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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0259
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15. Kirchenordnung 1556

auch das Vatter unser64, Darmit er Gott anruffen
und umb hilff bitten konne, Dem Sathan wider-
standt thun und Christlich leben, biß Gott an ime
erfüllet, was er yetzt inn der Tauff angefangen hat,
und selig werde, Amenu.
vTempus Purificationisv
Die Kindtbetterin sollen ire Sechs wochen auß-
halten und ehe nicht in publicum gehen, Sie thette

u B: Amen. Vonn der nottauffe.
Die pfarhern sollen das volck in den predigten underrich-
ten, das sie nicht leichtlich zue der nottauffe eilen sollen.
Wenn es aber die hohe notturfft erfurdert, das man teuf-
fen soll und muß, daß die, so dabei sindt, unsern herrn
Gott zuvor anruffen unnd ein vatterunser [Mt 6,9-13]
beten; wen solchs geschehen, alßdenn darauff teuffen im
namen des vatters und des sohns und des h. geistes,
unndt das man dan nicht zweiffele, das kindt sey recht
unnd genugsam getaufft und nicht soll anderweitt in der
kirchen oder sonst getaufft werden. Doch ob man will, so
mag man solch kind, wen es am leben pleibt, in die kir-
chen tragen, das der pfarher die leute frage, ob sie auch
gewiß seyen, das das kind rechtt getaufft sey unnd mit
was weyse und worten sie es getaufft haben. Unnd wo sie
dann sagen werden, das sie Gott uber dem kinde in der
notth angeruffen und nach beschehenem gebeth im na-
men des vatters und des sohns unnd des heyligen geistes
getaufft haben unnd das sie nicht zweiffeln, sondern des
aufs gewißeste seyen, wenn daß kindtlein gleich so baldt
gestorben, das es dennoch rechtschaffen getaufft were, so
soll es der pfarher nichtt wieder teuffen, sondern es bey
solcher tauffe pleiben laßenn unnd es alda in die gemeine
unnd zahl der rechtschaffenen christen annehmen, das
evangelium Marci 10 [13-16], so man bey der tauffe zue
leßenn pflegtt, uber das kind lesen unnd es durch das
gebet Gott dem allmechtigen befehlenn und im nahmen
des herrn gehen laßenn wie volgtt.
Der Pfarherr frage also: Lieben freunde Christi, weil wir
allesampt in sunden unter Gottes zorn zum ewigen tod
unnd verdamnis geboren werden und kein ander mittel
haben, dadurch wir der sunden loiß, vor Gott gerechtt
unnd sehlig werden mögen denn durch unsern einigen
mittler unndtt heylandt Jesum Christum, unnd dieses
jegenwertige kindtlein in solchen nöten auch steckt, so
frage ich euch, ob es dem herrn Christo zuegetragen
unnd durch die tauff auch eingeleibet sey oder nichtt.
Wirdt ihme geandtwortet: ja, so frage der pfarrer ferner:
Durch wen ist solchs geschehen unnd wer ist darbey ge-
wesen?
Spricht dann jemandt, die und die person, N. und N.,
sindt darbei gewesen und die persohn hat dem kinde die
tauffe gegebenn, darauff frage der pfarrer weitter: Habt
ihr auch den nahmen des herrn angeruffenn unndt ge-
bettet? Unndt wirdt geandtwortet: ja, wir haben Gott

es dann mit verleubnus ires Pastors, Der auch mit
den | C4r | armen nottürfftigen nach gelegenheyt der
person und sachen dispensiren sol. Nach außgang
der Sechs wochen oder da ir der Pfarrherr ehe auß-
zugehen verleubte, Soll die mutter das kindlin inn
die kirchen tragen und der Pastor gegen und uber
sie nachvolgende vermanung, dancksagung und
gebett thun, sprechen und bitten wie volget:

angeruffen und das heilige vatterunser gebetet, so frage
er weitter: Womit habt ihr getaufft? Andtwortet man
dann: Mitt waßer, so frage er: Mit was wordten habt ihr
getaufft? So man dann sagt: Ich tauffe dich im nahmen
des vatters und des sohns unnd des h. geistes, so frage er
endtlich: Wißet ihr, das ihr der wordt nach dem befehl
Christi [Mt 28,19] gebrauchtt habet? Unnd wo sie da-
rauff andtwordten: Ja, wir wißens, so sage er: Nu, meine
lieben freundt, weil ihr dann im namen unnd auf den
befehl unsers lieben hern Gottes solches alles gethan, so
sage ich, das ihr recht und woll gethan habt, sintemahl
die armen kindlein der gnaden bedurffen unnd unser herr
Jesus Christus ihnen dieselbigen nicht absaget, sondern
sie auffs allerfreundtlichst darzue forddert, wie solchs
der nachfolgende text des h. evangelii tröstlich zeuget,
welchen der evangelist also beschriebenn hatt, Marci am
10. cap. [13-16]: Unnd sie brachten kindlein zu Jesu ...
leget die hande auff sie und segnet sie [gleichlautend wie
oben, S. 236], Unndt weil wir aus jezt gehörten wordten
unsers herrn Christi des gewiß unnd sicher sein, das dieß
kindtlein zum reich der gnaden auch angenommen, wol-
len wir bittenn, das es darinnenn möege zur ewigen se-
ligkeit bestendig erhalten werdenn.
Last uns beten: Der allmechtige Gott unnd vatter unsers
hern Jesu Christi, der dich durchs waßer und heyligen
geist anderweit geborn unnd dir alle deine sunde verge-
benn hat, der stercke dich mit seiner genad zum ewigen
leben, Amen. Friede sey mitt dir.
Wurden aber die leuthe, so das kindtlein zur tauffe brin-
gen, auf des pfarrers fragen ungewiße andtwordtt geben
unnd sagen, sie wusten nichtt, was sie gedacht, vielwe-
niger, was sie geredt oder gethan in solcher großen noth
(alß dann zue zeitten geschehen pfleechtt), so mache
man nicht viel disputirens, sondern nehme das kindt alß
ungetaufft unnd forder es zur tauff alßo, wie man alle
ungetauffte zur tauffe zue fordern unnd zue teuffenn
pflegtt. Unnd wen man die gebete gesprochen unnd die
kinder durch die paten dem teuffel entsagen unnd des
glaubens bekentnus hatt thun laßen, alßdan teuffe der
pfarherr die kinder ohn alle condition im nahmen des
vatters unnd des sohns unndt des heyligenn geistes.
B: Vermanung undt erinnerung an die kindttbetterin.

64 Mt 6,9-13.

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