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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0468
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Erbach

Evam, Aaron, David, Manassen, die arme Sünderin [Lk
7,36-50], Petrum [Joh 21,15-24], den Schächer am Creutz
[Lk 23,39-43] und Andraeam [handschriftlich durchgestri-
chen!] und darmit zu erkennen geben, zu welcher Stund der
Sünder Busse thue, soll er die Vergebung der Sünden haben.
Nun werden Uns hie Personen vorgestellt, die leider auß An-
reitzung deß Sathans und ihres Sündhafftigen Fleisches in
das schändlich und verfluchte Laster (hie soll es genennet
werden) gerahten, dardurch sie an der Hohen, Göttlichen
Majestät sich schwerlich vergriffen und diese Gemeine zum
höchsten geärgert haben. Und ist auß Gottes Wort bekant
und offenbahr, wie sehr der Gerechte Gott dieses Laster has-
se und wie härtiglich Er dasselbige zu straffen habe gedräwet
(hie sollen Zeugnuß der Schrifft, die wider dasselbige Laster
gerichtet, eingeführet werden), hat es auch an Exempeln er-
wiesen, wie wir sehen an N. (hie erzehle man Exempel der
Schrifft oder sonsten gewisse, warhafftige). Derwegen dann
auch diese Personen nicht allein der Kirchen Gottes in die
Straffe gefallen und sich selbsten in der That zu Undüchtigen
Gliedmassen deß Herrn Christi und seiner Außerwehlten
Glaubigen Kirchen gemacht, sondern auch von unser
Gnädigen Obrigkeit der Gebühr nach ernstlichen angesehen,
und wie sie wol verschuldet, härtiglich gestrafft werden.
Demach aber die Kirchen Disciplin nicht zum verderben,
sondern zur Buß und Besserung der gefallenen Sünder gerei-
chen soll und ohne das mehr Frewde ist im Himmel uber
einen Sünder der Busse thut, denn uber neun und neuntzig
Gerechten, die der Busse nicht bedörffen [Mt 18,13; Lk 15,7],
Also, nach dem diese Personen ihre Sünde erkennen, hertz-
liche Rhew und Leid darüber haben und Gottes Gnad mit
Thränen suchen, auch die zuerkandte Straff gedültiglich
außgestanden und umb wider Auffnemmung zu Gliedmassen
der Christlichen Kirchen flehlich bitten und ansuchen, damit
dann das zerstossene Rohr nicht gar zerbrochen und das
glimmende Tächtlein nicht gar außgelöschet werde [Jes
42,3], wöllen wir sie in Krafft deß Löse-Schlüssels allen tre-
wen Lehren und Predigern deß heyligen Evangelii befohlen,
[Mt 16,19; 18,18; Joh 20,23] dißmals von ihren Sünden loß
und ledig zehlen und widerumb in den Schoß der Christli-
chen Kirchen auff- und annemen, doch der Gestalt, das sie
zuvor hertzliche Rhew und Leid uber ihre begangene Sünde
öffentlich bekennen und Besserung ihres Lebens vor einer
gantzen Christlichen Gemein, wie die jetzt allhier versamlet,
verheissen.
Hierauff so frage ich euch, Ob euch auch ewere begangene
Sünde (hie soll sie abermals genennet werden), damit ihr
Gott im Himmel höchlich erzürnet und diese Christliche Ge-
mein vielfaltig geärgert habt, von Hertzen leid seye? Und
wöllet darauff laut und verständlich Ja sagen.
Antwort: Ja.
Und begeret darauff, in diese Christliche Versamlung wider
auffgenommen zu werden?
Antwort: Ja.
Hierauff soll folgen die Absolution:
Nach dem Ihr dann nun ewere Sünde erkennet und Euch
hertzlich leid ist, daß ihr Gott erzürnet, seine Gemeine ge-
ärgert und dann in deß Teuffels Stricke gefallen seyd, bittet
auch männiglich, dem Ihr mit ewer Missethat Ergernuß ge-
ben und ein Ursach zum Bösen worden, umb Verzeihung.
Und aber Gott, der Herr, außtrücklich saget im Propheten

