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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0309
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15. Kirchenordnung 1556

Kirchen personen seien, die in offentlichen sünden
leben, als Ehebruch, Unehelich beiwonen odder an-
dere unzucht.
3. Ob yemandt auch daselbst zauberei treibe odder
mit Segen334 umbgehe. | Q4r |
4. Ob noch Walfarten oder andere offentliche abgöt-
terei an demselbigen ort sei.
5. Ob yemandt da lesterlich rede wider Gott unnd
sein Wort.
6. Ob yemandt nit zu der Communion gehen wölle.
7. Ob etliche falscher leer und secten, als der Wid-
dertauffer und Sacramentarien335 oder andern, so
der Catholischen Kirchen zuwidder, anhengig sein.
8. Ob auch verbottene Wucherer da sein.
9. Ob auch mutwillige Leuth sein, die dem Pastor
und Kirchendienern drewen336, sie schmehen
odderm pochen337.
10. Ob etliche ehelichen personen voneynander ge-
lauffen sein.
11. Wie es mit den begrebnissen unnd grafftsted-
den338 gehalten werde.

m B: unndt.
n Fehlt B.
o B: werden. Von den zugeunern.
Dieweil sich auch mehrmals befunden unnd zuegetra-
genn, das die zuegeuner ihre kinder, wie zu besorgenn,
allein umb gewins willen teuffenn laßenn unnd also ge-
schehen konte, das sie mehr dan einsmals durch die pa-
stores unwißendt getaufft worden und es aber an ihm
[=sich] selbst ein verdechtig volck, so nicht allein mit
aberglauben, lugen und betrug umbgehen, sondern auch
gemeinlich landverrether sein, auch alte unnd junge leu-
the in den dorffernn unnd stedtten heuffig zue ihnen
lauffen, sich wickenn [=wahrsagen] unnd weißagen zu la-
ßenn, alß wollen unnd bevehlenn wir, das unsere super-
intendenten und visitatores, im gleichenn alle pastores
darauf vleißig achtt habenn unndt bevehlen auch hier-
mit ernstlich allenn unsernn ambtleuttenn, sobaldt sie
unser herrschafft ruhren [=betreten], keinen durchzug
noch unterschleiff [=Unterschlupf] ihnen zue gestattenn,
sonder wiederumb zueruckweisen, damitt solcher miß-
brauch der heiligen tauffe unndt anderer unrath vor-
kommen unnd gentzlich in unser graffschafft verhutet
werden mugenn.
Von christallensehern, warsagern unnd abergleubigenn
Dieweil auch offtmals leute erfunden werden, die zum
theil auß boeßheit, zum theil auß einfaldt unnd unver-
standt mit christallennsehen, warsagenn, segen [siehe
Anm. 334] unnd andere dergleichenn abergleubischenn
dingen umbgehen, solches aber Gottes wordt zuewider

12. Von unterhaltung des Pastors und Schulmey-
sters.
13. Von Gebewen der Kirchen, Behausung des Pa-
stors, Schulen und Kuster.
14. Ob auch Spinstuben339, Abentdentz oder andere
| Q4v | unzüchtige Conventicula da gehalten wer-
deno.
pDarnach sollen siep von den Casten- odder heyli-
genmeystern sampt andern zweyen oder dreien
frommen Pfarrkindern, so sie darzu beruffen, fragen
wie volgt:
1. Ob der Pastor und Kirchendiener ires Ampts auch
fleissig warten.
2. Ob sie auch zu gepurlicher zeit Predigen und Sa-
crament reychen.
3. Ob sie auch die krancken auff ir beger besuchen.
4. Ob sie auch die Kinder im Catechismo fleissig
unterrichten.
5. Ob sie auch Christlich unnd erbarlich leben unnd
wandeln.
6. Ob eynigkeyt sei zwischen den Kirchenpersonen.

und eine große sunde ist, so sollen unsere superintenden-
ten unnd predicanten das volck in gemein unnd diejeni-
genn, so sie hiermitt befleckt sein vermerckenn, inson-
derheitt mitt vermahnen lehrenn unnd underrichten,
vonn solchenn sundtlichenn, verbottenen dingen trew-
lich abweisen, unnd sollen unsere beamptenn eines je-
denn orths nach den christallensehernn unnd warsagernn
greifen, in die hafften bringen unnd es zu erkennen ge-
ben, damit sie ihre geburende straffe, die ihnen nach ge-
legenheit unnd befindung an leib unnd leben ohn alle
barmherzigkeit wiederfahrenn soll, empfangenn mögen.
Deßgleichen sollen auch unsere beampten auf diejenigen,
so sich obgemelten dingen anhengig machen, zue den
wahrsagernn unnd christallennsehern lauffenn unnd sich
bey ihnen raths erfragen, gute achtung gebenn, sie davor
neben den pastoribus warnen unnd abwendenn unnd die-
jenigen, so sich auf vorhergehende warnung nichtt wol-
len abwenden laßenn, gleicher gestaldt einziehen, sie an
leib undt gut nach gelegenheit der uberfahrung habenn
zue straffenn.
p-p B: Demnach sollenn die visitatores.
334 Mit dem abergläubischen Segensprechen.
335 Sakramentierer war die von den Lutheranhängern ge-
brauchte polemische Bezeichnung für die Reformierten.
336 Drohen.
337 Verhöhnen, Grimm, DWb 13, Sp. 1960.
338 Grabstätten, Gräbern.
339 Zu den Spinnstuben siehe oben, S. 227 Anm. 16.

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