß den Editionskriterien buchstabengetreu widerge-
geben wird mit Ausnahme von „ß“ am Wortanfang, das
als „s“ erscheint.
46 Schultze, Konfirmationsbekenntnis, S. 234; ders.,
Reformationsgeschichte, S. 105f.; Hederich, Freiheit,
S. 33; Schneider, Johann Hefentreger, S. 113f.; ders.,
Reformator, S. 40f.
47 Schultze, Konfirmationsbekenntnis, S. 234-237; vgl.
ders., Reformationsgeschichte, S. 105f., 211-213, 265f.
48 Achelis, Bemerkungen, S. 424. Vgl. ebenso Schnei-
der, Reformator, S. 40-47; Hareide, Konfirmation,
S. 171-174 sowie die Entgegnung von Schultze, Nach-
wort.
49 Achelis, Bemerkungen, S. 426; Köhler, Einfluß,
S. 87; Maurer, Gemeindezucht, S. 62-65.
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Die Agende beginnt mit Ausführungen zum Glaubensbekenntnis, an die sich Formulare zur Eheeinseg-
nung, Taufe, zum Krankenbesuch und Krankenabendmahl, zur Aussegnung der Wöchnerinnen und zum
Begräbnis anschließen. Den Schluss des Buchs bilden ein Bekenntnis für die Stadt Waldeck und eine Kate-
chismusordnung für Niederwildungen. Einige Abschnitte sind mit verschiedenen Jahreszahlen versehen, die
belegen, in welchen Jahren Hefentreger die Formulare verfasste oder verwendete.43
Johannes Hefentreger hat die in der Agende niedergeschriebene Kasualienverwaltung zunächst an sei-
nen Dienstorten Waldeck und Niederwildungen eingeführt, schließlich wurde seine Praxis jedoch landesweit
in Gebrauch genommen. Als man 1556 die Ausarbeitung der Waldecker Kirchenordnung in Angriff nahm,
mahnte Graf Wolrad II., dass man Gottesdienste und Kasualien in der gesamten Grafschaft bislang nach
Hefentregers Vorgaben praktiziert habe und nun keine Neuerungen einführen dürfe, die zu stark von diesen
abwichen.44 Das Gros der Texte in Hefentregers Agende wurde schließlich wörtlich in die Waldecker Kir-
chenordnung von 1556 aufgenommen, die Anordnung der einzelnen Vermahnungen und Gebete innerhalb
der Kapitel wurde jedoch vielfach verändert, daneben wurden 1556 weitere Passagen ergänzt. Die Kir-
chenordnung stellt schließlich also eine erweiterte Fassung von Hefentregers Agende dar. Die einzelnen
Abschnitte, die auf Hefentreger zurückgehen, sind im Variantenapparat der Kirchenordnung (Nr. 15) nach-
gewiesen.
Drei Teile von Hefentregers Agende - das Glaubensbekenntnis und die Bekenntnisordnung für die Stadt
Waldeck von 1529 bzw. 1534 und die Wildunger Katechismusordnung von 1533 - wurden nicht in die
Kirchenordnung von 1556 übertragen. Beide werden hier abgedruckt.45
Die Bekenntnisordnung für die Stadt Waldeck (Nr. 5g) zählt zu einem der ältesten Texte der Agende.
Hefentreger hatte die Gläubigen seiner Gemeinde katechetisch unterwiesen und an Pfingsten 1529
(16. Mai) damit begonnen, ihnen das Glaubensbekenntnis abzunehmen. Neben den Katechismushaupt-
stücken aus Luthers Kleinem Katechismus musste die Gemeinde eine Reihe weiterer Glaubensartikel, die
Hefentreger detailliert ausführte, auswendig lernen und anschließend wörtlich wiedergeben.46
Dieser als conjessio bezeichnete Text wurde bereits im Jahr 1900 von Victor Schultze als „Konfirmati-
onsbekenntnis“ veröffentlicht.47 Dass der Text jedoch zunächst nicht im Zusammenhang mit der Konfir-
mation stand, wurde bereits nachgewiesen. Ernst Christian Achelis machte unter anderem darauf aufmerk-
sam, dass die Bekenntnissätze nicht von Kindern oder Jugendlichen gesprochen werden sollten, sondern nur
Sinn ergäben, wenn sie aus dem Munde von Christen kämen, „die sich vom Irrtum zur Wahrheit und vom
fleischlichen Wandel zur Erneuerung des Lebens kehren“.48 Folglich handelt es sich um ein Bekenntnis für
diejenigen, die Glieder der evangelischen Kirche in Waldeck werden wollten.49 Zu dieser Waldecker
Bekenntnisordnung gehört ein weiterer, auf 1534 datierter Text, den Hefentreger an den Beginn seiner
Agende stellte (Nr. 5a). Hierin formulierte er mehrere Glaubensartikel sowie ein Gebet. Wir drucken diesen
Text im Anschluss an das Bekenntnis von 1529 ab. Das Gebet wurde 1556 in die Kirchenordnung (Nr. 15)
übernommen, dort findet es sich am Schluss des Kapitels „Von der Firmung der jungen Knaben und
Meydlein, wie dieselbigen in die Christliche Gemeyn sollen angenommen werden“. Obwohl Hefentregers
43 Fol. 3v: 1534; fol. 38r: 1535; fol. 41v: 1524, 1534, 1539;
fol. 53r: 1529; fol. 58v: 1533.
44 Siehe unten, Einleitung zu Nr. 15.
45 Johannes Hefentreger verwendete in seinen Texten eine
eigenwillige Orthographie, die in unserem Abdruck
gemäß den Editionskriterien buchstabengetreu widerge-
geben wird mit Ausnahme von „ß“ am Wortanfang, das
als „s“ erscheint.
46 Schultze, Konfirmationsbekenntnis, S. 234; ders.,
Reformationsgeschichte, S. 105f.; Hederich, Freiheit,
S. 33; Schneider, Johann Hefentreger, S. 113f.; ders.,
Reformator, S. 40f.
47 Schultze, Konfirmationsbekenntnis, S. 234-237; vgl.
ders., Reformationsgeschichte, S. 105f., 211-213, 265f.
48 Achelis, Bemerkungen, S. 424. Vgl. ebenso Schnei-
der, Reformator, S. 40-47; Hareide, Konfirmation,
S. 171-174 sowie die Entgegnung von Schultze, Nach-
wort.
49 Achelis, Bemerkungen, S. 426; Köhler, Einfluß,
S. 87; Maurer, Gemeindezucht, S. 62-65.
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