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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0639
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Einleitung

1. Reichsburg und Reichsstadt Friedberg

Mit der Burg Friedberg, die 1216 erstmals urkundlich bezeugt ist, war eine Burggrafschaft verbunden, die
1431 in den Reichsmatrikeln erscheint.1 Sie wurde von einem auf Lebenszeit gewählten Grafen geführt, dem
ein Kollegium von reichsunmittelbaren Adeligen der Wetterau - etwa 100 Burgmannen - unterstand. Im
15. Jahrhundert konnte die Burggrafschaft ihren Herrschaftsbereich vor allem dadurch ausbauen, dass sie
die Pfandherrschaft über die Stadt Friedberg erwarb. In der Reformationszeit gehörten zur Burggrafschaft
die Orte Burgfriedberg, Kaichen, Heldenbergen, Büdesheim, Rendel, Kleinkarben, Großkarben, Okarben,
Ilbenstadt, Altenstadt, Oberau, Rommelhausen und Rodenbach.2
Die erstmals 1219 urkundlich erwähnte Stadt Friedberg wurde 1241 im Reichssteuerverzeichnis3 unter
den Städten der Wetterau genannt. Im 14. Jahrhundert kam Friedberg mit seinen 3000 Einwohnern durch
Tuchproduktion und -handel zu Wohlstand. Ebenso wie in Frankfurt fanden auch hier jährlich zwei Han-
delsmessen statt.4 Im Spätmittelalter setzte jedoch, bedingt durch zwei verheerende Brände 1383 und 1447,
der rasche wirtschaftliche Niedergang des Gemeinwesens ein. Ende des 15. Jahrhunderts besaß Friedberg
nur noch rund 1300 Einwohner, die reicheren Bürger waren mehrheitlich in die Mainmetropole abgewan-
dert.5
Stadt und Burg Friedberg waren seit Beginn des 14. Jahrhunderts institutionell eng miteinander ver-
bunden: Ein 1306 geschlossener Vertrag, der bis in die Reformationszeit hinein gültig blieb, legte fest, dass
der Burggraf und sechs Burgmänner einen ständigen Sitz im Stadtrat haben sollten.6 Der Einfluss der Burg
auf die Reichsstadt wurde dadurch vergrößert, dass der Kaiser, der die Stadt seit 1347 immer wieder an
verschiedene Herren verpfändet hatte, diese seit Mitte des 15. Jahrhunderts vor allem an die Friedberger
Burggrafen verlieh.7 Trotz dieser engen Beziehung und der Vorherrschaft der Burg über die Stadt bestanden
beide Gebilde als selbständige Institutionen nebeneinander. Jedes hatte sein besonderes Recht, seine eigene
Organisation, es gab einen Burg- und einen Stadtrat sowie eine Burg- und eine Stadtpfarrei.
Friedberg gehörte kirchenorganisatorisch zum Erzbistum Mainz. Das Besetzungsrecht für die Pfarr-
stelle und die beiden Kaplaneien der Burgpfarrkirche St. Georg stand dem Burggrafen zu.8 Die Pfarr-
pfründe und die meisten Altarlehen9 der Friedberger Stadtkirche Liebfrauen wurden seit 1314 vom Bene-
diktinerinnenkloster Rupertsberg bei Bingen besetzt, dem die Kirche 1324 inkorporiert worden war.10
Neben der Katharinen- und Michaelskapelle in Friedberg selbst waren auch die Kapellen der Vorstädte
Filialen der Liebfrauenkirche: die Kirche des Heiliggeistspitals in der Usavorstadt, St. Barbara in der

1 Rack, Friedberg, S. 12, 262.
2 Diehl, Pfarrer- und Schulmeisterbuch IV, S. 254;
Schaad, Klein-Karben, S. 44-56.
3 MGH.Const. III, S. 2.
4 Stobbe, Geschichte, S. 148-163; Braun, Friedberg,
S. 71f.
5 Stobbe, Geschichte, S. 197-209; Press, Friedberg,
S. 3; Heitzenröder, Reichsstädte, S. 20. Zum wirt-
schaftlichen Niedergang siehe Stobbe, Friedberg im
Spätmittelalter, S. 99-124, zur Sozialtopographie ebd.,
S. 71-78 und zur Abwanderung nach Frankfurt ebd.,
S.79-83.
6 Stobbe, Geschichte, S. 193f.; Grein, Entwicklung,

S. 5; Heitzenröder, Reichsstädte, S. 18; Rock,
Friedberg, S. 8.
7 Braun, Friedberg, S. 69f.; Heitzenröder, Reichs-
städte, S. 19.
8 Grein, Entwicklung, S. 7. Zur Georgskirche siehe Rü-
beling, Burgkirche, S. 1-30.
9 Einige Altarpfründen besetzte der Rat, Stobbe,
Geschichte, S. 171. Zu den Altaristen siehe Herrmann,
Statuten, S. 1-16.
10 1560 konnte der Rat den Patronat des Klosters ablösen,
Press, Friedberg, S. 14; Schindling/Schmidt,
Frankfurt, S. 53; Stobbe, Friedberg im Spätmittelalter,
S. 62-70; Dieffenbach, Geschichte, S. 194.

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