Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

5. Kirchenzuchtordnung 1594

5. Kirchenzuchtordnunga
1. Oktober 1594

bKirchendisciplinordnung 1594
Verbessert und publicirt bey der damals gehaltenen visitationb |25v leer, 26r |

Wir, Johan Albrechtl, grave zu Solms, herr zu
Muntzenberg unnd Sonnenwaldt, vor uns und die
wolgeborne unsere freundliche, liebe brudere2, thun
kund und bekennen hiemit.
Demnach durch Gottes gnedige vorsehung und
barmhertzigkeit die lehr des h. evangelii viel jahr
hero bei weiland denn wolgebornen unsern freund-
lichen, lieben vorelttern und herrn vattern3 wolseli-
gen inn ihrer liebten obrigkeit eingefurt unnd ge-
pflantzet worden, sonnderlich aber mit verleihung
des allmechtigen von tag zu tag der verpliebene
sauerdeig4 in der lehr undc sacramenten erofnet5 und
nach mögligkeit auß unsern kirchen verwiesen, daß
furd solch gnade wir unnd unnsere underthanen Got-
tes güte hoch zu preisen und solchen deuhren schatz
mit danckbaren hertzen anzunehmen und uns zu-
zueignen bei verlust unserer seligkeit zum höchsten
verpflichtet sein, und wir aber ihm werck befinden,
auch glaublich bericht werden, daß nicht wenig un-
der unsern underthanen6 seien, die sich solcher gna-
den wenig gebrauchenn, die predig des heili- |26v |
gen evangelii, darinnen uns solche hochste guder
vorgetragen und gegeben worden, verachtlich hal-

a Textvorlage A (Handschrift): FSBA Braunfels, A 61.1
III 543/2, fol. 25r-33v. Textvorlage B (Handschrift):
FSBA Braunfels, A 61.1 III 543/2, fol. 39r-46v.
b-b Fehlt B.
c B: und heiligen.
d B: durch.
e B: underthanen unnd angehörigen.
f B: unnd.
g B: jederzeit vleißig.
h-h B: die aber.

1 Johann Albrecht I. von Solms-Braunfels (1563-1623,
reg. 1582-1602), Konrads Sohn, Uhlhorn, Johann Al-

ten, sich dem gebrauch der h. sacramenten endzie-
hen, in offentlichem ergerlichen leben und mehren
unordnungen ihr leben zupringen, alles mit verlet-
zigung der höchsten mayestät Gottes und ihrer selb-
sten eigenen verdamnus, als haben wir wenigers
nicht dan andere christliche obrigkeiten nach dem
bevelch Gottes die geladene ungehorsame gest zu
der mahlzeit des almechtigen6 nach göttlicher ver-
leihung mit christlicher disciplin und ordnung bei-
zubringen keinen umbgang haben konnen nochf sol-
len.
Bevehlen demnach und wollen erstlich, dieweil
der seligmachende glaub aus dem gehor gottliches
worts herkompt7, das alle unsere underthanen sich
jederzeitg zur predig göttliches worts halten.
hWelche aber die sondag und andere verordnete vest-
und bettag nicht haltenh,vor oder under der predig
uber felt gehen, im feld arbeiten oder daheim andere
unzimliche arbeith thun, sollenn der hierzu verord-
neten straff gewiß gewertig seinn8. |27r |
Es sollen aber nachfolgende feyertag den sondagen
gleich gehalten werden:
Der christag sampt nechstem tag hernach, der newe

brecht, S. 127-145; Solms-Laubach, Geschichte,
S. 56-66; Himmelreich, Gemeinden, S. 210f.
2 Otto von Solms-Hungen (1572-1610) und Wilhelm I.
von Solms-Greifenstein (1572-1610), Uhlhorn, Otto,
S. 279-295; Solms-Laubach, Geschichte, S. 76-78.
3 Philipp von Solms-Braunfels (1494-1581, reg.
1547-1581) und sein Sohn Konrad (1540-1592, reg.
1581-1592), Solms-Laubach, Geschichte, S. 51-55.
4 Vgl. Mt 16,12; Mk 8,15; Lk 12,1.
5 Offenbart wird.
6 Vgl. Mt 22,1-14.
7 Röm 10,17.
8 Siehe die Strafordnung, oben, Nr. 2.

333