Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0424
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Solms

sere Beambte auch darauf alsbald beyd, die Hülff
und Straff gegen die Spieler und heimliche uffent-
hälter ohne einigen Verzug oder außflucht ergehen
lassen sollen. Wann aber ehrliche Leuth beysammen
sind oder öffentliche Gesellschaften gehalten wer-
den, ist uns nicht zu entgegen, daß alsdann Kurtz-
weil halber dieselbe um etliche Weißpfennig33 wohl
spielen mögen, doch daß darunter in alle Weege ge-
bührende maaß und Beschaidenheit gehalten und
nicht überschritten werde.
17. Zum Siebenzehenden. So ist bißhero auch ein
groser überfluß, unnutz, Verschwendung und
schändlicher mißbrauch der gaben Gottes an speis
und trank auf Hochzeiten und Kindtauffen ge-
braucht und geübt worden. Dahero es dann sich zu-
trägt, weil dasjenige, so die Eltern ihren Kindern
sollten mit zur ehesteuer geben, uf den Hochzeiten
unnützlich umgebracht und verschwendet wird, daß
diejenige eheleut, so mit blosen Händen zusammen-
kommen, haben keinen Anfang zu ihrem Haußhalt
oder Handwerk und gerathen so bald anfangs ihres
ehestands an den Bettelstaab. Gleichermassen er-
hellt es sich auch mit denen Armen Kindbette-
rin34. Dieselbe müssen dann uff der Kindthauff uff-
wenden unnötige Costen hernachmahls die Zeit ih-
res Kindbetts mit grosem mangel nothdürfftiger
Warttung und unterhalts jämmerlich büßen und be-
zahlen. Solchen oberzehlten schändlichen Überfluß
und unordnung auf Hochzeit und Kindtauff wollen
wir hiermit und Crafft diesses allerdings abgeschafft
und verbotten haben, und ist 141 unser Will, Mei-
nung und Befehlich, daß keinem unsrer Untertha-
nen über 14 paar ehevolcks mit 6 par ledigen Per-
sohnen zu seiner oder der seinen Hochzeit beruffen
und zu laden soll zugelassen und erlaubet seyn, in
welche Zahl Koch, Abspeiser, Becker und andere
auffwärtter auch begriffen sind. Und soll der je-
nigec, welcher dieses überfähret und nicht hält, an
c Im Druck irrig: einige.
33 Weißpfennig (Albus), Silbermünze. 20 Albusse entspra-
chen einem Gulden, Schrötter, Wörterbuch,
S. 18-20.
34 Wöchnerinnen.
35 Vgl. oben, S. 61 Anm. 30. In einem Gutachten der Pfar-

10 fl unabläßig gebüßet und gestrafft werden. Wann
auch bißhero dieser unnöthiger und überflüssiger
Unkost ahngewendet worden in dem, daß der Hoch-
zeiter alle diejenige, so er zur Hochzeit erbetten und
zuvor des Weinkauffs nicht genossen haben, zu dem
Abendims vor dem Hochzeitstag geladen hat, da
alsdann solch Ims samt dem Weinkauff fast eben-
soviel gekostet hat als die gantze Hochzeit, solchem
unnöthigen kosten aber zuvorzukommen und diesen
überflüßigen Unkosten abzuschneiden, wollen Wir,
hiermit auch ernstlich gebietendt, daß erstberührt
Abendimbs hinführo unterlassen und darzu von dem
Bräutigam ferner niemands als nur allein die fremb-
de Leuth geladen und beruffen werden sollen. Und
welcher darüber thun wird, der soll uns mit 1 fl zur
Straff für jede Persohn verfallen seyn.
Und weil es bißhero brauchlich gewesen, daß
man den ersten Tag zwo Mahlzeiten gehalten, läst
man es künfftig auch darbey bleiben und beruhen.
Den zweyten Hochzeitlichen Tag soll nicht mehr als
eine Hochzeitliche Mahlzeit zu Mittag gehalten
werden und unordentlich suppenessen, desgleichen
Bradensameln35 samt dem Abendessen gäntzlich ab-
geschafft und bey Straff 5 fl verbotten seyn, doch
sind frembde Leuth und diejenige, so uff der Hoch-
zeit gedienet und aufgewartet, hiermit nicht gemei-
net.
Man soll auch zu jeder mahlzeit auf jeden Tisch
mehr nicht als 6 essen geben und auftragen lassen,
und welcher hierüber thun wird, soll so viel Gulden
als er Tisch gespeiset, zu erlegen schuldig sein. So
viel aber die Hochzeiten, darauf man nicht zu schen-
ken pflegt, beruhen thut, sollen zu denselben mehr
nicht als zwen Tisch gebeten, auch mehr nicht als
zwo Mahlzeiten nach obbestimmter Maß gehalten
werden und das übrich Rechnungsgelof36 gäntzlich
verbotten seyn, alles bey obgesetzter Straff.
Wann auch bißhero ein Brauch gewesen, daß auf
den Eheberedungstag oder Weinkauff nicht viel,
rer der Grafschaft Wied vom 14. Januar 1600 hieß es:
Daß das braten heischen (deßen sich die junge gesellen des
andern tags nach der hochzeit mit grossen argernus zu ge-
brauchen pflegen) auffgehaben und verbotten werde,
Sehling, EKO XIX, S. 476 Anm. a.
36 Vielleicht sind hier Bräuche bei der Hochzeitsfeier ge-
meint, vgl. unten, Anm. 46.

404
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften