Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0280
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Waldeck

tödten an, das sie wider lebendig werden. Und ich
weissaget, wie er mir befolhen hatte. Da kam odem
in sie und sie wurden wider lebendig und richteten
sich auff ire füsse und irer war eyn sehr groß heer.
uHierauff spreche der Pfarrherr diese nachvolgende
exhortation zum volck:
Lieben Brüder unnd schwester, Unser Herre
Gott lesset uns yetzt abermal sehen mit unsern au-
gen, das er sein wortt wahr machen will, da er zu
unserm vatter Adam gesagt hat: Du bist staub, zu
staub solt du widder werden183. Hierumb geburt uns
nicht, diese dinge mit onachtsamkeyt zu übersehen,
Sondern wie eyn sach zubedencken, die wir auch mit
unserm leib unnd leben zu seiner zeit wahr müssen
machen helffen. Des zu eyner erinnerung hat unser
Gott und Herr durch den Mundt seiner außerwelten
des menschlichen lebens unbestendigkeyt zu wider-
streit getrieben und angezogen, Denn alhiervon re-
det erstlich der heylig Davidv, Psalmo 90 [10]: Unser
leben weret siebentzig jar, wens | K1v| hoch kompt,
so seins achtzig jar, unnd wens köstlich gewesen, so
ists mühe unnd arbeyt gewesen, dann es fehret
schnell dahin, als flögen wir darvon.
Esajas sagt, cap. 40 [6]: Alles fleysch ist hew
unnd alle seine herrligkeyt ist wie eyn blume auff
dem feld. Der heylige Hiob sagt, cap. 14 [1-2]: Der
mensch, der vom weib geboren ist, lebt eyne kurtze
zeit und ist voll unruhe, gehet auff wie eyn blum
unnd fellet ab, fleuhet wie eyn schatten und bleibet
nicht. Item am 7. [1] und 13. [25]: Des menschen
tage sein taglöners tage. Er ist wie eyn blat, das der
windt verwehet, und wie eyn dürrer halm. Und un-
serm verdienst nach mag es nit anders sein, dann
das wir in unserm vatter Adam alle müssen ster-
ben184. Darumb kan dieser sach mit forcht unnd zit-
tern nicht gerathen werden, sondern es will mit freu-
de gewaget sein als eyn sach, der mit nichts dann
mit sterben mag geholffen werden. Und wirt hie
nichts bessers sein, dann das wir zu Gott mit Moise
t-t Fehlt B.
u-u Dieser Abschnitt stammt aus Hefentregers Agende, fol.
40r-40v.
v B: Moses.
w-w Dieser Abschnitt stammt aus Hefentregers Agende,
fol. 40v-41r.
x-x B: daß es je.

schreien, Psalmo 90 [12]: Herr, lere uns bedencken,
das wir sterben müssen, auff das wir klug werden.
Wo aber unser stündlein noch nicht kommen were,
so wirdt uns doch des todes betrachtung nicht un-
nütz sein, Dann Salomon sagt, Ecclesiastes am 7.
[Pred 7,2]: Es ist besser, inn das Klaghaus gehen,
dann in das Trinckhaus. Inn jenem ist das ende aller
menschen und der lebendige nimpts zu hertzenu.
wUnd nachdem wir nicht Heyden, sondern Christen
sein, So haben wir (unserm Glauben und Profession
nach zurechnen) mehr ursach, den Todt zubegeren
| K2r | dann zufliehen. Wir wissen xye, das esx un-
müglich sei, der sünden loß zu werden, wir haben
dann diesen sündigen cörper außgezogen, Umb wel-
ches auch grosse heyligen gebetten haben. Dieweil
aber auch der Christen sterben nicht alleyn eyne
pflicht und schuld dery Natur, sondern auch eyn an-
geheffte volge der Tauffe ist, so sollen wir nicht ge-
dencken, das unser Tauffe vollenbracht sei, man hab
dann unser fleysch inn die erden geschorren185.
Dann wie S. Paulus sagt186, so werden alle getauff-
ten inn den todt unnd zum begrebnus getaufft, Das
haben wir nun schon eyn teyl außgerichtet durch
den glauben in Christum, und ist nur umb den letz-
ten Guss187 zuthun, das unser alter Adam volgentz
außbade und also die Tauffe beschliesse.
Ihr sollet auch diß bedencken, Das der Glaubi-
gen todt unnd begrebnus eynen grossen under-
scheyd hat vor der ungleubigen abscheyd. Dann wo
die ungleubigen allhie durch den todt ire lieben
freunde verloren haben, so tragen sie dieselbigen
also zu grabe als die sie nun forthan nymmermehr
sehen werden, unnd ist alle hoffnung dahin. Wir be-
graben aber die unsern also in diesen Gottesacker
wie der weytzen inn die Erden beschorren wirt, das
wir gewißlich gleuben, Wenn der liebe Sommer kom-
men wirdt, der heylige Jüngste tag, das wir alsdann
unsern geseheten freundt widder auffgehen und auß
der Erden werden sehen kommen, tausentmal bes-
y B: der verderbten.
183 Gen 3,19.
184 Vgl. 1Kor 15,22.
185 Verscharrt, begraben.
186 Kol 2,12.
187 Das letzte Ausgießen, Grimm, DWb 9, Sp. 1209f.

260
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften