Die Grafschaft Erbach
büchlein von 1545, die Straßburger Agenden sowie die Kasseler Kirchenordnung von 1539 als Vorlagen für
die Erbacher Kirchenordnung angesehen werden.47
Das Bestallungsschreiben „Copey der bestallung, So ein newer Pfarherr wird angenommen“ entstammt
dem Formularbuch einer Kanzlei.48 Die übrigen Kapitel zur Anstellung der Geistlichen sind eigenständige
Formulierungen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Erbacher Kirchenordnung von 1560 zwar auf
mehrere Traditionen zurückgriff, dass daraus aber ein eigenständiger Text geformt wurde.49 Der konfessio-
nelle Charakter der Erbacher Kirchenordnung folgte der Wittenberger Theologie.50
Nach dem Tod Georgs II. (1569) wurde der Sohn seines Bruders Eberhard XIV., Georg III. (1548-1605),
der Nachfolger in seiner Teilherrschaft. Georg III. ließ die Erbacher Kirchenordnung überarbeiten und
veröffentlichte sie 1602 in einem Neudruck.51 Dieser weist gegenüber der älteren Fassung Ergänzungen der
vorhandenen Abschnitte sowie einige neue Kapitel auf.52 Neben dem sprachlich überarbeiteten Brenz-
Katechismus enthält der Neudruck auch den kompletten Text von Luthers Enchiridion. Im Laufe des
17. Jahrhunderts wurde Brenz’ Katechismus in der Grafschaft Erbach schließlich vollständig von Luthers
Text abgelöst.53
Zur Wirkungsgeschichte der Erbacher Kirchenordnung gibt ein 1577 angefertigter Bericht Auskunft:
Sämtliche Pfarrer waren aufgefordert worden, eine Beschreibung der kirchensachen und cerimonien ihrer
Pfarrkirche zu verfassen. Der hieraus kompilierte Gesamtüberblick zeigt, dass die Vorgaben der Kirchen-
ordnung von 1560 in fast allen Pfarreien der Grafschaft weitgehend umgesetzt worden waren.54
Hinsichtlich der Kirchenordnung stellt die Herrschaft Breuberg einen Sonderfall dar: Nachdem sie 1556
je zur Hälfte an Erbach und Stolberg-Königstein gefallen war, wurde am 7. Oktober dieses Jahres ein
Vergleich bezüglich kirchlicher Fragen zwischen den beiden Breuberger Herren geschlossen. Zur Kirchen-
ordnung hieß es darin: Erstlich sollen und wollen sich alle ihre Geistliche in der Herrschaft Breuberg einer
christlichen Kirchen-Ordnung vergleichen, und damit solches desto beständiger beschehen möge, so soll und will
Graf Ludwig [von Stolberg-Königstein] obgenannten Grafen zu Erbach die alte Kirchen-Ordnung, so bishero in
der Herrschafft Breuberg gehalten worden, zuschicken. Dergleichen sollen die Grafen zu Erbach wohlgenanntem
Grafe Ludwigen dero Kirchen-Ordnung, wie die in ihrer gantzen Graffschaft gehalten würd, auch übersenden,
folgends sollen sich alle ihre Geistlichen darum einer Kirchen-Ordnung vereinigen.55
Obwohl die Herrschaft Breuberg bis 1556 den Grafen von Wertheim unterstand, war hier offenbar
bereits vor 1556 die Kirchenordnung Graf Ludwigs von Stolberg-Königstein in Gebrauch. Hierbei handelt
es sich um die Mecklenburger Kirchenordnung von 1552, die 1554 in Stolberg eingeführt worden war. Diese
sollte also mit der Erbacher - der handschriftlichen Kirchenordnung von 1549/50 - verglichen werden, um
schließlich aus beiden Texten ein gemeinsames Regelwerk für die Herrschaft Breuberg zu konzipieren, das
die bisherigen Zeremonien mit denen der Erbacher Ordnung vereinte.
