Solms
18. Zum Achtzehenden, demnach uns in Bericht
auch vorkommen, daß der ungöttliche, schandlose
Wucher in unserer Herrschafft täglichen und je län-
ger, je mehr einreiset und überhand nimbt, dar-
durch dann unser arme Unterthanen äuserst er-
schöpfft, ausgesogen und verderbet werden, und
aber dieses schändlichen übels halben in den gemei-
nen beschriebenen rechten und dann insonderheit in
des Hl. Reichs Policeyordtnung42 längst nothdürff-
tige und heilsame Vorsehunk geschehen, Alß befeh-
len wir hiermit unsern Räthen, Befehlichshabern
und Schultheißen ernstlich, in erfahrung zu bringen,
ob einer oder mehr etwas an Geld außgeliehen oder
künfftig ausleihen würde und vermög höhere als in
rechten zuläßige Pensiones und Zinß jährlich ge-
nommen habe oder nehmen wolte und alßdann ge-
gen den- oder dieselbige nach Ausweissung berühr-
ter Polliceyordnung unverzüglich zu verfahren,
auch über solchen verbottenen uhnchristlichen Wu-
cher keineswegs zu verhelffen43, noch viel weniger
mit ihren Consens oder sieglung die deßwegen uff-
gerichte Verschreibungen und Instrumenten zu ra-
tificiren und zu bekräftigen etc.
19. Zum Neunzehenden. Dieweil auch ja billig,
christlich, nutz und guth, daß die Sonntags- und
Kirbdäntz44 abgestellt und alle Erbarkeit, sonder-
lich aber bey dem jungen Volck, so ohnedas zu
schand, Laster und Boßheit geneigt, gepflanzet wer-
de, So wollen wir zur Erhaltung Christlicher Zucht
hiermit geordnet und gesetzet haben, ordnen und
setzen, daß hinführo die Sonntags- und Kirbdäntze,
auch andere leichtfertige üppigkeiten, so nach heid-
nischer Weiße zur Fastnacht im Bradensingen45 und
aschertagsgelof46, Walburgstag mit Lehen außruf-
fen47, Johannistag mit nächtlichen Eyersamm-
42 In der Reichspolizeiordnung von 1577 Art. XVII und
XVIII, siehe Weber, Reichspolizeiordnungen,
S.237-244.
43 Gemeint ist: bei der Eintreibung des „Wuchergeldes“ ge-
richtlich oder exekutiv zu helfen.
44 Kirchweihtänze.
45 Siehe oben, S. 324 Anm. 23.
46 Aschermittwochsbräuche, HWDA 1, Sp. 617-621.
47 Lehenausrufen an Walpurgis (1. Mai), siehe oben, S. 61
Anm. 29.
len48 und noch zu andern Zeiten mehr als in den
Pfingstgelachen49 durchs Jahr geübet werden, ver-
botten seyn und die überfährer jedesmahl nach ge-
stalt der geübten Leichtfertigkeit durch unsere Be-
ambte, nemblich jede Persohn mit 2 fl, gestrafft und
die Straff einbracht werden soll. Wann aber Hoch-
zeiten sindt, mag man ziemlich dantzen, doch daß
solches nicht unter der Predigt oder zur Zeit, wann
man den Catechismum hält, darzu ehrlicher Weise
geschehen und das nachtdantzen50, desgleichen das
abstoßen am Dantzen, auch das herumbwerffen,
verdrehen und sonst alle unzüchtige Geberde und
Wortt gäntzlich unterlassen und vermieden werden.
Doch wollen wir hiermit Gnädig zugelassen und be-
williget haben, daß nach gehaltenem Abendessen ein
ehrliches, Züchtiges, doch über eine Stund nicht
wehrendes Däntzlein gehalten möcht werden, da-
rauf dann jedesmahl unsere Statt- und Dorffknecht
darauf gute Achtung haben sollen, damit diejenige,
so dieser unser Ordtnung zuwieder einige Leichtfer-
tigkeit brauchen, in gebührendte Straff gezogen
werden 144 mögen. Da auch die verordnete Uffse-
her hierin und sonsten nachläßig durch die finger
sehen51 und unsern Räthen oder Schultheißen etwas
in dem Verschweigen wollen, sollen sie ernstlich da-
rumb gestrafft und angesehen werden. Es soll auch
niemand von Weibs- oder Mannspersohnen sich bey
den Hochzeitdäntzen eintringen noch einige Unord-
nung anzustifften gelusten zu lassen, Er oder die
seyn dann zur Hochzeit gebeten und zur Kirchen
und Straß in ihrem Hochzeitlichen Kleid dem Bräu-
tigam und der Braut und also dem Heiligen Ehe-
stand zu Ehren und gefallen erschienen. Da aber je-
mand darüber zu handeln sich unterstehen wolle,
soll der statt- oder Dorffknecht oder andere bestell-
te uffseher gegen denselben, es sey mann, weib,
48 Eier sammeln an Johannis (24. Juni), siehe oben, S. 324
Anm. 21.
