Edition
1. Vergleich zwischen Stift und Stadt zur gemeinsamen Nutzung der Stiftskirchea
8. September 1561
Nachdem der hochwürdigst fürsten unnd herrn,
herrn Johan1, confirmirter zu ertzbischoff zu Trier
und churfurst etc., seiner churfurstlicher genade re-
the unnd commissarien hieher in die stadt Wetzflar
mitth befelch unnd instruction genediglich abgefer-
tigett, derselben seiner churfurstlicher genade
stifftskirchen2 sampt deren personen, wie von alters
gewonlich, herbrachd, zu visiren unnd alle unrich-
tigkeidt, so mitt der zeitt eingerießen, wiederumb in
gerechte ordnung zu bringen, dergleichen auch der
irrung unnd mißverstandt, welcher zwischen de-
chandt und capittull itzgemeltter stifftskirchen
einß- unnd einem erbarem ratts beruhentts statt
Wetzflar andertheils vor- und eingefallen, in der
gutthe unnd velliche dingen, sofern sie haben kont-
the, niederzulegen und zur freundtlich und nachbar-
lich vergleichung zu bringen,
So seindt ermeldt Trierische churfurstliche rethe
unnd commissarien habendem churfurstlichen be-
felch nach uff donnerstag, den 4. Septembris, alhier
ahnkommen, welche angeregtte dechandt und capit-
tull ahnstadt ihrer gnedigsten herrn und ordinarien,
des ertzbischoffen und churfursten zu Trier etc., von
newem (wie auch bey seiner churfurstlichen gnaden
vor etlich tag bescheen) klerlich vorbracht | unnd zu
erkennen geben, welchermaßenn die beyde herrn
burgermeyster dießer statt Wetzflar uff den 3. Au-
a Textvorlage (Handschrift:) AWM Wetzlar, 1561-2. Ab-
druck: Chelius, Historische Nachricht, S. 101-105.
1 Johann VI. von der Leyen (um 1510-1567) war zwischen
1556 und 1567 Erzbischof von Trier, Gatz, Bischöfe,
S. 419-421; BBKL 3, Sp. 160-162.
2 Das Marienstift in Wetzlar wurde noch vor dem Jahr
1000 von den Konradinern gegründet. Es erlangte den
Rang eines kaiserlichen Reichsstifts. Um das Stift herum
gusti3 nechst hiern zwischen acht und neun uhrn des
morgenß, alhie sie ihre gezeidt singen unnd godtes-
dinst ihrem alttenn, catholischen gebrauch nach ley-
sten wollen, in denn chor zu inen getretten unnd
inen von einß ersamen ratts wegen des stiffts privi-
legia, freyheidten und alttem loblichem herkhom-
men zugegen4 von singen abzulaßen und still zu
schweigen gebodten, wie sie auch zu verhüttung be-
sorgtten uffruhers unnd vorsehens gefahr alßbaltt
auß der kirchen gangen und seidthero keinen got-
tesdinst mitt singen oder sunst darinen gehaltten,
desgleichen, das ermeltter radt, nachdem der helme
ahn dem kirchturn durch einen donner- oder hagel-
schlag angezintt unnd abgebrandt, außerhalb vor-
wießen und verwilligung deß ordinarii, auch de-
chanß unnd capittull, selbs eygenß gewaldt unnd
unangesehen, das der ratt gutt wießens getragen,
das sie nichts mitt dem kirchenbaw zu thun, auch
uber dechantt und capitul erbietten, das sie denn
kirchthurn ihrem vermu-| gen unnd nodturfft nach
wiederumb zu bawen willig weren, in dem bawhove,
welcher inen mittnichten geburtt, hadt gegriffen
und zwey stuck ackerlantts vor ungfehrlich zwey-
hundertt gultten verkaufft und denn baw angefan-
gen, welches aber der radt nicht gestendig, das die
burgermeyster im namen und von wegen einß er-
baren ratt den stifftsherrn stillzuschweigen gebot-
entstand die Siedlung Wetzlar, die den Ausgangspunkt
der späteren Reichsstadt darstellte. Das Stift nahm die
beherrschende gesellschaftliche, wirtschaftliche und po-
litische Rolle in Wetzlar ein, Schulten, Marienstift,
S. 1-12; Marschall, Marienstift; Hahn, Untersu-
chungen, S. 24-123; Struck, Marienstift.
3 Zu den Vorgängen am 3. August 1561 siehe oben, Ein-
leitung, S. 667.
