Einleitung
abgesetzten Geistlichen, allen voran Robert Horne und Richard Chambers, die ihre Amtsgewalt gemäß der
Old Discipline wiederhergestellt sehen wollten,188 ließ der Frankfurter Rat der Gemeinde am 28. März
mitteilen, dass die New Discipline die rechtmäßige Ordnung sei und die Neuwahlen der Geistlichen ent-
sprechend dieses Textes durchgeführt werden könnten. Die Diskussion um die Vor- und Nachteile der alten
und neuen Ordnung nahmen jedoch kein Ende, bis im Juni 1557 Horne, Chambers und weitere ehemalige
Amtsinhaber die Reichsstadt verließen.
Die New Discipline war in der englischen Exilgemeinde bis Anfang 1559 in Geltung. Seit November
1558 hatte sich die religionspolitische Situation in England infolge des Tods Mary Tudors beträchtlich
verändert: Elizabeth I. hatte den englischen Thron bestiegen und die Anhänger des evangelischen Bekennt-
nisses konnten nun auch auf der Insel öffentlich ihren Glauben ausüben; die englische Exilgemeinde in
Frankfurt kehrte im März 1559 geschlossen nach England zurück.
Die beiden Disciplines weisen eine besondere Überlieferungssituation auf. Sie sind Teil der 108 Druck-
seiten umfassenden Schrift „A Brieff Discours off the troubles begonne at Franckford in Germany anno
domini 1554 abowte the booke off common prayer and ceremonies and continued by the Englishe men
theyre to the ende off Q. Maries raigne“. Diese Schrift, die 1574 veröffentlicht wurde, ist die einzig erhal-
tene Quelle zur Geschichte der englischen Exulanten in Frankfurt, und die Kenntnisse über die Entwick-
lung der anglikanischen und puritanischen Richtung innerhalb der Gemeinde basieren einzig auf dem
„Brieff Discours“.189 Dieser war zu einem religionspolitischen Zweck entstanden. Er sollte die Position der
puritanischen Fraktion rechtfertigen und die aus ihrer Sicht wahren Gründe für die Konflikte mit der
anglikanischen Partei aufzeigen. Um die Argumentation zu untermauern, wurden der Darstellung zahlrei-
che Quellen beigegeben, darunter auch die beiden Disciplines.190 Ein Problem stellt zwar die tendenziös
puritanische Sicht der Schilderung dar, ein Korrektiv hierfür sind jedoch Briefe von und an Calvin, die mit
den Darstellungen übereinstimmen.191 Der besondere historische Wert des „Brieff Discours“ liegt im
Abdruck zahlreicher heute nicht mehr im Original erhaltener Dokumente.
Der „Brieff Discours“ erschien anonym. Die Quellendokumente wurden vermutlich von mehreren Theo-
logen zusammengetragen, die verbindenden und kommentierenden Texte sind jedoch von einer einzigen
Person verfasst worden, wie Stilkontinuität und Argumentationsweise nahelegen. Die Autorschaft wird
mehrheitlich William Whittingham (ca. 1526-1579) zugeschrieben.192 Der „Brieff Discours“ wurde ver-
mutlich in England kompiliert, aber aufgrund der elisabethanischen Repressionspolitik, die seit 1573 ein
Druckverbot für sämtliche anti-anglikanische Literatur vorsah, auf dem Kontinent vollendet und
gedruckt.193 Die Schrift erschien 1574 und 1575 in zwei Auflagen in der Heidelberger Offizin des Michael
Schirat und wurde in den folgenden Jahrhunderten weitere Male aufgelegt.194
188 Die Argumentationen in der Auseinandersetzung um die
alte und neue Discipline sind abgedruckt im Brieff Dis-
cours, p. cxxxv-clxx.
189 Massinger, Emigrantengemeinde, S. 191.
190 Ebd., S. 172.
191 Ebd., S. 194; vgl. Schwarz, Jean Calvin 2, Nr. 434, 450;
CR 43, Sp. 393f. Nr. 2091 (18. Jan. 1555) und Sp. 628f.
Nr. 2213 (31. Mai 1555).
192 Massinger, Emigrantengemeinde, S. 171f.; Collin-
son, Authorship, S. 188-208; Simpson, John Knox,
S. 12-22; ders., Of the Troubles, S. 17f.
193 Massinger, Emigrantengemeinde, S. 171; Collinson,
Authorship, S. 193 Anm. 15; Simpson, John Knox,
S. 22f.
194 Genaue Nachweise bei Simpson, John Knox, S. 22-24
und Massinger, Emigrantengemeinde, S. 171 Anm. 15.
Zu Michael Schirat siehe Reske, Buchdrucker, S. 357f.
