Die Grafschaft Waldeck
entierten. Matthäus Tasch überbrachte Hombergs Ratschlag zusammen mit einem von ihm selbst verfass-
ten Schreiben,112 in dem er in gleicher Weise wie Homberg für das sächsische Regelwerk eintrat.
Wolrad II. äußerte sich am 20. September gegenüber seinem Bruder Johann I. hinsichtlich der Stellung-
nahmen Hombergs und Taschs: Wo sie nicht konnen eins werden, laß ich mir (biß Gott gnediglich bessert)
genugen, das die meine[n] bei lehre und ordnung pleiben, wie ine vor siebentzehen jaren bevohlen ist.113 Wolrad
II. spielte hier auf die „Wildunger Artikel“ an, die 1539 von den Superintendenten als Leitlinien kirchlicher
Lehre und Ordnung für die Geistlichen der gesamten Grafschaft aufgestellt worden waren (Nr. 8). Am
3. Oktober 1556 erklärte er, dass er nichts gegen die sächsische Kirchenordnung einzuwenden habe, aber zu
bedenken gebe, dass diese möglicherweise mit Hefentregers Regelwerk kollidiere, das in beiden Landesteilen
(Wildungen und Eisenberg) seit langem in Geltung sei.114
Die Verhandlungen um die neue Waldecker Kirchenordnung zogen sich noch monatelang hin. Im
Abschied der Korbacher Synode vom 10. Februar 1557 hieß es, dass den Pfarrern die Ordnung auf der für
den 14. Juni geplanten nächsten Synode übergeben werden sollte. Die Grafen bemühten sich zwar, den Text
bis dahin drucken zu lassen,115 aber die Ordnung konnte im Juni noch nicht vorgelegt werden, da der
Korbacher Stadtschreiber Johannes Nellen116 nicht fertiggeworden war. Erst am 9. Juni schickte er die
Kopie der Ordnung, die bereits seit drei Wochen bei ihm bereitlag, die er aber wegen persönlicher Schwie-
rigkeiten nicht eher hatte übersenden können, an Hermann Ulner.117 Im August 1557 erschien schließlich
der bei Andres Kolb in Marburg gefertigte Druck der Kirchenordnung.118
Der Text ist zum einen mit dem Datum der Korbacher Synode vom 17. März 1556 versehen sowie mit
den Unterschriften der drei Superintendenten Johannes Lycaula (Eisenberger Landesteil), Reinhard
Hefentreger (Wildunger Landesteil) und Dietrich Nikolaus Rafflenboel (Landauer Landesteil). Ferner
signierten fünf weltliche Räte sowie sechs weitere Pfarrer. Zum anderen trägt die Kirchenordnung das
Druckdatum des 21. August 1557. Am 16. November 1557 wurde das Werk der Synode in Korbach vorge-
legt, von dieser bewilligt und somit in Geltung gesetzt.119
Die Kirchenordnung umfasst Regelungen zu drei Bereichen: 1. zur lutherischen Lehre, 2. zu den Zere-
monien bei Gottesdiensten, Sakramentenspendung und Kasualien sowie 3. zur Organisation der Kirchen-
leitung.120
Die beiden Ratschläge, die von Jeremias Homberg und Matthäus Tasch hinsichtlich der Übernahme der
sächsischen Kirchenordnung im September 1556 an Graf Wolrad II. gesandt worden waren, hatten zwar
nicht den Erfolg, dass die sächsische Ordnung in Waldeck eingeführt wurde, aber es lässt sich sächsischer
Einfluss feststellen. So waren in der Waldecker Kirchenordnung der Gebrauch von Luthers Katechismus
und zahlreicher seiner Lieder vorgesehen, und die Superintendenten sollten die neu anzustellenden Geist-
lichen anhand der wittenbergischen oder meckelnburgischen Ordenung, also aufgrund von Philipp Melan-
chthons 1552 erarbeitetem Ordinandenexamen prüfen.121 Die Konfirmation der Jugendlichen, wie sie in der
Wittenberger Kirchenordnung von 1533 gefordert wurde, ist im Waldecker Regelwerk detailliert beschrie-
ben. Einige wenige Passagen lassen direkte - zum Teil wörtliche - Übernahmen aus der herzoglich-sächsi-
112 StaatsA Marburg, Best. 115.7 Generalia Nr. 4, Abdruck
in Curtze, Kirchenverfassung, S. 168f. Nr. 15; vgl.
Schultze, Reformationsgeschichte, S. 203.
113 StaatsA Marburg, Best. 115.7 Generalia Nr. 4.
114 Abdruck in Curtze, Kirchenverfassung, S. 171f.
Nr. 17, paraphrasiert bei Schultze, Reformationsge-
schichte, S. 204.
115 StaatsA Marburg, Best. 115.7 Generalia Nr. 4, Abdruck
in Curtze, Kirchenverfassung, S. 172 Nr. 18.
116 Zu Johannes Nellen siehe Leiss, Studierende (1906),
S. 213.
117 StaatsA Marburg, Best. 115.7 Generalia Nr. 6.
118 Im StaatsA Marburg, Best. 115.7 Generalia Nr. 4 finden
sich zwei gebundene Exemplare der Ordnung, die mit
den eigenhändigen Unterschriften und den Siegeln Phi-
lipps IV., Wolrads II., Johanns I. und Samuels versehen
sind. Vgl. Pannekoek, Theologie, S. 12 Anm. 91.
119 Wassmann, Waldeck, S. 40; Schultze, Reformations-
geschichte, S. 204.