49 Trinkgelage an Pfingsten.
50 Ausgelassenes Feiern in der Nacht vor dem Hochzeits-
tag, vgl. ähnliche Bestimmungen in der Waldecker Kir-
chen- und Zuchtordnung vom 1. Januar 1555, oben,
S. 226.
51 Darüber hinwegsehen, es dulden.
406
18. Zum Achtzehenden, demnach uns in Bericht
auch vorkommen, daß der ungöttliche, schandlose
Wucher in unserer Herrschafft täglichen und je län-
ger, je mehr einreiset und überhand nimbt, dar-
durch dann unser arme Unterthanen äuserst er-
schöpfft, ausgesogen und verderbet werden, und
aber dieses schändlichen übels halben in den gemei-
nen beschriebenen rechten und dann insonderheit in
des Hl. Reichs Policeyordtnung42 längst nothdürff-
tige und heilsame Vorsehunk geschehen, Alß befeh-
len wir hiermit unsern Räthen, Befehlichshabern
und Schultheißen ernstlich, in erfahrung zu bringen,
ob einer oder mehr etwas an Geld außgeliehen oder
künfftig ausleihen würde und vermög höhere als in
rechten zuläßige Pensiones und Zinß jährlich ge-
nommen habe oder nehmen wolte und alßdann ge-
gen den- oder dieselbige nach Ausweissung berühr-
ter Polliceyordnung unverzüglich zu verfahren,
auch über solchen verbottenen uhnchristlichen Wu-
cher keineswegs zu verhelffen43, noch viel weniger
mit ihren Consens oder sieglung die deßwegen uff-
gerichte Verschreibungen und Instrumenten zu ra-
tificiren und zu bekräftigen etc.
19. Zum Neunzehenden. Dieweil auch ja billig,
christlich, nutz und guth, daß die Sonntags- und
Kirbdäntz44 abgestellt und alle Erbarkeit, sonder-
lich aber bey dem jungen Volck, so ohnedas zu
schand, Laster und Boßheit geneigt, gepflanzet wer-
de, So wollen wir zur Erhaltung Christlicher Zucht
hiermit geordnet und gesetzet haben, ordnen und
setzen, daß hinführo die Sonntags- und Kirbdäntze,
auch andere leichtfertige üppigkeiten, so nach heid-
nischer Weiße zur Fastnacht im Bradensingen45 und
aschertagsgelof46, Walburgstag mit Lehen außruf-
fen47, Johannistag mit nächtlichen Eyersamm-
42 In der Reichspolizeiordnung von 1577 Art. XVII und
XVIII, siehe Weber, Reichspolizeiordnungen,
S.237-244.
43 Gemeint ist: bei der Eintreibung des „Wuchergeldes“ ge-
richtlich oder exekutiv zu helfen.
44 Kirchweihtänze.
45 Siehe oben, S. 324 Anm. 23.
46 Aschermittwochsbräuche, HWDA 1, Sp. 617-621.
47 Lehenausrufen an Walpurgis (1. Mai), siehe oben, S. 61
Anm. 29.
len48 und noch zu andern Zeiten mehr als in den
Pfingstgelachen49 durchs Jahr geübet werden, ver-
botten seyn und die überfährer jedesmahl nach ge-
stalt der geübten Leichtfertigkeit durch unsere Be-
ambte, nemblich jede Persohn mit 2 fl, gestrafft und
die Straff einbracht werden soll. Wann aber Hoch-
zeiten sindt, mag man ziemlich dantzen, doch daß
solches nicht unter der Predigt oder zur Zeit, wann
man den Catechismum hält, darzu ehrlicher Weise
geschehen und das nachtdantzen50, desgleichen das
abstoßen am Dantzen, auch das herumbwerffen,
verdrehen und sonst alle unzüchtige Geberde und
Wortt gäntzlich unterlassen und vermieden werden.
Doch wollen wir hiermit Gnädig zugelassen und be-
williget haben, daß nach gehaltenem Abendessen ein
ehrliches, Züchtiges, doch über eine Stund nicht
wehrendes Däntzlein gehalten möcht werden, da-
rauf dann jedesmahl unsere Statt- und Dorffknecht
darauf gute Achtung haben sollen, damit diejenige,
so dieser unser Ordtnung zuwieder einige Leichtfer-
tigkeit brauchen, in gebührendte Straff gezogen
werden 144 mögen. Da auch die verordnete Uffse-
her hierin und sonsten nachläßig durch die finger
sehen51 und unsern Räthen oder Schultheißen etwas
in dem Verschweigen wollen, sollen sie ernstlich da-
rumb gestrafft und angesehen werden. Es soll auch
niemand von Weibs- oder Mannspersohnen sich bey
den Hochzeitdäntzen eintringen noch einige Unord-
nung anzustifften gelusten zu lassen, Er oder die
seyn dann zur Hochzeit gebeten und zur Kirchen
und Straß in ihrem Hochzeitlichen Kleid dem Bräu-
tigam und der Braut und also dem Heiligen Ehe-
stand zu Ehren und gefallen erschienen. Da aber je-
mand darüber zu handeln sich unterstehen wolle,
soll der statt- oder Dorffknecht oder andere bestell-
te uffseher gegen denselben, es sey mann, weib,
48 Eier sammeln an Johannis (24. Juni), siehe oben, S. 324
Anm. 21.
49 Trinkgelage an Pfingsten.
50 Ausgelassenes Feiern in der Nacht vor dem Hochzeits-
tag, vgl. ähnliche Bestimmungen in der Waldecker Kir-
chen- und Zuchtordnung vom 1. Januar 1555, oben,
S. 226.
51 Darüber hinwegsehen, es dulden.
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