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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0403
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9. Kirchenordnung für Solms-Laubach [1576-1580]

tzel gegen einem grossen hauffen geschicht, sondern
vermag und leget den kirchendienern auch dieses
auf, das sie einer jeden einzeln persohn, so von sün-
den angefochten ist und trost begert, das evangeli-
um 39r | von vertzeihung der sünden umb Christi
willen predigen und den, so daran glaubt, von sün-
den absolviren sollen, wie dan die exempla Christi
und seiner lieben apostell vor augen stehen, Math. 9
[1-7; 20-22] vom gichtbrüchigen und dem weiblein
mit dem blutgangk, Lucae am 5. [17-26] und 7.
[36-50] mit Petro und der sünderin, Johannis 8
[1-11] mit der ehebrecherin, Actorum 8 [26-40] et 9
[1-19] mit dem kemmerer auß mohrenlandt und
Paulo, 2. Corinth. 2 [5-11], mit dem onzüchter zu
Corintho, welchem Paulus nicht allein fur sich selbst
vertzeihet, sondern bevilhet ime auch, die absoluti-
on mitzuteilen in der kirchen zu Corintho, und ist
gewiß, das ein ider mensch sollichen trost zubegeren
und die stimme des evangelii als Gottes stimme und
wortt anzunemen und zuglauben schuldig ist,
ogleich wie David schuldig war, seine absolution an-
zunemen und zu glauben0, da der prophet Nathan
zu ime sprach: Der herr hat deine sünde weggenom-
men145; dan was solte sonst der bevelch zu absolvi-
ren, da niemants die absolution begeren oder mit
glauben annemen wolte? Ist derhalben den christen
hiemit nit weiniger gebotten, die absolution zusu-
chen und zubegeren alß den kirchendienern, das sie
den begerenden dieselbige sollen mitteilen.
Zum andern, auf das die lehre von der applica-
tion und der hohe, grosse trost wider die schreckli-
che anfechtung von der particularitet und eigener
onwürdigkeit, domit die armen sünder furnemlich
angefochten werden, (das sie woll in gemein glau-
ben, das Gott etlichen die sünde vergeben wölle, als
den grossen hochbegnadeten und erlauchten 39v |
heiligen, aber sie seien zu gering und onwirdig zu
solcher gnaden) erhalten werde und fest pleibe, wel-
che, so man fallen läßet, auch zugleich allen besten-
digen und gewissen trost mit wegnimbt und die ge-
engstigten, angefochten gewissen in ewigem zagen
und entlicher verzweifelung stecken läst. Wiewoll
o-o Am Rand nachgetragen.
p-p Unterstrichen, am Rand: NB.
q-q Unterstrichen.
r-r Unterstrichen, am Rand: NB.

aber nun etliche stoltze geister und sichere gemüter
sollichen trost nicht hoch achten, dan sie fülen ire
sünde noch nicht, so gibt doch die erfharung in vie-
ler armen, betrübten menschen hertzen und gewis-
sen gnugsam zuverstehen, das dieser trost alle der
gantzen weldt güter und kleinot weit ubertrifft und
gewißlich der höchste und edelste schatz ist, den ein
armer sünder in seiner grossen angst und bekom-
mernus haben mag, so man ime aus Gottes bevelch
solche gnad anzeigt und zu hause bringet: Sey ge-
trost, förchte dich nicht, deine sünde seint dir ver-
geben146.
Zum dritten um christlicher zucht willen, das
man in sollichem gesprech das junge, onverstendige
volck vom glauben fragen und, wo sie underrichts
bedörffen, denselbigen mitteilen, auch sonst in vie-
len andern sachen den einfeltigen leutlein rath und
underweisung geben könne.
Mögen derhalben alle betrübte, gesunde oder
krancke, solche absolution begeren, wan und so offt
sie wollen, insonderheit aber soll es iderzeit gesche-
hen von denen, so das hochwurdige abentmahl des
hern empfangen wollen, |40r| pdas sich derselbigen
ein ider fur sein person zuvor bei dem pfarher selbst
anzeigep, seine rewe und leidt uber die sünde beken-
ne, die absolution begere und sein christlich, gut
vornemen, von sünden abzustehen und hinfuro in
christlichem gehorsam zu leben, bezeuge, domit nie-
mant das abentmahl Christi ime selbst zur verdam-
nus und der kirchen zur ergernus empfahe.
Zudem, das es auch umb guter ordnung willen,
darvon der heilige apostel Paulus gebeut und
spricht, 1. Corinth. 14 [40]: Lassets alles ehrlich und
ordenlich zugehen, gentzlich vonnöten sein will, dan
es ja ongebürlich ist, qonbekante personenq, von wel-
chen man nicht weiß, was sie glauben oder wie sie
von Christo berichtet seint, item, ob sie busse thuen
wöllen oder nicht, also onverhort zum hochwurdigen
sacrament des leibs und bluts Christi zuzulassen,
soll derhalben hinfuro diese ordnung also pleiben
und gehalten werden, rdas niemant zum abentmahl
zugelassen werde, er hab sich dan zuvor angezeigtr,
145 2Sam 12,13.
146 Mt 9,2.

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