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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0473
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3. Eheordnung 1572

Treue vergeßen, einander nit ehel. Beywohnung
thun wollen, in Unfrieden leben oder gar von einan-
der laufen und das Band der Ehe auflößen, so will
sich gebüren, in dem alle Christliche, Menschliche
und mögliche Mittel und Weege der Versöhnung für-
zunehmen. Derowegen ist unser Befehl und Mey-
nung, daß erstlich ein jeder Pfarrer solch strittige
Eheleut besonder allein zu sich erfordern, die Ursa-
chen solcher ihrer Uneinigkeit, so viel möglich, er-
kundigen und die erste Person, so Ursach gegeben,
hievon abhalten soll mit Bedrohung göttlicher Stra-
fe und, so dieselbe sich zu bessern zusagt, zur ge-
bürlichen Buß vermahnen und hierauf die andere
zur christl. Verzeihung anhalten. Im Fall aber, sol-
che des Pfarrers Abwarnung und Vermahnung
fruchtlos seyn und beyde Eheleute nachmalß in ih-
rem gefaßten Unwillen, Haß und Neid verharren
würden, sollen angeregte Personen vor Uns und Un-
sere Befehlhabere gewießen werden, und wollen Wir
ansehnliche Handlung in Beysein beederseits Eltern
und Freundschaft zwischen Ihnen vornehmen, und
so solche unsere Versöhnung bey einem oder beyden
Ehegemächten nicht statt finden würde, wollen wir
Uns dermaßen und mit solchem Ernst gegen den
halsstarrigen und muthwilligen Verächtern und
Zerstörern des Ehestandes erzeigen, daß sie Unsern
Eifer zu Erhaltung Friedens und Einigkeit in diesem
gottseeligen Stand und Werk spüren und andere Ab-
scheuens haben sollen. Es sollen auch die Ursächer
und Anstiffter solches erweckten Unwillens zwi-
schen Eheleuten härtiglich und ernstiglich gestraft
werden.
Von bößlicher Verlassung
Wann eine Eheperson von der andern ohne gut Wis-
sen und Willen oder sonderlich redliche Ursachen
muthwillig hinwegziehen, sie mit Hülf und Beywoh-
nung verlassen, soll denselben in unserer Grafschaft
Obrigkeit und Gebiet sich aufzuhalten nicht gestat-
tet, sondern, wo sie begriffen, gefänglich eingezogen
werden und ferneren Bescheids gewärtig seyn. Wo
aber dieselb in andere Herrschafften oder fremde
Lande sich begeben und seine Ehegenoßen in langer
Zeit nichts entbieten oder schreiben und gar hülflos
lassen würde, also daß zu vermuthen, dieselbe sich

nicht wieder anheim verfügen wolte, soll von seinen
Gütern oder anwartender Erbschaft ihme nichts ge-
folget, sondern der bleibenden Ehegemächte gelas-
sen werden. Jedoch soll dieselbe ohne Unser Vorwis-
sen und Bewilligung sich keineswegs wieder verheu-
rathen, vielweniger beyschlafen, sondern müssen
sich in dem, auf beharrlichen Außen- |221 | bleiben
ihres Ehegenoßen zu verhalten, Unsers Befehls und
Bescheids erwarten. Und im Fall, ein Ehemann von
seinem Weibe mit deren Willen und vorgehenden
redlichen Ursachen hinwegziehen und etlich Jahr
ausbleiben, ihr nichts entbieten und zuschreiben
würde, also daß man nicht gewiß weiß, ob der bey
Leben oder nicht, soll hierinnen mit Unser oder Un-
serer Befehlhaber Vorwissen und Nachricht gleich-
falß gehandelt werden.
Von unehelichem Beywohnen, Ehebruch, Hurerey
Dieweil der allmächtige Gott Ehebruch und andere
leichtfertige, unehliche Beywohnung mit ewiger und
schweerer Straf verboten, auch unter Christen kei-
neswegs zugelassen werden soll, derowegen ist Unser
ernster Befehl, daß alle unsere Amtleute und Befehl-
habere hierinnen ein fleisig Einsehen und Aufmerck-
ens haben sollen, damit dieselbe, so mit oberzehlten
Lastern befleckt und sich deren befleißen, angezeigt
und zu gebührenden Strafen gezogen werden, wie
wir dann solche vermög der Rechten an Leib, Leben
oder Gut nach Gestalt und Gelegenheit der Verbre-
chen zu straffen gänzlich gemeint sind und niemand
verschonen wollen.
Von Ehescheidung
Dieweil der Eheliche Stand anfangs von der hohen
göttlichen Majestät also eingesetzt ist etc., derowe-
gen ist unser Befehl und Meynung, daß in fürfallen-
den Sachen, die Ehescheidung belangend, auch in
allen andern Ehesachen gemein und besonder, so in
dieser Ordnung begriffen, ohne Unser oder Unserer
verordneten Befehlhabern Vorwissen und Bescheid
nichts fürgenommen und gehandelt werden solle.
Demnach wollen, ordnen und gebieten wir ernstlich
allen Unsern Unterthanen etc., Damit sich auch nie-

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