Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Solms

Durch das badt der widergeburt und ernewerung
des heiligen geistes, welchen er außgegossen hat
uber uns reichlich durch Jhesum Christum, unsern
heilandt, auf das wir durch desselben gnad gerecht
und erben seien des ewigen lebens nach der hofnung,
das ist ja gewißlich wahr.
Was bedeut dan sollich wassertauffen?
Es bedeut, das der alte Adam in uns durch täg-
liche rew und busse solle erseuft werden und sterben
mit allen sünden und bösen lüsten, und widerumb
täglich herauskommen und auferstehen ein newer
mensch, der in gerechtigkeit und reinigkeit vor Gott
ewiglich lebe.
Wo steet das geschriben?
S. Paulus zun Römern am 6. capitel [4] spricht:
Wir seint sambt Christo durch die tauf begraben in
den todt, das, gleich wie Christus von den todten ist
auferweckt durch die herlichkeit des vaters, also sol-
len wir auch in einem newen leben wandlenw.
Das fünfte hauptstuck christlicher lehr,
vom sacrament des leibs und bluts Christi
Was ist das sacrament des altars?
Es ist der wahr leib und blut unsers herrn Jhesu
Christi, under dem brott und wein uns christen zu-
essen und zudrincken von Christo selbst eingesetzt.
51v |
Wo steet das geschriben?
Also schreiben die heiligen evangelisten Ma-
theus, Marcus, Lucas und S. Paulus169: Unser herr
Jhesus Christus, in der nacht, da er verrathen
wardt, nam er das brodt, danckt und brachs und
gabs seinen jungern und sprach: Nemet hin, esset,
das ist mein leib, der fur euch gegeben wirdt. Sol-

In Luthers Kleinem Katechismus folgt hier der Ab-
schnitt zur Beichte, BSLK S. 517-519; WA 30,1,
S. 258-259.

ches thut zu meinem gedechtnus. Desselbigen glei-
chen nam er auch den kelch nach dem abentmal,
danckt und gab inen den und sprach: Nemet hin
und drincket alle daraus, dieser kelch ist das newe
testament in meinem blut, das fur euch vergossen
wirt zur vergebung der sünden. Solchs thut, so offt
irs drincket, zu meinem gedechtnus.
Was nutzt dan sollich essen und drincken?
Das zeigen uns diese wortt: vor euch gegeben
und vergossen zur vergebung der sünde; nemlich,
das uns im sacrament vergebung der sünden, leben
und seligkeit durch solche wortt gegeben wirdt; dan
wo vergebung der sünden ist, da ist auch leben und
seligkeit.
Wie kan leiblich essen und drincken solche große
dinge thuen?
Essen und drincken thuts freylich nicht, sondern
die wortt, die da stehen: fur euch gegeben und ver-
gossen zur vergebung der sünden; welche wortt seint
neben dem leiblichen essen und drincken als das
hauptstuck im sacrament, und wer denselbigen
wortten glaubet, 52r | der hat, was sie sagen und wie
sie lauten, nemlich vergebung der sünden.
Wer empfehet dan sollich sacrament wurdiglich?
Fasten und leiblich sich bereiten, ist woll eine
feine eusserliche zucht, aber der ist recht wirdig und
woll geschickt, der den glauben hat an diese wortt:
vor euch gegeben und vergossen zur vergebung der
sünden. Wer aber diesen wortten nicht glaubet oder
zweifelt, der ist onwirdig und ongeschickt, dan das
wortt: vor euch, erfordert eitel170 glaubige hertzen.
Das morgen- und abentgebett benedicite und grati-
as findestu oben in erzelung des catechismi171.

169 Mt 26,26-28; Mk 14,22-24; Lk 22,19-20; 1Kor 11,23-25.
170 Ganz, vollständig, nichts als.
171 Siehe oben, S. 366.

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