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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0491
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Einleitung

1. Die Reichsstadt Frankfurt
Im 3. Jahrhundert kamen Alamannen und Franken zum Hügel an der Mainfurt, der „Franconofurd“
genannt wurde. Ludwig der Fromme errichtete hier eine Kaiserpfalz. Sein Sohn, Ludwig der Deutsche,
gründete östlich der Pfalz ein Stift für zwölf Kanoniker, die Stiftskirche wurde 852 dem Erlöser (Salvator)
geweiht. In den folgenden Jahrzehnten stieg die Frankfurter Pfalz neben Regensburg zu einem Zentralort
im ostfränkischen Reich auf. Während Frankfurt zunächst lediglich eine befestigte Königspfalz war, die seit
1220 von einem Schultheiß verwaltet wurde, entwickelte sich die Siedlung unter den Staufern zur Stadt.
Durch die günstige Lage am Schnittpunkt europäischer Fernhandelsstraßen blühte die Frankfurter Wirt-
schaft auf, die Bevölkerung und die räumliche Ausdehnung des Gemeinwesens wuchsen.1
Gegen Ende der Stauferzeit wurde Frankfurt zunehmend selbständig. 1266 trat der Rat als neues Ver-
waltungsorgan neben Schultheiß und rechtsprechende Schöffen und 1311 übernahmen schließlich zwei Bür-
germeister die administrativen Funktionen des Schultheiß. 1405 erwarb der Rat von der Familie zum
Römer den gleichnamigen Gebäudekomplex mit zugehörigem Hinterhaus, dem „Goldenen Schwan“, und
baute beides zu Rathaus und Kaufhaus für die jährlichen Handelsmessen um.2
Zur Stadt gehörte nicht nur die Siedlung um die Pfalz nördlich des Mains, sondern auch Sachsenhausen
südlich des Flusses, das nie selbständig war, sondern immer zum Frankfurter Stadtgebiet gehörte. Ende des
15. Jahrhunderts besaß Frankfurt ein kleines Territorium.3 Frankfurts Aufstieg zur Stadt, die seit 1372 den
Status einer freien Reichsstadt mit eigener Finanzhoheit und Gerichtsbarkeit besaß, war eng mit der wirt-
schaftlichen Entwicklung verbunden: Die Frankfurter Herbstmesse, die seit 1150 belegt ist, wurde im 13.
und 14. Jahrhundert durch zahlreiche kaiserliche Privilegien begünstigt.4 1329 gewährte Ludwig der Bayer
eine zweite Messe, die im Frühjahr ebenso wie die Herbstmesse auf dem Römerberg stattfand. Mit diesen
beiden Messen wurde Frankfurt zu einer Drehscheibe des Fernhandels und zu einem europäischen Wirt-
schaftszentrum.5 Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung ging erneut eine Vergrößerung der Stadt einher:
Nach 1333 wurde die Stadt erweitert. Die neue Umwehrung schloss die verschiedenen Ansiedelungen jen-
seits der Stauferstadt ein, die nun die Neustadt bildeten. Die Einwohnerzahl Frankfurts hatte um 1400
rund 10.000 Personen erreicht; um 1475 sollen es 15.000 gewesen sein. Frankfurt zählte damit zu den großen
Städten im Reich, blieb jedoch hinter Augsburg, Nürnberg, Straßburg und Köln zurück.6
Im Spätmittelalter hatte die Stadt eine einzigartige Position im Reich erlangt: Frankfurt war bereits
seit Jahrhunderten Schauplatz der Königswahlen und damit der Reichspolitik. 855 war hier mit Lothar II.
erstmals ein deutscher König gewählt worden. 1356 wurde der Modus der Frankfurter Königswahlen in der
Goldenen Bulle festgeschrieben.7 Als Wahlort wurde das Bartholomäusstift8 zu einem der prominentesten
Orte im Reich.

1 Zur frühen Geschichte Frankfurts siehe Orth, Frank-
furt, S. 9-31.
2 Orth, Frankfurt, S. 32-50; Bund, Frankfurt, S. 118.
3 Bund, Frankfurt, S. 97-101; Schindling/Schmidt,
Frankfurt, S. 41; Köbler, Lexikon, S. 175.
4 Heitzenröder, Reichsstädte, S. 16f.
5 Zur Geschichte der Frankfurter Wirtschaft siehe Bo-
the, Beiträge, S. 37-49.

6 Bund, Frankfurt, S. 53f., 66-72; Natale, Verhältnis,
S. 11; Heitzenröder, Reichsstädte, S. 50.
7 Bund, Frankfurt, S. 54-66.
8 Das von Ludwig dem Deutschen gegründete Salvator-
stift war 1239 nach dem Erwerb der Kalotte des heiligen
Bartholomäus auf dieses Patrozinium neu geweiht wor-
den.

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