Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Solms

10. Kirchenzuchtordnung für Solms-Laubacha
26. Oktober 1603

Wir, Friederich1, und Wir, Albrecht Otto2 für uns
selbsten, wir, Otto der ältere3, alle Graffen zu Solms,
Herren zu Müntzenberg, Wildenfelß und Sonne-
waldt etc. und wir, Margareth4, gebohrne von
Schönburg, Gräffin und Wittib zu Solms etc. in Vor-
mundschafft und an Statt unserer respective Brü-
der, Vettern und Söhne Wolffgang, Henrich Wil-
helms, Friedrich Magnussen und Hanß Geor-
genö, ebenermaßen Graffen zu Solms etc., thun
kundt und zu wissen männiglich.
Demnach Gottes Wortt und unser von dem All-
mächtigen anbefohlenes Amt uns zu gemüth führen
und erinnern, daß nemblich uns als unserer Unter-
thanen von Gott Vorgesetzter Obrigkeit gebühret
und oblieget, mit ernst dahin zu sehen, welcher ge-
stalt nicht allein jeder unser Unterthanen vor sich
und seine Angehörige bey guten Rechten und dem
seinen mögte geruhiglich beschützet und gehand-
habt und dagegen wieder unbilligen Gewaldt, Un-
recht und andere Beschwehrung beschürmet und
verthädigt werden, Sondern auch, daß das für-
nembst und nothwendigst, waßmaßen Gott dem
Allmächtigen und in unser Herrschaft und unter un-
sern unterthanen möge ein Christlich Kirch und sein
Reich gebauet und gepflantzet, unsere unterthanen
zu rechtschaffener Erkantnüß und furcht des All-
mächtigen und seines seligmachenden Worts ange-
wiesen und gebracht, dann auch und darneben äu-

a Textvorlage (Abdruck): Schaum, Solmser Ordnung,
S.133-144.

1 Friedrich von Solms-Laubach (1574-1649) war der Sohn
Johann Georgs I. (1547-1600), Solms-Laubach, Ge-
schichte, S. 258-260.
2 Albrecht Otto von Solms-Laubach (1576-1610) war
Friedrichs Bruder, Gräf, Fundamentalismus, S. 76-81;
Solms-Laubach, Geschichte, S. 247-257.
3 Otto zu Sonnenwalde (1550-1612) war der Sohn Fried-
rich Magnus’ von Solms-Laubach (1521-1561). Er war

ßerlichen unter ihnen gute Pollicey, Ordnung, Bur-
gerliche Zucht, Erbarkeit und Dugendt angerichtet
und erhalten werden, wie auch unsers Theils durch
Gottes Gnaden, sowohl auch unsere geliebte Vorel-
tern hierinnen an unsern Fleiß, Mühe, Arbeit und
Kosten nichts haben mangeln noch erwünden laßen,
als haben wir zu mehr gedachten unsern untertha-
nen das gnädige Vertrauen und zuversicht gehofft,
Sie sollten erstlich und zuforderst Gottes hohe Gnad
und Wohlthat in dem, daß er in Kirchen und Schuh-
len unserer Herrschaft sein Heiliges Göttliches
Wortt und den Brauch der Hl. Sacramenten rein,
lauter und unverfälscht eingeführt und noch gnädig
erhält, dann auch unserer Voreltern und unsre zu
Beförderung solcher Ehre Gottes und Erhaltung
Burgerlicher Zucht und Pollicey ahngewandte
Mühe und ungesparten Fleiß mit schuldigem, dank-
bahrem, demüthigem Gemüth zu ihrer höchsten
Wohlfahrt aufgenommen und erkandt haben.
Aber diesem zuwieder befinden wir täglich, daß
der grose und meiste Hauff unserer Unterthanen
Gottes Wortt, die hochwürdige Sakramenten, das
H. Predigambt und hiermit Gott selbsten mit allen
seinen Wohlthaten uffs höchst und äuserst unehren
und verachten laßen, auch ihre Kinder und Hauß-
gesinde weder zur Kirchen, Schulen noch der Lehr
des H[eiligen] Catechismi kommen, leben in allerley
Sündt, Schandt und Laster, desgleichen erzeigen sie
ebenmäßigen ungehorsamb und Verachtung gegen

der Onkel Friedrichs und Albrecht Ottos, Solms-
Laubach, Geschichte, S. 266-279.
4 Margarethe (1554-1606) war die Witwe Johann Georgs
I. von Solms-Laubach (1547-1600), Solms-Laubach,
Geschichte, S. 246 und Tab. VIII.
5 Wolfgang von Solms-Laubach (1581-1611), Heinrich
Wilhelm I. zu Sonnenwalde (1583-1632), Friedrich Mag-
nus von Solms-Laubach (1584-1604) und Johann
Georg II. von Solms-Laubach (1591-1632) waren Söhne
Johann Georgs I. (1547-1600) und Margarethes,
Solms-Laubach, Geschichte, Tabelle VIII.

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