Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Waldeck

14a. Mandat gegen Trunksucht und Fastnachtsbräuche in Korbacha
10. Januar 1547

Philips der Elter1 unnd Walrabe2, gevettern, Graven
zu Waldeegke.
Unnsern gunstigen grus Zuvor, Ersamen, vorsichti-
gen und erbarn lieben getrewen.
Als der almechtige Gott uns zur Obrickeit veror-
dent, Das unns under anderm bevelich unsers
Ampts uff gute policei und Ordnung unserer Land-
schafft zu denckens zu haben und handthabung zu-
thun uffgelegt ist, von wilchem wir zu Jenem tage
Rechenschafft geben müssen und wir dan bei euch
und ewern Burgern In Drincken unnd Zechen ein
unleidliche unordnung und ubermaß, Sonderlich
auch die heidnische, unchristliche Fastnachts Burs-
sen3 befinden, Derhalb der almechtig Gott Land
unnd Leut offtermals mit allerlei plagen, kriig, pe-
stilentz und theurung gestrafft, Ja ganze konigreich
umb ubermaß willen zerstoret, Dessen alle historia
Zeugnus geben, Zu dem die Fastnachts Fast und
-gebert4, da weiber manskleider und die man weibs-
rock und geschmuck In solicher leithvertigkeit an-
ziehen unnd die natur verstellen, wie Synlose Leute
und die unvernunfftigen thier sich anlassen, und vor
dem herrn ein grewel ist, wie wir davon clare, ei-
gentliche wort der heiligen schrifft haben5, dovor
auch die vernunfftigen heiden aus naturlicher Er-
barckeit ein schewen gehabt, Ir aber solichs nit al-
lein In Finsternus des Bapstumbs getriben, Sondern
auch nach unserer bescheenen Reformation In Re-
ligion Sachen, Da ir das heilig Evangelium reine,
Lauter und bei euch haben, Gott sei lob und danck,
Ewern burgern und gesind In allen straessen, Jung
und alt, bisanhero zugelassen, Dessen wir zu unn-
serm gewissen billiche beschwerung tragen unnd In
disenn geverlichen Zeitten, da nuchtern- und mes-
sigkeit vornemblich vonnoten, lenger nit ansehen
a Textvorlage (Abdruck): Curtze, Gesetzgebung, S. 52-
53 (Nr. 21).

1 Philipp IV. (1493-1574) regierte 1513 bis 1574 als Graf
von Waldeck-Wildungen, oben, S. 160.

mugen, So wollen wir euch treulich ermant und
ernstlich begert haben, Ir als christen und versten-
dige wollen zu gemuet furen, Zu waß zorn die hohe
Majestet Gottes durch ubermaß bewegt unnd waß
Sund unnd Schand, Schmee und alles ubel aus dem
drunck entstehet etc., unnd mit trincken und zechen
ein christliche, erbare, tregliche ordnung machen,
auch doruber ernstlich halten, aber die Fastnachts
Burssen und Versamlung, In waß schein die sein und
namen haben mugen, als die Gottes wort, aller
Zucht und erbar- | 53 | keit zuwidder, gentzlich bei
euch abstellen und abschaffen, Wie wir versehen, Ir
werden hirin ewer ampt bedencken und diesem ohn
nachkomen.
Inn fall aber, das nit geschee und unnser trewes
ermanen nach langem anhalten nit stad haben solt,
So wurden wir mit fernerm raith bei andern unsern
undertanen In stedden unnd Dorffern mit frucht,
hopffen und holtz (so euch sunst zugebracht wirdet)
die versehung und bevelich zu tun verursachen, da-
mit ir dannast verspuren, wir zu unleitlicher uber-
maß, so viel an uns, kein ursach geben und vor-
nemblich die heidnische Fastnachtsversamlung und
Burssen und weß von Gotteslesterung doraus er-
volgt, entlich nit dulden wollen.
Das haben wir euch, weil die Fastnachtstage Izo
vor der thur und ir euch mit ewern burgern deste
besser dorin zuschicken, also bei guter Zeit nit ver-
halten wollen.
Datum Waldegk am Sontage nach trium Regum
Anno etc. [MD]XLVII.
[Rückvermerk:] An die von Corbach, die ubermaß
mit dem trincken unnd die Fastnacht betreff.
2 Wolrad II. von Waldeck-Eisenberg (reg. 1539-1578),
oben, S. 166.
3 Fastnachtsbutzen = Masken, Grimm, DWb 3,
Sp.1356.
4 Fastnachtsfest und -gebärden, Bräuche.
5 Dtn 2,5.

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