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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0678
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Gelnhausen

lern soll man geben eine Suppe, einige Leiblein Brod
und ½ Viertel Wein.
Von hochzeitlichen Geschenken und Verehrungen
Es ist Freunden, Gesippten und Verwandten freige-
stellt, wieviel sie schenken wollen. Andre dürfen
nicht über einen Thalerg geben bei Strafe von 5 Gul-
den; ebenso die nicht verwandten Junggesellen und
Jungfrauen nicht über einen ort20 oder 8 Schillinge
bei Strafe 1 Guldens.
Am 3. Tag soll kein Seitenspiel oder Tanz gehal-
ten und ausser den nächsten Freunden sammt de-
nen, die in Küche und Keller gedient haben, Nie-
mand berufen werden.
An Sonntagen darf keine Hochzeit stattfinden.
Von Döppen Breutten
Wer zur Ersparung grosser Unkosten nur einen
schlechten21 Kirchgang oder Töppenbreut halten
will, soll zum Abendimbs 25 Personen laden dürfen.
Jeder Gast soll seine Zeche bezahlen; wollen die Ver-
wandten ein Geschenk geben, so muss diess gleich
geschehen, Tags darauf darf nichts mehr sein.
Von hochzeitlichen Tänzen
Diese sollen hinfort ohne Trummenh gehalten wer-
den, es geschehe denn mit besonderer Erlaubniss.
Nach gehaltener Predigt und vor dem Essen
sind nur ein oder zwei ehrliche Tänzlin erlaubt. Es
soll sich kein Uneingeladener in den Tanz mischen.
Handaufwerfen22, Geschrei, Herumbdrehen und
dergleichen unziemliche Leichtfertigkeit ist verbo-
ten. Ganz verboten ist das Tanzen bei Nacht un-
term Rathhaus oder sonsten.
Es sollen auch die Gassen- und Häusertänze, auf
g Später ergänzt: oder Goldgulden.
h Später ergänzt: und Trometen.
20 1 Ort = ¼, hier: einen Vierteltaler, siehe Schrötter,
Wörterbuch, S. 475.
21 Schlichten, einfachen.
22 Hände emporstrecken, Grimm, DWb 1, Sp. 775.
23 Imbis.
24 Die Kindbettschenkung war ein Gastmahl, das Freun-

der Haide, in Wald und Feld zu jeder Zeit des Jahres
abgestellt sein bei Strafe des Spielmanns ½ Gulden
und für jeden Tanzenden 6 Schilling.
Von Kindtaufen und andern dergleichen Unkosten
Die Kinder sollen Sonntag Vormittag getauft wer-
den, desgleichen Mittwoch und Freitag nach der
Predigt, ausgenommen Nothtaufen. Weiberzechen
nach gehaltener Taufe sollen bis zum Ausgang der
Wöchnerin verschoben und nur Nachmittags gehal-
ten werden. Dazu dürfen nicht über zehn Frauen,
die Hebamme und Gevatterin abgerechnet, geladen
werden. Wer bei der Kindtaufe gewesen, darf nicht
zur Zeche oder Imbs23 kommen. Die Weiber sollen
ihre Kinder nicht mitbringen. Den Gevattern ist es
unverboten, der Kindbetterin eine Verehrung zu ge-
ben, dagegen sind die Eierkuchen (und Wecke) ins
Kindbett zu geben24, abgestellt. Ausser dem Kind-
taufimbs darf kein Imbs, Zech oder Gelag mehr ge-
halten werdend.
Von übermessigen zutrincken, füllereien und
gebranntem wein
Da die Trunkenheit, welches Laster bei uns deut-
schen derart eingerissen, dass weiland der tewre
mann, herr Philippus Melanchton nicht unbillig ge-
sagt: Wir deutschen fressen und sauffen uns arm,
krank und in die hell25, der Quell alles Uebels ist, so
wird sie allen Bürgern strengstens verboten. Inson-
derheit Sollen im Sommer und zu andern Zeiten die
Arbeitsleute und Bürger nicht Morgens zum ge-
brannten Wein gehen bei Strafe ½ Guldens. So
aber Jemand [welchen] für 1 d[enar] oder 2 braucht,
soll er ihn ins Haus holen lassen, doch nicht in Ge-
sellschaft zu trincken.

den und Verwandten am Ende der Wochenbettzeit als
Dank für die geleistete Unterstützung ausgerichtet wur-
de, vgl. ähnliche Anweisungen in der Waldecker Kirchen-
und Zuchtordnung von 1555, oben, S. 227 Anm. 14, und
in der Hohenloher Polizeiordnung von 1571, Sehling,
EKO XV, S. 157 und Anm. 12.
25 Philipp Melanchthon in seiner Predigt über Lk 21, CR
24, Sp. 17-32, hier Sp. 20.

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