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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0425
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10. Kirchenzuchtordnung für Solms-Laubach 1603

eine geringere Anzahl Persohnen, gebeten werden
und auch nicht weniger an speiß und Tranck ist auf-
gewendet worden als auf dem Hochzeitlichen Tag
selbsten, alß soll hinführo, diesem zuvorkommen, an
ehevolck und ledigen Persohnen mehr nicht dann zu
zweyen Tischen, auf jeden Tisch 10 Persohnen ge-
rechnet und geboten, auch nur eine Mahlzeith und,
wie oben vermeldet, mit 6 essen gehalten werden,
und der zweyte Tag gantz abgeschafft seyn, doch die
nächsten blutsverwanden, so etwan sonderswo wie-
der mögen beruffen werden, außgeschloßen. Und
sollen keine uffheischung37 solcher neuen Eheleuth
von unsern Pfarrherr geschehen, es sey Ihnen dann
zuvor die zu zweymahl getroffene Eheberedung or-
dentlich uffs Papier gebracht und, zu Verhüthung
allerley Zanks und Weiterung38 der 142 Gebühr
confirmirt und versiegelt, vorgezeigkt worden; und
sollen die Verbrecher mit 5 fl gestrafft werden, doch
behalten wir uns hiermit ausdrücklich bevor, jeder-
zeit nach Erheischung der Nothdurfft und Gelegen-
heit der sachen in diesem alle mehrung und Linde-
rung zu thun und vorzunehmen.
Was dann ferner die Kindbett anlangt, hat man
bißhero gespühret und gesehen, daß die Eltern ihre
Kindlein gantz gefährlich, auch götlichem Befehl
zuentgegen39, etliche Tage lang ungetaufft lassen lie-
gen, allein des Prachts und uncostens halber, biß sie
denselben zusammengebracht haben, alß wollen wir
hiermit und ist unser ernstlichs Gebott, daß hinfüh-
ro, wann der allmächtige Gott die Schwangere Frau-
en ihrer weiblichen Bürden mit Gnaden entbunden
und sie mit einer Leibesfrucht geseegnet, sie bene-
ben ihrem Ehevogt40, als Eltern schuldig sein sollen,
ihre Kindlein unverzüglichen, wo nicht am ersten,
doch auf den zweyten Tag unserem lieben Herrn
Jesu Christo zuzutragen und also durch die Hl.
Tauff der Christliche[n] Kirchen einverleiben zu las-
sen und dasselbige mitnichten leichtfertiger Weise
zu versäumen bey Vermeidung unserer Ungnad und
5 fl Straff. Was aber das Gelach41, welches gleich
nach beschehener Tauff bißhero gehalten worden
ist, belangt, wollen wir, daß solches um dieser Ur-
37 Verkündung des Aufgebots.
38 Schwierigkeiten, Grimm, DWb 28, Sp. 1291.
39 Vgl. Lk 2,21; Gen 17,12.

sachen willen, weil die Haußmutter Ihrer Leibs-
schwachheit halben gleich anfangs in der Küchen
oder sonsten im Hauß nicht wandern noch aufse-
hens haben kann, biß nach Außgang der sechs Wo-
chen, wofern der Gevatter einheimisch gebeten wor-
den, verschoben werde, da aber der Gevatter
frembd und über Land gebetten worden ist, mag sol-
ches Gelach so bald, da es in des Kindleins Eltern
Gelegenheit wäre, nach Verrichtung des Christli-
chen Werks, doch uff maß, wie hernach folget, Voll-
bracht werden. Und sollen zu solchem Kindbeth
nicht mehr Persohnen als zu einem Tisch geladen
und beruffen und nur eine Mahlzeith, darüber aber
über 6 Essen nicht, gegeben werden, alles bey Straff
5 fl.
Denenjenigen Persohnen, so zu Gevattern ge-
standen, soll über ein Vierthel Wein zu schencken
hiermit auch verbotten sein. Wofern aber jemand
darüber thun wird, derselbig soll mit so viel Gulden,
als viehl Maß Wein er darüber geschenckt, Verfallen
seyn. Würde auch jemand nach gehabter Mahlzeit
mit dem Gevatter zu Hauße gehen oder in sonsten
weiterige unnöthige Costen bringen, der soll mit
dem Gefangnüß gestrafft werden.
Belanget die ferner Zusammenkunft, so bey der
Kindbetterin des andern Tages geschehen, dieselbi-
ge als unnöthig und überflüssig soll hiermit bei
Straff 5 fl abgeschafft seyn. Es wird aber hiermit der
Gevatterin für ihre Persohn die Kindbetterin zu be-
suchen nicht verbotten. Würde auch jemand auß
unsern Unterthanen zu der Zeith, wann die Kind-
betterin auß dem Kindbett gehet, ein neues und be-
sonderes Gelach anfangen, der soll an 5 fl gestrafft
werden.|143|
Wie aber nun durch gegenwärtige Ordnung dem
unnöthigen, schändlichen Ueberfluß in Hochzeit
und Kindtauff gewehret und gesteuert, also und
dargegen soll hiermit einem jeden nach erforderung
seines Vermögens in solchen fällen geringer Ahnord-
nung und Tractation zu pflegen und vorzunehmen
mitnichten verbotten seyn.

40 Ehemann.
41 Gelage, Umtrunk.

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