Esaja am ersten Cap. [16-18]: Last ab vom Bösen, lernet
Guts thun und trachtet nach Recht etc. Wenn Ewere Sünde
Blutroth ist, soll sie doch Schneeweiß werden, und wenn sie
gleich ist wie Rosinfarb, soll sie doch wie Wolle werden. Auch
der Ewige Sohn Gottes darumb auff diese Welt ist kommen,
die Sünder zur Busse zu beruffen und nicht die Frommen,
von dessen uberschwenglichen Gnade und thewrem, heyl-
wertigen Verdienst S. Paulus an seinen Timotheum schreibet
[1Tim 1,15-16]: Es ist je gewißlich war und ein thewer wer-
thes Wort, daß Christus Jesus kommen ist in die Welt, die
Sünder Selig zu machen, unter welchen Ich der Vornemst
bin. Aber darumb ist mir Barmhertzigkeit widerfahren, auff
daß an mir fürnemlich Christus Jesus erzeiget allerley Gedult
zum Exempel denen, die an Ihn glauben solten zum ewigen
Leben. Derwegen ich auß Befehl unsers Herrn Jesu Christi
alß ein beruffener Diener dieser Christlichen Gemein allhie
Verkündige Euch dißmals die Vergebung aller ewer Sünden
und neme Euch wider zu Gliedern dieser Christlichen Kir-
chen auff und an Im Namen Gottes deß Vatters, Gottes deß
Sohns und Gottes deß heyligen Geistes, Amen.
Und dieweil Ihr nun bey Gott und dieser Christlichen Ge-
meine widerumb angenommen seyd, sollet ihr forthin in
rechtem Glauben und gutem Gewissen leben und den Trost
deß heyligen Evangelii im Hertzen zu ewer Seligkeit mit deß
Herrn Christi hilff erhalten.
Vermahnung zum Volck: Geliebte in dem Herrn. Nachdem
Ihr nun sehet, daß diese Personen, von ihrem Fall durch Got-
tes Gnade widerumb auffgerichtet, zur Bekehrung und Ver-
gebung ihrer Sünden kommen, solt ihr hiebey lehrnen: Erst-
lich, was für Elende Creaturen wir Menschen sind, wie leicht
wir durch eygene Blödigkeit [= Schwäche] und mannigfaltige
List deß Teuffels straucheln und fallen können, damit wir
desto mehr zum Gebet verursacht werden und täglich mit
grossem ernst sprechen lehrnen: Führe uns nicht in Versu-
chung [Mt 6,13]. Auch den Spruch deß Herrn Christi allezeit
im Hertzen tragen, da er sagt: Bettet, daß ihr nicht in Ver-
suchung fallet [Mt 26,41; Mk 14,38; Lk 22,40.46]. Denn frey-
lich S. Petrus nicht vergebens schreibet [1Petr 5,8]: Seyd
nüchtern und wachet, denn Ewer Widersacher, der Teuffel,
gehet umbher wie ein Brüllender Löw und suchet, welchen er
verschlünge. Und S. Paul. schreibet an seine Epheser [5,15]:
Sehet, daß ihr Vorsichtig wandelt, nicht alß die Unweisen.
Und ist gewißlich war: Unvorsichtigkeit in sicherm Leben
gibt dem Teuffel Raum und bringet viel grausamer Sünden,
Wie auch in den Hohen Leuten, David und Salomon, zu se-
hen. Darumb, so bedencket ewere Seligkeit und schaffet mit
Forcht und Zittern, daß ihr Selig werdet [Phil 2,12], Und
seyd nicht Frech oder Wild darbey, Denn wenn Gott sein
Gnädig Hand von den Menschen abzeucht, ist es bald mit
ihnen geschehen.
Zum andern solt ihr auch wissen, das gewißlich auff solche
wie auch auff alle andere Sünd ewige Straff muß erfolgen bey
denen, die sich nicht bekehren. Darzu dann auch die leibliche
Straffen kommen in diesem Leben, und werden offtermals
Land und Leut umb dieser Sünden willen heimgesucht, in-
massen auß oben angezogenen Exempeln zu sehen. Darbey
sollet ihr betrachten, daß Gott die ewige Straffe gantz hin-
weg nimpt bey denen, die da Bekehret werden, welchen Er
auch zu gutem nicht allein die zeitliche Straffe lindern, son-
dern auch an derselben statt viel und grössere Wolthaten er-
zeigen wil, Wie geschrieben stehet im Propheten Zacharia am

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