4 Entgegen.
673
1. Vergleich zwischen Stift und Stadt zur gemeinsamen Nutzung der Stiftskirchea
8. September 1561
Nachdem der hochwürdigst fürsten unnd herrn,
herrn Johan1, confirmirter zu ertzbischoff zu Trier
und churfurst etc., seiner churfurstlicher genade re-
the unnd commissarien hieher in die stadt Wetzflar
mitth befelch unnd instruction genediglich abgefer-
tigett, derselben seiner churfurstlicher genade
stifftskirchen2 sampt deren personen, wie von alters
gewonlich, herbrachd, zu visiren unnd alle unrich-
tigkeidt, so mitt der zeitt eingerießen, wiederumb in
gerechte ordnung zu bringen, dergleichen auch der
irrung unnd mißverstandt, welcher zwischen de-
chandt und capittull itzgemeltter stifftskirchen
einß- unnd einem erbarem ratts beruhentts statt
Wetzflar andertheils vor- und eingefallen, in der
gutthe unnd velliche dingen, sofern sie haben kont-
the, niederzulegen und zur freundtlich und nachbar-
lich vergleichung zu bringen,
So seindt ermeldt Trierische churfurstliche rethe
unnd commissarien habendem churfurstlichen be-
felch nach uff donnerstag, den 4. Septembris, alhier
ahnkommen, welche angeregtte dechandt und capit-
tull ahnstadt ihrer gnedigsten herrn und ordinarien,
des ertzbischoffen und churfursten zu Trier etc., von
newem (wie auch bey seiner churfurstlichen gnaden
vor etlich tag bescheen) klerlich vorbracht | unnd zu
erkennen geben, welchermaßenn die beyde herrn
burgermeyster dießer statt Wetzflar uff den 3. Au-
a Textvorlage (Handschrift:) AWM Wetzlar, 1561-2. Ab-
druck: Chelius, Historische Nachricht, S. 101-105.
1 Johann VI. von der Leyen (um 1510-1567) war zwischen
1556 und 1567 Erzbischof von Trier, Gatz, Bischöfe,
S. 419-421; BBKL 3, Sp. 160-162.
2 Das Marienstift in Wetzlar wurde noch vor dem Jahr
1000 von den Konradinern gegründet. Es erlangte den
Rang eines kaiserlichen Reichsstifts. Um das Stift herum
gusti3 nechst hiern zwischen acht und neun uhrn des
morgenß, alhie sie ihre gezeidt singen unnd godtes-
dinst ihrem alttenn, catholischen gebrauch nach ley-
sten wollen, in denn chor zu inen getretten unnd
inen von einß ersamen ratts wegen des stiffts privi-
legia, freyheidten und alttem loblichem herkhom-
men zugegen4 von singen abzulaßen und still zu
schweigen gebodten, wie sie auch zu verhüttung be-
sorgtten uffruhers unnd vorsehens gefahr alßbaltt
auß der kirchen gangen und seidthero keinen got-
tesdinst mitt singen oder sunst darinen gehaltten,
desgleichen, das ermeltter radt, nachdem der helme
ahn dem kirchturn durch einen donner- oder hagel-
schlag angezintt unnd abgebrandt, außerhalb vor-
wießen und verwilligung deß ordinarii, auch de-
chanß unnd capittull, selbs eygenß gewaldt unnd
unangesehen, das der ratt gutt wießens getragen,
das sie nichts mitt dem kirchenbaw zu thun, auch
uber dechantt und capitul erbietten, das sie denn
kirchthurn ihrem vermu-| gen unnd nodturfft nach
wiederumb zu bawen willig weren, in dem bawhove,
welcher inen mittnichten geburtt, hadt gegriffen
und zwey stuck ackerlantts vor ungfehrlich zwey-
hundertt gultten verkaufft und denn baw angefan-
gen, welches aber der radt nicht gestendig, das die
burgermeyster im namen und von wegen einß er-
baren ratt den stifftsherrn stillzuschweigen gebot-
entstand die Siedlung Wetzlar, die den Ausgangspunkt
der späteren Reichsstadt darstellte. Das Stift nahm die
beherrschende gesellschaftliche, wirtschaftliche und po-
litische Rolle in Wetzlar ein, Schulten, Marienstift,
S. 1-12; Marschall, Marienstift; Hahn, Untersu-
chungen, S. 24-123; Struck, Marienstift.
3 Zu den Vorgängen am 3. August 1561 siehe oben, Ein-
leitung, S. 667.
4 Entgegen.
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