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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0254
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Waldeck

der Pfarrherr, Vatter und Gevattern sampt dem
Kindlein bei der Tauffe versamlet, Soll der Pfarr-
herr nachvolgende vermanung und gebet vor dem
Volck sprechenp:
qrExhortatio ad ecclesiam pro celebrando Baptis-
mate congregatam:
Lieben Brüder unnd Schwester. Dieweil unser
Herr Jesus Christus sagt, Es müsse der mensch wi-
der geboren werden auß dem wasser und Geyst, wo
er anders25 in das Reich Gottes eingehen wölle,
Unnd der gerechte wirdt seines glaubens leben und
der gottlose inn seinem unglauben und sünden ver-
derben muß26, So ermane ich euch in dem herrn
Christo, das yhr Gott, unsern hymlischen vatter,
mir wöllet helffen anruffen, nachdem von ime alleyn
der Glaube, die Erleuchtung, das leben und Selig-
keyt gegeben wirt, Das er nach seiner vätterlichen
güte diss gegenwertige werck seiner Göttlichen hen-
de gnediglichen erkennen wölle und seine eygene
Barmhertzigkeyt an dieser menschlichen creatur be-
weisen, das er das reyne wasser seines lebendigenn
Geystes2' darüber giessen wölle und durch densel-

q-q B: Vermanung an die leute, so die kinder zur tauffe tra-
genn: Lieben freunde in Christo, wir hören alle tage auß
Gottes wordt, erfahrens auch beide, an unserm leben und
sterben, das wir von Adam her allesampt in sunden em-
pfangen unnd geboren werden, darinnen wir dann unter
Gottes zorn in ewigkeitt verdampt unnd verloren sein
musten, wo uns nicht durch den eingebornen gottessohn,
unsern lieben hern Jesum Christum, darauß geholffen
wehre.
Weil dann dieses gegenwertige kindtlein in seiner natur
mit gleichen sunden, in maßen, wie wir auch, vergiftet
unnd verunreiniget ist, derwegen es auch des ewigenn
todts unnd verdamnis sein und pleiben muste, undt aber
Gott, der vatter aller gnad unnd barmhertzigkeitt, sei-
nen sohn, Christum, der ganzen weldtt unnd also dem-
nach auch den kindlein nicht wenigers dann den alten
verheißen und gesandt hatt, welcher auch der ganzen
weldt sunde getragenn und die armen kindtlein nicht
wenigers, sondernn gleich so wol alß die alten von sun-
den, todt unnd verdamnis erlößet unnd selig gemacht
hat unndt befohlen, man sol sie zue ihm bringen, das sie
gesegnet werden, die er auch aufs allergnedigtste an-
nimpt unnd ihnen das himelreiche verheißet [Mk 10,14;
Mt 18,4; Lk 18,16]. Derhalben wollet auß christlicher
liebe dießes gegenwertigen armen kindtleins gegen Gott
dem hern euch mitt ernst auch annemmen, daßelbige

bigen das hertze dieses menschen vom unglauben
und aller befleckung reynigen28, Das der Name Jesu
Christi, seines eyngebornen Sohns, durch seinen
gottlichen finger darein beschrieben möge wer-
den29 und also vermittelst dem Glauben | B3r | unnd
diesem gnadenreichen Bade der widdergeburt30 inn
die heylige Christenheyt unnd zur gemeynschafft
der heyligen auffgenommen, der angebornen ver-
maledeiung und von der erblichen ungerechtigkeyt
entlediget, inn das Buch des lebens und in die zal
der außerweleten auffgezeychnet werde31, Und das
derselbige, unser herr Jesus Christus, durch die
Tauffe des Geystes und fewrs32 waschen, außfegen
und verzeren wölle alles, was diesem menschen des
verdampten, unreynen fleysches halber an dem
Geyst und seligkeyt hindern oder schaden magqr.
sOratiot:
Barmhertziger, hymlischer Vatter, Wir wissen,
das durch eynes menschen sünd der erbschade des
ewigen todes in und uber alle menschen kommen
ist33, Durch welche[n] des menschen gantzes wesen
vergifftiget, Von Natur nichts anders kan, dann al-

dem hern Christo furtragen und vergebung der sunden
unnd das es inß reich der gnaden unnd seligkeit auch
aufgenommen werden möege, verbitten helffen, unge-
zweiffelter zuversicht, unser lieber herr Jesus Christus
werde solchs ewer werck der liebe, gegen dem armen
kindtlein erzeiget, in allen gnaden von euch annemmen
und ewer gebet auch gewißlich erhörenn, sintemal er die
kindtlein zue ihm [= sich] zue bringen, selbs befohlen und
sie in sein reich aufzuenehmen verheißenn hatt.
r-r Dieser Abschnitt stammt aus Hefentregers Agende,
fol. 11v.
s-s Dieser Abschnitt stammt aus Hefentregers Agende,
fol. 12.
t B: Folgen die gebete, deren die pastores ein oder zwey
nach gelegenheit heraußnemen könnenn. Last uns beten.

25 Überhaupt.
26 Joh 3,5; Vgl. Tit 3,5-7.
27 Joh 7,38; Apk 7,17; 21,6.
28 Vgl. Eph 5,27.
29 Vgl. 2Kor 3,2.
30 Tit 3,5.
31 Vgl. Phil 4,3; Apk 3,5; 20,12.
32 Lk 3,16; vgl. Mk 1,8.
33 Gen 3.

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