Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

15. Kirchenordnung 1556

Das er seinen leib uff verheyssung deines worts zum
begrebnus in die hoffnung der frölichen auff-
erstehung ergebe, Erhöre uns, lieber herre Gott.
| H3r |
Das er seinen geyst in deine hend befelhen möge,
Erhöre uns, lieber herre Gott.
Das er die posaunen Gottes und des Ertzengels
stimme151 am jüngsten tage mit lieb unnd freud
erhören möge, Erhöre uns, etc.
Das er unserm erlöser Christo mit allen außerwelten
in den wolcken frölich entgegenfahren
möge152, Erhöre uns, lieber herre Gott.
Das er mit demselbigen Jesu Christo inn deinem
reich ymmer und ewiglich leben und herschen
möge, Erhöre uns, etc.
O Jesu Christ, Gottes Sohn, Erhöre uns, etc.
O du Lamb Gottes, das der welt sünde tregt, Er-
barm dich uber in.
O du Lamb Gottes, das der welt sünde tregt, Ver-
schon seiner, lieber herre Gott.
O du Lamb Gottes, das der welt sünde tregt, Hilff
im, lieber herre Gottq.
Oremus:
rBarmhertziger, hymlischer vatter, Wir wissen
und erkennen, Das es allzumal wolverdiente straffe
sein, | H3v | mit welcher du uns heymsuchest, Dann
unser mutwilliges leben und unsere mani[g]faltige
sünde zwingen dich ohn unterlaß, das du uns züch-
tigen must. Wir bitten, das du disem deinem diener
oder dienerin gnedig wollest sein und im oder ir
durch deine barmhertzigkeyt alle sünd verzeihen
und in diser gegenwertigen staupe153 nit nach dei-
nem grimmigen zorn, sondern nach deiner vätterli-
chen gelindigkeyt mit ines fahren. Gib im oder ir,
herre, eyn verstendigs hertz, das er oder sie dise dei-

r-r Dieser Abschnitt stammt aus Hefentregers Agende,
fol. 27r-27v.
s B: ihm oder ihr.
t B: gleubigen.
u B: bewahren.
v-v Dieser Abschnitt stammt aus Hefentregers Agende,
fol. 27v-28r.
151 1Thess 4,16.

ne gnedige züchtigung mit liebe und gedult uffne-
men konne und auch unter der ruten dein vätter-
lichs hertz erkenne.
Unnd nachdem es dein Gottlicher wolgefallen
ist, den glaubent deiner getrewen durch allerley
trübsal zu bewerenu, So verleihe im oder ir glauben
und gedult, Wie du auch etwan Abraham, dem ge-
rechten, Hiob und Tobias, den gedültigen154, Und
andern mehr deinen außerweleten freunden gegeben
hast, Welche im fewr deiner Gotlichen bewerung be-
stendig, heilig und reyn wie das geleutterte
gold155 erfunden und erhalten sein und in irer trübsal
deinen gebenedeiten Namen mit beten, loben und
dancken geheyliget haben. Also wollest auch diesem
deinem diener oder dienerin die krafft deines heyli-
gen geystes erscheinen lassen, das er oder sie im
Fewr dieser bewerung nicht verzage, Sondern wie
die drei Männer auß dem Babylonischen Fewr-
ofen156 mit eynem unverletzten glauben gnediglich
errettet werde. Das bitten wir durch Jesum Chri-
stum, unsern Herren, Amenr. | H4r |
vAllmechtiger, ewiger Got, Du Schöpffer aller crea-
turen, Nach welches weißheyt und ordenung alle
ding versorget werden, Leben und sterben stehet in
deiner handt und hast dirs in sonderheyt also gefal-
len lassen, das du dem menschen sein eygen ziel zu
leben bestimmet und alle seine monat und tag in
eyne gewisse zal gefasset157 Und dazu alle seine
schridt gezelet158, darüber er nit schreitten kan, Wir
bitten deine Gottliche barmhertzigkeyt, wo dieser
dein diener den lauff seines lebens noch nit het auß-
gericht, du wollest im die verlorne krafft seines leibs
widerbringen und von disem leger frolich und ge-
sundt wider auffhelffen, Gleichwie Jesus Christus,
dein eyngeborner Sohn, die Schwegerin Petri hat
uffgericht159 Und dem achtunddreissigjärigen krop-
pel bei dem Teiche zum zeychen der warhafftigen

152 Vgl. 1Thess 4,17.
153 Züchtigung, Grimm, DWb 17, Sp. 1198.
154 Zu Abraham: Gen 11,26-18,33; 20-23; 25; zu Hiob:
Hi 1-42; zu Tobias: Tob 1-14.
155 Vgl. Jes 48,10; 1Petr 1,7.
156 Dan 3.
157 Hi 14,5; Ps 39,5.
158 Hi 14,16; 31,4; 34,21.
159 Mt 8,14-15.

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