47 Veit Dietrichs Agendbüchlein: Sehling, EKO XI,
S. 487-553; Kasseler Kirchenordnung von 1539: Seh-
ling, EKO VIII, S. 113-130; vgl. Waldenmaier,
Gottesdienstordnungen, S. 100; Steitz, Geschichte,
S. 131; Richter, Kirchenordnungen II, S. 222; Seh-
ling, EKO XI, S. 124.
48 Preuschen, Kirchenordnung, S. 27.
49 Weismann, Katechismen 1, S. 609.
50 Press, Erbach, S. 666, 678f., 682f.
51 Scriba, Mittheilungen, S. 24 erwähnt: „ein Neudruck
fand schon im folgenden Jahre 1561 statt“. Dieser Druck
scheint jedoch nicht überliefert zu sein.
52 Folgende Abschnitte: „Wie es mit der Ordination eines
newen Kirchendieners soll gehalten werden“, „Von Aus-
segnung der Kindbetherin“ und „Von der Kirchen Dis-
ciplin gegen den gefallenen“.
53 Weismann, Katechimen 1, S. 610; Fehle, Brenz,
S. 165; Höreth, Erbach, S. 47.
54 Abdruck des Berichts bei Luck, Versuch, S. 21-24. Zur
Einführung der Kirchenordnung von 1560 in der Zent
Wildenstein siehe Sehling, EKO XI, S. 697; vgl.
Weismann, Katechismen 1, S. 609 Anm. 25.
55 Zitiert nach Preuschen, Kirchenordnung, S. 22. Der
Vergleich behandelte ferner die Pfarrstellenbesetzung,
bei der sich die beiden Besitzer der Herrschaft abwech-
seln sollten, die jährlichen Visitationen der Pfarrer und
die Aufzeichnung der Pfarrgüter, Gefälle und sonstigen
Besitzungen und Einnahmen. Weitere Punkte befassten
sich mit Verwaltung, Befestigung und Ausbau der Burg
Breuberg.
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büchlein von 1545, die Straßburger Agenden sowie die Kasseler Kirchenordnung von 1539 als Vorlagen für
die Erbacher Kirchenordnung angesehen werden.47
Das Bestallungsschreiben „Copey der bestallung, So ein newer Pfarherr wird angenommen“ entstammt
dem Formularbuch einer Kanzlei.48 Die übrigen Kapitel zur Anstellung der Geistlichen sind eigenständige
Formulierungen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Erbacher Kirchenordnung von 1560 zwar auf
mehrere Traditionen zurückgriff, dass daraus aber ein eigenständiger Text geformt wurde.49 Der konfessio-
nelle Charakter der Erbacher Kirchenordnung folgte der Wittenberger Theologie.50
Nach dem Tod Georgs II. (1569) wurde der Sohn seines Bruders Eberhard XIV., Georg III. (1548-1605),
der Nachfolger in seiner Teilherrschaft. Georg III. ließ die Erbacher Kirchenordnung überarbeiten und
veröffentlichte sie 1602 in einem Neudruck.51 Dieser weist gegenüber der älteren Fassung Ergänzungen der
vorhandenen Abschnitte sowie einige neue Kapitel auf.52 Neben dem sprachlich überarbeiteten Brenz-
Katechismus enthält der Neudruck auch den kompletten Text von Luthers Enchiridion. Im Laufe des
17. Jahrhunderts wurde Brenz’ Katechismus in der Grafschaft Erbach schließlich vollständig von Luthers
Text abgelöst.53
Zur Wirkungsgeschichte der Erbacher Kirchenordnung gibt ein 1577 angefertigter Bericht Auskunft:
Sämtliche Pfarrer waren aufgefordert worden, eine Beschreibung der kirchensachen und cerimonien ihrer
Pfarrkirche zu verfassen. Der hieraus kompilierte Gesamtüberblick zeigt, dass die Vorgaben der Kirchen-
