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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0423
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10. Kirchenzuchtordnung für Solms-Laubach 1603

vor der Kirche gespendet2' werde. Es sollen sich
auch vor der Thauff des Kindes Vatter und Gevat-
ter bey dem Pfarrherrn anzeigen, damit der Pfarr-
herr von ihnen Bericht anhöre, ob sie das Werk ver-
stehen, und sie unterrichten könne, da dann auch, uf
den fall, die Gevattern so gar28 ungeschickt oder
Gottloß, dieselbe durch den Pfarrherrn hinwegge-
wiesen werden mögen.
14. Zum Vierzehenden wollen wir, daß unsere Un-
terthanen an denen Ortten, da es schuhlen hat, ihre
Kinder, so ihnen an Arbeith nicht behilflich seyn
können, nicht auf der Gassen herumblauffen lassen
und allerley schalckheith und Boßheit lernen und
treiben, sondern daß sie die Kinder zu Schule mit
Fleiß ziehen und anhalten, damit sie in Christlicher
Lehre und Zucht auferzogen werden und desto bes-
ser Gott erkennen lernen, wie dann die Eltern hierzu
das Viertte Gebott29 verpflichtet.
Da auch auff den Dörffern einer aus den Kna-
ben, so lesen können, geheissen wird, Sonntags zur
frühe morgens das Gebeth oder in der Vesper ein
stück Catechismi abzulesen, soll er demselben un-
widersetzlich nachkommen, und sollen die übertret-
ter nach gelegenheit von uns und unsern Beambten
gestrafft werden.
15. Zum Funffzehenden. Wie auch ein hohes und
herrliches Ambt sey das Predigambt, kann ein jeder
Christ leichtlich ab diesem verstehen, der die wun-
derbahrliche Verheißung aus dem himlischen Rath
im Paradeiß eröffnet hat: Der Samen des Weibes soll
der Schlange den Kopff zertretten30, item, daß die-
ser Sohn Gottes ist hernach Mensch worden und
sichtbahrlich gepredigt, die Aposteln selbst außge-
sandt, und zu allen treuen Predigern sagt Lucae am
10. Cap. [16]: Wer euch höret, der Höret mich und
wer euch verschmehet, der verschmehet mich; daß
auch unser lieber Gott in dem Rath beschlossen hat,
daß er ihme31 eine ewige Kirche sammeln wolle

27 Gemeint ist, dass das Taufsakrament im Falle der Un-
würdigkeit der Taufpaten nicht vollzogen werden soll.
Die Wendung „vor der Kirche“, also außerhalb des Kir-
chengebäudes, muss hier im übertragenen Sinne als „in
der Welt“ verstanden werden.

durch sein Wortt und nit anders. Dieses wöllen wir,
daß unsere Unterthanen mit Fleiß erwegen, solch
Ambt hoch achten, die Predigt und Kirchendiener
lieben und ehren und nicht allein dasjenige, so zu
ihrer Unterhaltung von alters gestifft und geordnet,
freywillig und gern reichlich geben, sondern auch
sonsten ihnen alle mögliche Hülffe beweisen. 140 j
16. Zum Sechtzehenden. Nachdem nun viel Jahr
hero gespühret, daß auß den heimlichen, vortheil-
hafftigen, täglichen, hohen, übermäßigen spiehlen
allerhandt unradt erfolget, also daß mancher da-
rüber nicht allein an seiner zeitlichen Nahrung
mercklich abnimbt, sondern auch dardurch von sei-
ner Christlichen Arbeith und dem Beruff, darin ihn
Gott gesetzt hat, zu allem üppigen, leichtferttigen
Wesen, ja auch zu dem so hoch verbottenen Gottes-
lästern und je bißweilen zu anderen ärgerlichen
sündlichen Thaten gereitzet und gleichsam ohn al-
len Bedacht verleidet wird und uns nichts destowe-
niger unsers von Gott tragendes Ambts halben ob-
liegen will, darum gebührliches einsehens vorzuwen-
den, damit ein jeder das seine anders nicht dann ihm
und den seinen zu ihren und aller wohlfardt recht
gebraucht und sowohl vor ewigen als auch zeitlichen
Schaden und Nachtheil sich allenthalben zu hüten
wisse, So wollen wir hiermit das heimlich Winkel-,
auch das täglich und groß überflüssig spielen allen
unsern Unterthanen gantz und zumahl verbotten
und abgeschafft haben mit der Verwahrnung, da ei-
ner darüber dasselbige selbst fräventlich üben und
brauchen oder aber andern zu üben heimlich unter-
schleiff geben würde, daß wir den- oder dieselbige
sambt und sonders darumb mit allem Ernst beide,
mit Thurn- und anderen Straffen, unnachlässig ge-
denken anzusehen, wie dann auch alles dasjenige,
was einer also heimblich, übermäßig und unziemb-
lich verspielet, desselben Eltern, Weib und Kind der
gewinnende Theil ohne alles Hinnderzichlig32 und
verweigern wieder heraußzugeben schuldig seyn, un-

28 Ganz, völlig.
29 Ex 20,12; Dtn 5,16.
30 Gen 3,15.
31 Sich.
32 Unterschlagen.

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