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abgesetzten Geistlichen, allen voran Robert Horne und Richard Chambers, die ihre Amtsgewalt gemäß der
Old Discipline wiederhergestellt sehen wollten,188 ließ der Frankfurter Rat der Gemeinde am 28. März
mitteilen, dass die New Discipline die rechtmäßige Ordnung sei und die Neuwahlen der Geistlichen ent-
sprechend dieses Textes durchgeführt werden könnten. Die Diskussion um die Vor- und Nachteile der alten
und neuen Ordnung nahmen jedoch kein Ende, bis im Juni 1557 Horne, Chambers und weitere ehemalige
Amtsinhaber die Reichsstadt verließen.
Die New Discipline war in der englischen Exilgemeinde bis Anfang 1559 in Geltung. Seit November
1558 hatte sich die religionspolitische Situation in England infolge des Tods Mary Tudors beträchtlich
verändert: Elizabeth I. hatte den englischen Thron bestiegen und die Anhänger des evangelischen Bekennt-
nisses konnten nun auch auf der Insel öffentlich ihren Glauben ausüben; die englische Exilgemeinde in
Frankfurt kehrte im März 1559 geschlossen nach England zurück.
Die beiden Disciplines weisen eine besondere Überlieferungssituation auf. Sie sind Teil der 108 Druck-
seiten umfassenden Schrift „A Brieff Discours off the troubles begonne at Franckford in Germany anno
domini 1554 abowte the booke off common prayer and ceremonies and continued by the Englishe men
theyre to the ende off Q. Maries raigne“. Diese Schrift, die 1574 veröffentlicht wurde, ist die einzig erhal-
tene Quelle zur Geschichte der englischen Exulanten in Frankfurt, und die Kenntnisse über die Entwick-
lung der anglikanischen und puritanischen Richtung innerhalb der Gemeinde basieren einzig auf dem
„Brieff Discours“.189 Dieser war zu einem religionspolitischen Zweck entstanden. Er sollte die Position der
puritanischen Fraktion rechtfertigen und die aus ihrer Sicht wahren Gründe für die Konflikte mit der
anglikanischen Partei aufzeigen. Um die Argumentation zu untermauern, wurden der Darstellung zahlrei-
che Quellen beigegeben, darunter auch die beiden Disciplines.190 Ein Problem stellt zwar die tendenziös
puritanische Sicht der Schilderung dar, ein Korrektiv hierfür sind jedoch Briefe von und an Calvin, die mit
den Darstellungen übereinstimmen.191 Der besondere historische Wert des „Brieff Discours“ liegt im
Abdruck zahlreicher heute nicht mehr im Original erhaltener Dokumente.
Der „Brieff Discours“ erschien anonym. Die Quellendokumente wurden vermutlich von mehreren Theo-
logen zusammengetragen, die verbindenden und kommentierenden Texte sind jedoch von einer einzigen
Person verfasst worden, wie Stilkontinuität und Argumentationsweise nahelegen. Die Autorschaft wird
mehrheitlich William Whittingham (ca. 1526-1579) zugeschrieben.192 Der „Brieff Discours“ wurde ver-
mutlich in England kompiliert, aber aufgrund der elisabethanischen Repressionspolitik, die seit 1573 ein
Druckverbot für sämtliche anti-anglikanische Literatur vorsah, auf dem Kontinent vollendet und
gedruckt.193 Die Schrift erschien 1574 und 1575 in zwei Auflagen in der Heidelberger Offizin des Michael
Schirat und wurde in den folgenden Jahrhunderten weitere Male aufgelegt.194
188 Die Argumentationen in der Auseinandersetzung um die
alte und neue Discipline sind abgedruckt im Brieff Dis-
cours, p. cxxxv-clxx.
189 Massinger, Emigrantengemeinde, S. 191.
190 Ebd., S. 172.
191 Ebd., S. 194; vgl. Schwarz, Jean Calvin 2, Nr. 434, 450;
CR 43, Sp. 393f. Nr. 2091 (18. Jan. 1555) und Sp. 628f.
Nr. 2213 (31. Mai 1555).
192 Massinger, Emigrantengemeinde, S. 171f.; Collin-
son, Authorship, S. 188-208; Simpson, John Knox,
S. 12-22; ders., Of the Troubles, S. 17f.
193 Massinger, Emigrantengemeinde, S. 171; Collinson,
Authorship, S. 193 Anm. 15; Simpson, John Knox,
S. 22f.
194 Genaue Nachweise bei Simpson, John Knox, S. 22-24
und Massinger, Emigrantengemeinde, S. 171 Anm. 15.
Zu Michael Schirat siehe Reske, Buchdrucker, S. 357f.
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