ordnung von 1560 in fast allen Pfarreien der Grafschaft weitgehend umgesetzt worden waren.54
Hinsichtlich der Kirchenordnung stellt die Herrschaft Breuberg einen Sonderfall dar: Nachdem sie 1556
je zur Hälfte an Erbach und Stolberg-Königstein gefallen war, wurde am 7. Oktober dieses Jahres ein
Vergleich bezüglich kirchlicher Fragen zwischen den beiden Breuberger Herren geschlossen. Zur Kirchen-
ordnung hieß es darin: Erstlich sollen und wollen sich alle ihre Geistliche in der Herrschaft Breuberg einer
christlichen Kirchen-Ordnung vergleichen, und damit solches desto beständiger beschehen möge, so soll und will
Graf Ludwig [von Stolberg-Königstein] obgenannten Grafen zu Erbach die alte Kirchen-Ordnung, so bishero in
der Herrschafft Breuberg gehalten worden, zuschicken. Dergleichen sollen die Grafen zu Erbach wohlgenanntem
Grafe Ludwigen dero Kirchen-Ordnung, wie die in ihrer gantzen Graffschaft gehalten würd, auch übersenden,
folgends sollen sich alle ihre Geistlichen darum einer Kirchen-Ordnung vereinigen.55
Obwohl die Herrschaft Breuberg bis 1556 den Grafen von Wertheim unterstand, war hier offenbar
bereits vor 1556 die Kirchenordnung Graf Ludwigs von Stolberg-Königstein in Gebrauch. Hierbei handelt
es sich um die Mecklenburger Kirchenordnung von 1552, die 1554 in Stolberg eingeführt worden war. Diese
sollte also mit der Erbacher - der handschriftlichen Kirchenordnung von 1549/50 - verglichen werden, um
schließlich aus beiden Texten ein gemeinsames Regelwerk für die Herrschaft Breuberg zu konzipieren, das
die bisherigen Zeremonien mit denen der Erbacher Ordnung vereinte.
47 Veit Dietrichs Agendbüchlein: Sehling, EKO XI,
S. 487-553; Kasseler Kirchenordnung von 1539: Seh-
ling, EKO VIII, S. 113-130; vgl. Waldenmaier,
Gottesdienstordnungen, S. 100; Steitz, Geschichte,
S. 131; Richter, Kirchenordnungen II, S. 222; Seh-
ling, EKO XI, S. 124.
48 Preuschen, Kirchenordnung, S. 27.
49 Weismann, Katechismen 1, S. 609.
50 Press, Erbach, S. 666, 678f., 682f.
51 Scriba, Mittheilungen, S. 24 erwähnt: „ein Neudruck
fand schon im folgenden Jahre 1561 statt“. Dieser Druck
scheint jedoch nicht überliefert zu sein.
52 Folgende Abschnitte: „Wie es mit der Ordination eines
newen Kirchendieners soll gehalten werden“, „Von Aus-
segnung der Kindbetherin“ und „Von der Kirchen Dis-
ciplin gegen den gefallenen“.
53 Weismann, Katechimen 1, S. 610; Fehle, Brenz,
S. 165; Höreth, Erbach, S. 47.
54 Abdruck des Berichts bei Luck, Versuch, S. 21-24. Zur
Einführung der Kirchenordnung von 1560 in der Zent
Wildenstein siehe Sehling, EKO XI, S. 697; vgl.
Weismann, Katechismen 1, S. 609 Anm. 25.
55 Zitiert nach Preuschen, Kirchenordnung, S. 22. Der
Vergleich behandelte ferner die Pfarrstellenbesetzung,
bei der sich die beiden Besitzer der Herrschaft abwech-
seln sollten, die jährlichen Visitationen der Pfarrer und
die Aufzeichnung der Pfarrgüter, Gefälle und sonstigen
Besitzungen und Einnahmen. Weitere Punkte befassten
sich mit Verwaltung, Befestigung und Ausbau der Burg
Breuberg.
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