120 Zum Inhalt siehe auch Wassmann, Waldeck, S. 40-43.
121 Abdruck in Sehling, EKO V, S. 161-190.
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entierten. Matthäus Tasch überbrachte Hombergs Ratschlag zusammen mit einem von ihm selbst verfass-
ten Schreiben,112 in dem er in gleicher Weise wie Homberg für das sächsische Regelwerk eintrat.
Wolrad II. äußerte sich am 20. September gegenüber seinem Bruder Johann I. hinsichtlich der Stellung-
nahmen Hombergs und Taschs: Wo sie nicht konnen eins werden, laß ich mir (biß Gott gnediglich bessert)
genugen, das die meine[n] bei lehre und ordnung pleiben, wie ine vor siebentzehen jaren bevohlen ist.113 Wolrad
II. spielte hier auf die „Wildunger Artikel“ an, die 1539 von den Superintendenten als Leitlinien kirchlicher
Lehre und Ordnung für die Geistlichen der gesamten Grafschaft aufgestellt worden waren (Nr. 8). Am
3. Oktober 1556 erklärte er, dass er nichts gegen die sächsische Kirchenordnung einzuwenden habe, aber zu
bedenken gebe, dass diese möglicherweise mit Hefentregers Regelwerk kollidiere, das in beiden Landesteilen
(Wildungen und Eisenberg) seit langem in Geltung sei.114
Die Verhandlungen um die neue Waldecker Kirchenordnung zogen sich noch monatelang hin. Im
Abschied der Korbacher Synode vom 10. Februar 1557 hieß es, dass den Pfarrern die Ordnung auf der für
den 14. Juni geplanten nächsten Synode übergeben werden sollte. Die Grafen bemühten sich zwar, den Text
bis dahin drucken zu lassen,115 aber die Ordnung konnte im Juni noch nicht vorgelegt werden, da der
Korbacher Stadtschreiber Johannes Nellen116 nicht fertiggeworden war. Erst am 9. Juni schickte er die
Kopie der Ordnung, die bereits seit drei Wochen bei ihm bereitlag, die er aber wegen persönlicher Schwie-
rigkeiten nicht eher hatte übersenden können, an Hermann Ulner.117 Im August 1557 erschien schließlich
der bei Andres Kolb in Marburg gefertigte Druck der Kirchenordnung.118
Der Text ist zum einen mit dem Datum der Korbacher Synode vom 17. März 1556 versehen sowie mit
den Unterschriften der drei Superintendenten Johannes Lycaula (Eisenberger Landesteil), Reinhard
Hefentreger (Wildunger Landesteil) und Dietrich Nikolaus Rafflenboel (Landauer Landesteil). Ferner
signierten fünf weltliche Räte sowie sechs weitere Pfarrer. Zum anderen trägt die Kirchenordnung das
Druckdatum des 21. August 1557. Am 16. November 1557 wurde das Werk der Synode in Korbach vorge-
legt, von dieser bewilligt und somit in Geltung gesetzt.119
Die Kirchenordnung umfasst Regelungen zu drei Bereichen: 1. zur lutherischen Lehre, 2. zu den Zere-
monien bei Gottesdiensten, Sakramentenspendung und Kasualien sowie 3. zur Organisation der Kirchen-
leitung.120
Die beiden Ratschläge, die von Jeremias Homberg und Matthäus Tasch hinsichtlich der Übernahme der
sächsischen Kirchenordnung im September 1556 an Graf Wolrad II. gesandt worden waren, hatten zwar
nicht den Erfolg, dass die sächsische Ordnung in Waldeck eingeführt wurde, aber es lässt sich sächsischer
Einfluss feststellen. So waren in der Waldecker Kirchenordnung der Gebrauch von Luthers Katechismus
und zahlreicher seiner Lieder vorgesehen, und die Superintendenten sollten die neu anzustellenden Geist-
lichen anhand der wittenbergischen oder meckelnburgischen Ordenung, also aufgrund von Philipp Melan-
chthons 1552 erarbeitetem Ordinandenexamen prüfen.121 Die Konfirmation der Jugendlichen, wie sie in der
Wittenberger Kirchenordnung von 1533 gefordert wurde, ist im Waldecker Regelwerk detailliert beschrie-
ben. Einige wenige Passagen lassen direkte - zum Teil wörtliche - Übernahmen aus der herzoglich-sächsi-
112 StaatsA Marburg, Best. 115.7 Generalia Nr. 4, Abdruck
in Curtze, Kirchenverfassung, S. 168f. Nr. 15; vgl.
Schultze, Reformationsgeschichte, S. 203.
113 StaatsA Marburg, Best. 115.7 Generalia Nr. 4.
114 Abdruck in Curtze, Kirchenverfassung, S. 171f.
Nr. 17, paraphrasiert bei Schultze, Reformationsge-
schichte, S. 204.
115 StaatsA Marburg, Best. 115.7 Generalia Nr. 4, Abdruck
in Curtze, Kirchenverfassung, S. 172 Nr. 18.
116 Zu Johannes Nellen siehe Leiss, Studierende (1906),
S. 213.
117 StaatsA Marburg, Best. 115.7 Generalia Nr. 6.
118 Im StaatsA Marburg, Best. 115.7 Generalia Nr. 4 finden
sich zwei gebundene Exemplare der Ordnung, die mit
den eigenhändigen Unterschriften und den Siegeln Phi-
lipps IV., Wolrads II., Johanns I. und Samuels versehen
sind. Vgl. Pannekoek, Theologie, S. 12 Anm. 91.
119 Wassmann, Waldeck, S. 40; Schultze, Reformations-
geschichte, S. 204.
120 Zum Inhalt siehe auch Wassmann, Waldeck, S. 40-43.
121 Abdruck in Sehling, EKO V, S. 161-190.
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